Die Science Busters protestieren mit Aktivisten der Letzten Generation am Montag, 15.05.2023 in Wien.
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Von der Bühne auf die Straße: Die Science Busters protestieren mit Aktivisten der Letzten Generation am Montag, 15.05.2023 in Wien.

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Klimakrise im Kabarett: Martin Puntigam und die Science Busters

Witze machen zur Klimakrise? Martin Puntigam macht das mit seiner Kabarett-Gruppe "Science Busters" seit Jahren – und geht auch für mehr Klimaschutz auf die Straße. Entscheidend ist für ihn, auf wessen Kosten die Pointen gehen.

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Wissenschaftliche Themen einfach erklärt – und lustig: Das ist das Konzept der österreichischen Kabarett-Gruppe "Science Busters", der unter anderem der Astronom Florian Freistetter und der Molekularbiologe Martin Moder angehören, sowie der Wiener Kabarettist Martin Puntigam. Und weil der Klimawandel das beherrschende Thema unserer Zeit ist – und zudem ein äußerst drängendes Thema –, knöpfen sie sich auch in ihrem neuen Programm "Planet B" wieder die Klimakrise vor.

Eine weitere Motivation, sich erneut dieser Krise zu widmen, war auch die relative Untätigkeit der Politik. "Wie kann man auf die Idee kommen, angesichts der wissenschaftlichen Sachlage, Klima-Aktivismus nicht zu unterstützen", sagt Martin Puntigam, "nachdem politisch das Tempo ein derartiges Schneckentempo ist, dass, wenn wir in dem Tempo weitermachen, wir gegen die Klimakrise überhaupt nichts ausrichten können?"

Zwischen Kabarett und Aktivismus

Zuletzt haben die Science Busters deshalb auch Seite an Seite mit Aktivisten der Letzten Generation in Wien protestiert und die dortige Reichsbrücke blockiert. Die Aktion trug den Titel "Kabarettisten*innen for Future". Der Kabarettist Puntigam wurde zum Aktivisten Puntigam. Auf der Bühne sieht er sich dennoch und trotz eindeutiger Positionierung ganz klar in der Rolle des Künstlers: "Das ist natürlich schon eine Darstellungsform und letztlich auch eine Unterhaltungs-Zierleiste, ohne die man eben auch sehr gut leben kann."

Martin Puntigam sieht allerdings auch eine gewisse Verpflichtung von Kabarettisten, sich zur Gegenwart zu verhalten. "Ich gehe auf eine Bühne und versuche, etwas zur Gegenwart zu sagen, und das mit Witzen", so der Kabarettist. "Und wenn man sich so wie meine Branche einbildet, dass man urschlau ist und lauter sinnvolle und gut durchdachte und teilweise avantgardistische Gedanken in Sätze gießen kann und damit Kabarett-Programme gestaltet, dann sollten wir zur Gegenwart wirklich etwas zu sagen haben, was relevant ist."

Man könne als Kabarettist – gerade in Österreich – durchaus eine gewisse Popularität und Prominenz erreichen. Und man sollte "diese Prominenz dann nicht nur dazu nutzen, um immer wieder mal zum Essen eingeladen zu werden, in Interviews gestreichelt zu werden oder wohlhabend zu werden. Sondern, wenn es dann um so ein wichtiges Thema geht wie die Klimakrise, sollte man sich dafür einsetzen."

Im Interview: Martin Puntigam über Witze zur Klimakrise

Martin Puntigam und Mitglieder der Letzten Generation legen am 15. Mai in Wien den Verkehr auf der Reichsbrücke lahm.
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Kabarett und Klimakrise: Bayern2-Moderator Knut Cordsen im Gespräch mit Kabarettist Martin Puntigam

Ernstes Anliegen trifft auf Komik

Aber geht eine so ernste Sache wie Klimaschutz überhaupt mit Humor zusammen? Zumindest in Deutschland fallen Klimaschutz-Aktivisten oft eher durch ihre ernste, fast kirchentagstaugliche Haltung auf. Doch das öffentliche Auftreten trügt, diese Erfahrung hat zumindest Martin Puntigam gemacht. "Wenn man die Menschen privat kennt, sind das ganz normale Menschen, die auch gerne Witze haben und es gern gemütlich haben", erzählt der Kabarettist.

Nur sei das Anliegen eben ein sehr wichtiges: "Wenn man das verblödelt, dann besteht natürlich die Gefahr, dass die Ernsthaftigkeit verwaschen wird und das nicht mehr so ernst genommen wird", so Puntigam, "und das wäre schlecht angesichts eines Gegenübers, das sich überhaupt keine Mühe gibt, darauf einzugehen und sich nicht einmal an die geringsten Standards oder an die mindesten Gesetzesvorlagen zu halten, die sie sich selber gegeben haben."

Die derzeitige Situation entbehre zudem nicht einer gewissen immanenten Komik: "Es ist ja ein Treppenwitz ohne Pointe, dass die Aktivisten und Aktivistinnen fordern, dass sich die Politiker und Politikerinnen an die Gesetze halten, die sie selber beschlossen haben."

Wenn die Erde der "Planet B" ist

Die Science Busters beackern schon seit vielen Jahren das Feld der Klima-Witze, auf der Bühne, im Fernsehen und Radio. Zuletzt auf einer "Global Warming Party", die die Science Busters auf der Bühne, nun ja, feierten – und in einem gleichnamigen Buch verarbeiteten.

"Planet B" heißt das aktuelle Programm, mit dem Martin Puntigam und seine Mitstreiter am Samstag und Sonntag auch im Münchner Lustspielhaus gastieren. Eine Jubiläums-Show, denn die Science Busters sind schon 15 Jahre auf Tour. Die Grundannahme des Programms lautet: Was wäre, wenn Außerirdische auf der Suche nach einem Planeten B auf die Erde stoßen? Und mit wem bekämen sie es zu tun, wenn sie uns Menschen träfen?

Kabarett als trojanisches Pferd

Das übergeordnete Ziel der Science Busters: das Vertrauen in die Wissenschaft stärken. "Es ist ja ein trojanisches Pferd", erklärt Puntigam, "wir spielen Kabarett und dann geht es um Wissenschaft. Das ist deshalb unser Anliegen, weil wir gerne in einer wissenschaftlich geprägten Welt leben wollen."

Die Corona-Pandemie habe gezeigt, dass viele Menschen auch für "vollkommen irrationales Zeug" ansprechbar seien und trotzdem der Meinung seien, sie hätten recht. Dem wollen die Science Busters entgegenwirken – "und weil es für alle vergnüglicher ist, wenn man das mit Witzen und albernen Kostümen und Experimenten macht, haben wir den Weg gewählt."

Mit – nicht über – Klima-Aktivisten lachen

Nicht Teil des Programms sind Witze über Klimaschutz-Aktivisten wie Greta Thunberg, Luisa Neubauer oder, im Falle Österreichs, die aus Bayern stammende Anja Windl. Auch, wenn einige Kollegen wie der jüngst mit dem Salzburger Stier ausgezeichnete Mathias Tretter dies gern machen, etwa mit Witzen wie diesem: "Mit Klebstoff rumsauen und mit Essen werfen, das macht mein einjähriges Kind auch. Wenn mich dann die Leute fragen: Junge oder Mädchen?, antworte ich stets: ein Aktivist."

Für Martin Puntigam haben solche Witze nicht viel mit Satire zu tun: "Das ist diese neue Form von Satire, wenn man so möchte – es ist natürlich keine Satire –, wo man beginnt, nicht gegen die herrschenden Verhältnisse oder, banaler formuliert, gegen die da oben zu reden und auszuschlagen, sondern wo man es sich bequem gemacht hat in den Herrschaftsverhältnissen und runter tritt oder gegen die Feindbilder tritt, die sie alle bequem hergerichtet haben. Wo man sich trotzdem gut und schlau dabei vorkommen kann, ohne dass man es letztlich eigentlich ist."

Entscheidend sei eben immer, mit welcher Intention man Witze zur Klimakrise mache.

"Planet B" heißt das aktuelle Programm der Science Busters mit u.a. Martin Puntigam, zu erleben am Samstag und Sonntag im Münchner Lustspielhaus. Am 23. Juni ist Martin Puntigam zudem solo im kleinen Posthof des Deutschen Museums in München.

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