ARCHIV - 26.01.2017, Nordrhein-Westfalen, Aachen: Der Aachener Dom
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Bistum nennt Namen von Missbrauchstätern - Weihbischof darunter

Als bundesweit erstes Bistum macht Aachen die Namen von bereits verstorbenen Kirchenmitarbeitern öffentlich, die sexueller Gewalt beschuldigt werden. Auf der Liste steht auch ein früherer Weihbischof. Ähnliche Initiativen in Bayern fehlen bislang.

Über dieses Thema berichtet: Religion & Orientierung am .

Im Zuge der Aufarbeitung von sexuellem Missbrauch hat das katholische Bistum Aachen die Namen von 53 Beschuldigten veröffentlicht. Auf der Liste steht auch der 1986 gestorbene Weihbischof August Peters. "Ich verstehe, dass dies für viele ein Schock sein muss", sagte der Aachener Bischof Helmut Dieser am Mittwoch vor Journalisten. "Wir machen für keinen mutmaßlichen Täter eine Ausnahme, ganz gleich, welchen Rang er zeitlebens einnahm."

Damit wolle man Betroffenen die Möglichkeit geben, aus dem Dunkelfeld herauszutreten und sich mitzuteilen, erklärte Dieser, der auch Missbrauchsbeauftragter der Deutschen Bischofskonferenz ist. Betroffene können sich telefonisch oder online mit Hinweisen an das Bistum wenden. Das Bistum wolle Verantwortung für Verbrechen von Geistlichen und für deren Aufarbeitung sowie für die Betroffenen übernehmen und sie vor einer Retraumatisierung schützen.

Kein anderes Bistum hat eine solche Liste

Bisher ist keine andere Diözese in Deutschland mit einer solchen Liste an die Öffentlichkeit gegangen. Nur in begründeten Einzelfällen seien bislang Namen bekannt gegeben worden. Der Schritt sei nach langem Abwägen und in Abstimmung mit den zuständigen Gremien erfolgt.

So wurden beispielsweise in bayerischen Diözesen bislang nur in Einzelfällen - und oft auf Druck Einzelner hin - die Namen von Tätern veröffentlicht, Straßen umbenannt oder sich wie im Bistum Passau entschieden, Musik eines Missbrauchstäters nicht mehr zu spielen.

Unter den Namen, die nun auf der Internetseite des Bistums Aachen aufgeführt sind, sind 52 Geistliche und ein Nicht-Kleriker. Insgesamt sind laut Bistum 126 beschuldigte Kirchenmitarbeiter und 267 Betroffene bekannt.

Im November 2020 hatten Rechtsanwälte ein Gutachten zu sexualisierter Gewalt im Bistum Aachen veröffentlicht. Darin wurden lediglich die Namen leitender Geistlicher genannt, denen Fehler im Umgang mit Missbrauchstätern vorgeworfen werden.

Nur Täter, die mindestens zehn Jahre tot sind

Laut Generalvikar Andreas Frick nennt das Bistum nur die Namen von Tätern und mutmaßlichen Tätern, die mindestens zehn Jahre tot sind. Entweder müsse der Betreffende von staatlichen oder kirchlichen Gerichten rechtskräftig verurteilt worden sein oder in dem jeweiligen Fall müsse ein Antrag auf Anerkennung des Leids positiv beschieden worden sein. "Diese Kriterien sind aus unserer Sicht belastbar, halten einer juristischen Prüfung stand und sind transparent", so Frick.

Die konkreten Tatvorwürfe gegen Weihbischof Peters würden - wie auch in den anderen Fällen - zunächst nicht öffentlich gemacht, sagte Bischof Dieser auf Nachfrage. Frick ergänzte, es gehe um Peters' langjährigen Einsatz als Priester im niederrheinischen Schiefbahn und damit nicht um seine Zeit als Weihbischof.

Bei der Veröffentlichung der Namen sind laut Dieser viele Aspekte berücksichtigt worden. Auf der einen Seite stünden Datenschutzrechte, die Unschuldsvermutung bei fehlenden Beweisen und die Gefahr einer Stigmatisierung, wenn sich ein Vorwurf im Nachhinein als unbegründet erweist. Auf der anderen Seite würden Aufarbeitung und Gerechtigkeit erwartet.

Aachener Bischof informiert andere Bistümer über sein Vorgehen

Dieser erklärte, er habe die anderen deutschen Bischöfe über das Vorgehen informiert. "Ob und wie es der Aufarbeitung dient, werden wir jetzt auszuwerten haben." Um ein Modell daraus zu machen, sei es jedoch noch zu früh.

Mit Material von epd und KNA

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