Gasthaus Jakobmayer in Dorfen
Bildrechte: Jakobmayer

Wirtshaus als Kultur-Hotspot: Der Jakobmayer in Dorfen

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Wirtshaus wird Kultur-Hotspot: Der Jakobmayer in Dorfen

Im Dorfener Bierkrieg niedergebrannt, dann Wirtshaus, heute Kulturzentrum mit Bühne, Kino und Bistro: Der Jakobmayer. Der Ort, wo was geht, in Dorfen. Der Kultur-Hotspot beweist einmal mehr: Entscheidend für so einen Ort ist das Personal.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

"Der Jakobmayer ist eine Frau", erzählt Birgitt Binder. "Frau Jakobmayer: Das ist ein altes Jugendstilgebäude aus dem Jahr 1910, das ist dann niedergebrannt und wieder genauso aufgebaut worden, mit dem höchsten Giebel am Marktplatz, weil: In Dorfen gab's ja mal diesen Bierkrieg und da sind viele Wirtshäuser niedergebrannt worden und seitdem gibt's des Wirtshaus 'Zum Jakobmayer'. Siebhundertirgendwas gab's auch mal eine Wirtin, die Jakobimayerin, also war's schon damals eine Frau."

Von der "Isarschix" zur Dorfener Kulturermöglicherin

Frau Jakobmayer ist heute Birgitt Binder, auch wenn sie auf dem Papier nicht die Wirtin ist, sondern nur für den Saal des Hauses verantwortlich. Geboren in Bad Reichenhall, aufgewachsen in München – Giesing in der Säbenerstraße –, wie sie stolz sagt. Als "Isarschix" tingelte sie während der späten 70er und frühen 80er Jahre durch die einschlägigen Münchner Kleinkunstkneipen: Theater im Fraunhofer, Liederbühne Robinson, Muh, Drehleier, Peseta Loca und wie sie alle hießen. Bis 1984 einmal einer daherkam und meinte: "Du bist die geborene Wirtin für die Soafa in Dorfen", der ersten Kleinkunstbühne im Landkreis Erding.

"Die Soafa is a Boazn, halb bieder, halb verworfen, draußt am Land in Dorfen", singt Georg Ringsgwandl in einer verrauschten Aufnahme, die mir die Frau Jakobmayer vorspielt. Der Ringsgwandl stammt schließlich auch, wie sie, aus Bad Reichenhall und hat, genauso wie der "andere" Reichenhaller, der Söllner Hans, schon ganz bald in der Soafa gespielt und dann später, als Birgitt Binder vor gut zwölf Jahren die Geschäfte im Jakobmayer übernahm, im Jugendstilsaal dieses eindrucksvollen Gebäudes.

Biermösl Blosn und Ringelstetter am ersten Abend

"Es ist ein richtig tolles Jugendstilhaus mit einer Galerie", erzählt Birgit Binder. "Im Erdgeschoß ist ein Kinoanbau mit 50 Plätzen und unten ist eine schöne Wirtschaft mit alten Möbeln und tollen Lüstern. Im ersten Stock ist das Herzstück vom Jakobmayer, der Jugendstilsaal und da finden seit 2011 Veranstaltungen statt. Wir haben am 11.11.11 eröffnet und haben auch gleich mit einem Paukenschlag begonnen: Da waren die Biermösl Blosn, der Ringelstetter und von Anfang an sind gleich viele hierhergekommen in den schönen Saal."

Dorfen ist nicht irgendein Ort in Oberbayern: Dorfen ist mit seiner schon immer widerständigen, eigensinnigen Bevölkerung, diesem sehr besonderen Menschenschlag, zum Beispiel ein Herzzentrum des Widerstands gegen den Ausbau der A 94 gewesen. Der weithin in Vergessenheit geratene Dorfener Bierkrieg aus dem Jahr 1910 , bei dem es um die Bierpreiserhöhung von 2 Pfennigen ging, scheint heute angesichts der Bierpreise etwa auf dem Münchner Oktoberfest fast undenkbar.

1250 Jahre Dorfen im Jakobmayer

Der breite und für eine Kleinstadt dieses Ausmaßes doch eher große Marktplatz, wie etwa auch in Straubing, Burghausen oder Tittmoning, ist eine Augenweide. Hier thronen sie noch, oder eben: wieder: die alten, stolzen Brauereigebäude vom Bachmaier oder Jakobmayer.

Sie erinnern daran, wie wichtig das Bier von hier in Bayern einmal gewesen ist. Nicht einfach ein Rauschtrunk, sondern ein Lebensmittel, und zwar seit alters her: "Dorfen wird 1250 Jahre alt, ist also älter als München. Das ganze Jahr finden viele Veranstaltungen statt, heuer im Sommer wird direkt vor dem Jakobmayer eine Tribüne aufgebaut. Da wird der Faust gespielt und wir spielen dann auch mit der Frau Jakobmayer im Freien und zwar kommt am 22.07. die Martina Schwarzmann und am 28.07. der Helge Schneider und dann am Tag darauf das Herbert Pixner Projekt."

Entscheidend sind die Menschen

Ist das jetzt ein Ausflugstipp oder einfach nur eines dieser Beispiele, wie man "es" auch machen kann? Gewiss, Stadtbelebungsprojekte wie der Jakobmayer in Dorfen stehen und fallen mit dem Personal, mit einer "Isarschixn" wie Birgitt Binder. Wem die Kulturszene in "Minga" zu überkandidelt geworden sein mag, der oder die könnte ja mal nach Dorfen kommen und so einige Überraschungen erleben. "Du musst mit Leib und Seele Frau Jakobmayer sein, auch wenn du ein Mann bist", stellt Birgit Binder klar.

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