Ron Wood, Mick Jagger, Keith Richards gehen in dunkler Kleidung durch eine Nebenstraße.
Bildrechte: Universal Records

Wollen es noch mal wissen: Die legendären Rolling Stones (Ron Wood, Mick Jagger, Keith Richards) waren mit illustren Kollegen im Studio.

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Neues Album: So klingt "Hackney Diamonds" von den Rolling Stones

18 Jahre Studiopause. Das muss man als Band erstmal verkraften. Aber wer, wenn nicht die unverwüstlichen Rolling Stones sollten das meistern? Ihr neues Album "Hackney Diamonds" besticht mit Altbewährtem – und Gästen von Lady Gaga bis Paul McCartney.

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Was bitte kann man sich von einem Studioalbum von 80-jährigen Herrschaften erwarten? Abgehangene Weisheiten, gut durchgelüftete Musik? Die Rolling Stones - das sind mittlerweile nur noch drei, nämlich Mick Jagger, der auf "Hackney Diamonds" in großer Form ist, Gitarrist Ronnie Wood und Keith Richards, der sympathischste "schmutzige alte Mann" des Rock, der seine fünfsaitige E-Gitarre mit arthritischen Fingern beackert.

Keine altersmilden Rock'n'Rollatoren

Die Stones versuchen erst gar nicht, sich als altersmilde Rock'n'Rollatoren zu geben oder sich anzupassen an Gepflogenheiten des gegenwärtigen Pop, was bedeuten würde, alleine vor dem Bildschirm heftig mit der Maus zu klicken: Es gibt mächtig was auf die Ohren auf diesem Album.

Die Band habe sich, sagt Mick Jagger, der Situation gewachsen gezeigt. Andrew Watt war der Gruppe als Produzent eine große Hilfe, die Methode, die man sich gemeinsam erarbeitet hat, sein Enthusiasmus hat die Stones echt angeturnt. "Als dann der Motor ansprang und die Dampfwalze wieder lief", lächelt Jagger, "haben wir es einfach durchgezogen. Es war toll zu merken, dass wir's immer noch drauf haben." Sir Mick, sichtlich erleichtert.

Paul McCartney und Elton John als Gastmusiker

Sie haben es also wieder Mal geschafft, die ehemaligen bösen Buben. Auch wenn Rockmusik als Auslaufmodell der Popkultur gilt: Die Stones verteidigen das Bandprinzip auf "Hackney Diamonds", schließlich haben sie diese Form des gemeinsamen, gleichsam demokratischen Musizierens, der künstlerischen Ko-Existenz miterfunden. Diese Band bleibt also dem Arbeitskreis treu: Vier, fünf Leute in einem Raum, Tür zu zwischen Tonregie und Studio, Volumenregler der Gitarren-Verstärker auf Rechtsanschlag und dann: Gas geben!

Die Herren Rockstars haben sich Unterstützung geholt von Buddies ihrer Generation. Der ehemalige Erzrivale, Meisterbassist Paul McCartney ist dabei. Sir Paul liefert bei dem bös-punkigen "Bite My Head Off" ein verzerrtes Solo ab, das ihn aufgrund der simplen Akkorde ein wenig zu unterfordern scheint. Elton John kommt mit einem Honkytonk-Klavier bei "Live By The Sword" rüber.

Vieles erinnert an die Stones der 70er-Jahre

Es geht oft um Orte, an denen man sich wohlfühlen könnte auf diesem Album, um ein vermeintliches Zuhause. Da ist der Außenseiter im Song "World Wide Web", der desillusioniert vom neoliberalen Kapitalismus durch das unbarmherzige London irrt, ein Wiedergänger des "Street Fighting Man". Nur nicht unterkriegen lassen, ruft ihm Jagger zu. "Dreamy Skies" spielt höchst gekonnt mit Klischees der Countrymusik, auch das für viele ein Zufluchtsort, eine imaginäre Safe Zone.

Vieles auf diesem Album erinnert an die Stones der 70er-Jahre, an Alben wie "It’s Only Rock’n’Roll" und vor allem an "Some Girls". Damals, In ihren Dreißigern, haben die Stones mit leichter Hand verdammt gute Rockmusik hinbekommen. "Hackney Diamonds" rekurriert auf diese Zeit, ohne sie zu reproduzieren. Der Sound ist High Definition in Audio, hochauflösendes Breitwandformat wie bei modernen Kino- und Fernseh-Filmen. Ein Verdienst auch des jungen Produzenten Andrew Watt, der übrigens mitspielen durfte.

Duett mit Lady Gaga als Highlight

Nachdem Jagger in "Driving Me Too Hard" die Lebensgefährtin beschuldigt, ihn zu weit getrieben zu haben, und Keith Richards die wunderbar dunkle Ballade "Tell Me Straight" gemurmelt hat, kulminiert "Hackney Diamonds" in der versöhnlichen Gospel-Hymne "Sounds Of Heaven". Dafür haben sich die alten weißen Musiker Unterstützung geholt bei Soul-Ikone Stevie Wonder und Lady Gaga, einer etwas jüngeren Krawallbürste aus dem Lager des Popfeminismus.

Keith Richards erklärt die Konstellation so: "Wir sind viel mit Stevie durch Europa getourt während der 70er-Jahre. Eine Tour zu absolvieren ist wie einen Weg gemeinsam zu gehen, es schweißt zusammen. Lady Gaga ist bei einem oder zwei Konzerten von uns eingestiegen. Ich mag sie. Ist ne Allround-Musikerin, diese Lady, sie hat mächtig was drauf. Ist immer ein Vergnügen mit ihr, macht echt Spaß."

Und die Botschaft von "Hackney Diamonds"?

Und was ist nun mit der Message von "Hackney Diamonds"? Es ist nicht wichtig, was oder wie ihr spielt, Leute. Wichtig ist, dass ihr spielt, dass ihr im Gespräch bleibt mit Menschen, die ihr kennt und mit ihnen eine gemeinsame Geschichte habt. Alle in einen Raum. Und los geht‘s. Wenn jüngere Lust haben mitzumachen, sollen sie reinkommen. Wir haben jedenfalls Bock auf eine Rock-Band, auch noch mit 80.

"Hackney Diamonds" von den Rolling Stones ist bei Universal Records erschienen

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