Schmuck der Schwarzmeer-Kultur aus dem 2. vorchristlichen Jahrhundert
Bildrechte: Peter Dejong/Picture Alliance

Kostbare Pretiose: Skythen-Gold-Armreif

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Russen wütend: Skythen-Gold an Ukraine zurückgegeben

Museen auf der Halbinsel Krim hatten 2013, vor der Besetzung durch russische Truppen, kostbare Schmuckstücke an Bonner und Amsterdamer Museen ausgeliehen. Jetzt wurden die Pretiosen an die Ukraine ausgehändigt, was Russlands Propagandisten empört.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Der von den Russen eingesetzte Gouverneur der besetzten Krim, Sergej Aksensow, zeigte sich aufgebracht: Dem Westen seien internationale Rechtsnormen egal. "Es ist an der Zeit, aufzuhören, diese Angelegenheit zu bedauern", so der Politiker über die Rückgabe des "Skythengolds" an die Ukraine: "Wir sollten uns nicht mehr mit Asche bestreuen und so weiter. Es ist offensichtlich, dass sie nur auf Gewalt, nur auf entschlossene und vorbeugende Maßnahmen reagieren werden. Wenn sie das Skythengold der Ukraine geben, wird diese Sammlung kein gutes Schicksal haben. Solche Wertgegenstände landen dort immer in privaten Händen. Daher kann alles nur gelöst werden, wenn die vom Präsidenten festgelegten Ziele der Spezialoperation erreicht werden."

Aksenow hatte sich bereits im vergangenen Sommer an Putin persönlich gewandt, der solle die russische Generalstaatsanwaltschaft einschalten, um das Skythengold zurück auf die Krim zu holen. Auch der Vorsitzende des von den Russen eingesetzten "Krimparlaments", Wladimir Konstantinow, hatte die Kreml-Propaganda verbreitet, er habe "das ganz schlechte Gefühl, die Sammlung könne in die Hände privater westlicher Sammler" geraten. Dabei verwies Konstantinow auf ägyptische und indische Objekte, die angeblich ebenfalls auf dem Kunstmarkt gelandet seien. Selbstverständlich betonte auch Kremlsprecher Peskow, das Gold gehöre auf die Krim.

"Beispielloser Schutz" in Aussicht gestellt

Zuvor hatten ukrainische und russische Medien berichtet, dass das niederländische Allard Pierson Museum den wertvollen historischen Goldschatz an das Nationalmuseum für Geschichte in Kiew ausgehändigt hatte. Das war auch einer Pressemitteilung auf der Website des Museums zu entnehmen. Rund zehn Jahre lang waren die Pretiosen in Holland eingelagert gewesen, nachdem sie 2013 für eine Ausstellung zunächst in Bonn und später in Amsterdam von vier Museen auf der Halbinsel Krim ausgeliehen worden waren. Damals, kurz vor der Besetzung durch russische Truppen, hatte die Krim noch unter ukrainischer Verwaltung gestanden. Seitdem war umstritten, an wen die niederländischen Behörden das Skythengold nach Ende der Ausstellung übergeben sollten: An die Krim-Museen, wo inzwischen russische Stellen das Sagen hatten, oder an die Ukraine. Holländische Gerichte hatten zugunsten der Ukraine entschieden.

Fedir Adroschuk, Generaldirektor des ukrainischen Geschichtsmuseums, sagte der ukrainischen "Prawda": "Im Zuge der Rechtsstreitigkeiten wurde unser Museum als Aufbewahrungsort für die Sammlungen der Krimmuseen bestimmt. Das bedeutet, dass unser Museum alle Anstrengungen unternehmen wird, um sie zu bewahren und sicherzustellen, dass Bürger und Gäste der Ukraine sie sehen können." Weil die Kostbarkeiten, es soll sich um insgesamt 565 Objekte handeln, Anspruch auf einen "beispiellosen Schutz" hätten, forderte Adroschuk eine "angemessene finanzielle Ausstattung" für sein Haus.

110.000 Euro Lagerkosten erlassen

Die Museen in Sewastopol, Kertsch, Simferopol und der krimtatarischen Metropole Bachtschyssaraj hatten ihre spektakulären Skythengold-Artefakte 2013 zunächst an das Landesmuseum Bonn ausgeliehen, von dort war die Schau an das private Allard Pearson Museum in Amsterdam gegangen, wo sie von Februar bis August 2014 zu sehen gewesen war. Bereits 2016 hatte ein holländisches Gericht geurteilt, dass die Gegenstände der Ukraine gehörten, was in Berufungsverhandlungen 2019 und 2021 bestätigt wurde. Am 9. Juni dieses Jahres schließlich hatte sich der Oberste Gerichtshof der Niederlande den vorinstanzlichen Urteilen angeschlossen. Allerdings sollte die Ukraine rund 110.000 Euro Lagerkosten bezahlen. Wie es in der Berichterstattung ukrainischer Medien hieß, hat das Allard Pearson-Museum diese Summe mittlerweile erlassen.

"Wir freuen uns, dass Klarheit herrscht"

Derzeit sollen ukrainische Spezialisten den Zustand der zentralasiatischen Objekte überprüfen, darunter nicht nur Goldschmuck, sondern auch chinesische Lackschatullen. Der Zoll hatte zuvor bestätigt, dass ein LKW mit einer Ladung von 2,7 Tonnen im Höhlenkloster von Kiew angekommen war, wo das Historische Museum Liegenschaften hat.

Els van der Plas vom niederländischen Allard Pierson-Museum sagte zur Rückerstattung: "Das war ein Sonderfall, in dem das kulturelle Erbe zum Opfer geopolitischer Entwicklungen wurde. Nachdem 2014 klar wurde, dass Richter den Fall prüfen würden, konzentrierten wir uns auf die sichere Aufbewahrung der Objekte, bis der Zeitpunkt gekommen war, sie an den rechtmäßigen Eigentümer zurückzugeben. Wir freuen uns, dass nun Klarheit herrscht und die Unterlagen nun zurückgegeben werden konnten."

"Stilisierte Tiere manifestierten übernatürliche Kraft"

Die Skythen waren nomadisch lebende Reitervölker, die ab dem 7. vorchristlichen Jahrhundert die heutigen südrussischen Steppen besiedelt haben sollen. Die Bevölkerungsgruppen verschmolzen später mit den Sarmaten. Im Juli 2001 war ein nahezu unversehrter Grabhügel entdeckt worden, in dem über 5.600 Goldobjekte gefunden wurden, darunter zahlreiche Meisterwerke. Der Archäologe und Experte für Vor- und Frühgeschichte Hermann Parzinger, der jetzige Präsident der Stiftung preußischer Kulturbesitz, gehörte damals zu den federführenden Forschern. Er argumentierte, dass sich der Goldschmuck der Skythen mit seinem naturalistischen "Tierstil" an altchinesischen und griechischen Vorbildern orientierte.

"Das stilisierte Tier manifestierte übernatürliche Kraft, dem sich der Träger des Symbols anvertraute. Es entstanden autonome, über Generationen überlieferte Bildtypen. Sie blieben heilige Zeichen für die Person, die sich ihrer bediente, und Symbole für deren Rang im Wertdenken ihrer Zeit. Diese Tierbilder begegnen uns fast ausschließlich auf beweglichen Gegenständen wie Waffen, Kleidung, Trachtschmuck, Gerät und Pferdegeschirr", so Parzinger in einem Forschungsbericht, den er im November 2009 im Berliner "Tagesspiegel" veröffentlichte.

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