Die Bayreuther Intendantin im Festspielhaus
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Katharina Wagner

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Bayreuther Festspiele: "Ring-Nachfrage nicht ausreichend hoch"

Während sich einzelne Wagner-Opern nach wie vor gut verkaufen, erweist sich der vierteilige "Ring des Nibelungen" als Kassengift: Es gebe nicht genug Interesse am kompletten Zyklus, so Geschäftsführer Ulrich Jagels: "Ja, die Preise sind hoch."

Über dieses Thema berichtet: kulturWelt am .

Könnte tatsächlich sein, dass in diesem Jahr im Bayreuther Festspielhaus ein paar Sitze leer bleiben, und das wird weder an tropischen Temperaturen, noch an unpopulären Regieeinfällen liegen: Geschäftsführer Ulrich Jagels räumte auf einer Pressekonferenz auf dem Grünen Hügel ein, dass die einzelnen Werke zwar ausverkauft seien, der vierteilige "Ring des Nibelungen" jedoch nicht: "Wir haben beim 'Ring' noch Karten zur Verfügung. Nur dort hat sich gezeigt, dass die Nachfrage für den Verkauf des kompletten Zyklus nicht ausreichend hoch ist. Wir wissen alle, die Rahmenbedingungen haben sich verändert. Das Kaufverhalten von Seiten des Publikums ist anders. Das betrifft den gesamten Kulturbetrieb, das bekommen viele Häuser zu spüren, das schlägt sich auch bei den Festspielen nieder."

Katharina Wagner: "Weiterkommen statt nur bewahren"

Die Festspiele versuchten, die lahmende "Ring"-Nachfrage durch die Einzelverkauf der Werke anzukurbeln, was wohl leidlich erfolgreich war: Laut Jagels meldeten sich "Tausende" zusätzlicher Interessenten. Katharina Wagner machte im Gespräch mit dem BR kein Hehl daraus, dass sie sich dringend eine Marketing- und Sponsoring-Abteilung wünscht, um "auf Augenhöhe" mit professionellen Vertriebsexperten an Innovationen zu arbeiten: "Wir möchten weiterkommen statt immer nur zu bewahren." Allerdings ist es kein Geheimnis, dass dieser Weg durchaus konfliktträchtig ist: In der Wagner-Szene gibt es lautstarke Traditionalisten, die mit provokanter Regie ebenso hadern wie mit technischem Schnickschnack.

Nun wurde die "Ring"-Inszenierung des jungen österreichischen Regisseurs Valentin Schwarz im vergangenen Jahr übel verrissen, und zwar von Publikum und Kritikern gleichermaßen. Auch die musikalische Qualität ließ nach Meinung vieler Beobachter zu wünschen übrig: Dirigent Cornelius Meister war damals kurzfristig für den erkrankten Pietari Inkinen eingesprungen, der in diesem Jahr im Graben stehen wird. Dazu kommt: In diesem Jahr wurden die Preise erhöht, um satte sechs Prozent.

"Preiserhöhungen sind unangenehm"

Ulrich Jagels: "Ja, die Preise bei den Festspielen sind hoch, aber ich kann Ihnen auch sagen, dass sie im nächsten Jahr nicht steigen werden, das steht fest. Es ist auch klar, dass Preiserhöhungen stets unangenehm sind. Wir haben das alle im vergangenen Jahr durch die hohe Inflation in unterschiedlichen Bereichen zu spüren bekommen. Für die Festspiele ist wichtig, dass wir nach wie vor zu über fünfzig Prozent eigenfinanziert sind."

Katharina Wagner hatte im Vorfeld der diesjährigen Festspiele kritisiert, dass der Kartenvertrieb erst im März und damit ihrer Meinung nach viel zu spät begonnen habe. Zwar buchen Kulturtouristen seit der Corona-Pandemie ihre Karten eigentlich deutlich kurzfristiger als früher, für einen einwöchigen, kostspieligen "Ring"-Aufenthalt in Bayreuth dürfte jedoch weiterhin eine eher längere Planungsfrist gelten: Für die meisten ist das eine Investition, die einem Sommerurlaub entspricht, schließlich ist mit rund 2.000 Euro Gesamtkosten pro Person zu rechnen.

400 Steuerbefehle für AR-Brillen

Gleichwohl steht der "Ring" auch im kommenden Jahr wieder auf dem Spielplan. In diesem Jahr wird er drei Mal aufgeführt, erstmals ab 26. Juli. Bayreuth in der "Karten-Krise", das hat auch die Politik alarmiert, sie fordert von Intendantin Katharina Wagner durchgreifende Veränderungen, die sich allerdings teils gegenseitig widersprechen. So drängt Bundeskulturstaatsministerin Claudia Roth auf ein "diverseres Publikum", dessen Erwartungen nicht automatisch deckungsgleich sein müssen mit denen von langjährigen Hügel-Pilgern.

Tatsächlich wird überlegt, den "Ring" ohne die beiden bisher üblichen zwei freien Tage zwischen den vier Vorstellungen anzubieten, also den zeitlichen Ablauf zu "verdichten", so dass Besucher nicht, wie bisher, eine ganze Woche in Bayreuth buchen müssen, was bei den Hotelpreisen zur Festspielzeit ins Geld geht. Katharina Wagner: "Ja, auch das ist eine Überlegung, den 'Ring' an vier Tagen nacheinander zu spielen. Das würde aber eine komplett andere Besetzungspolitik brauchen, weil sie dann nicht nur einen Wotan und eine Brünnhilde engagieren können, weil die dann nicht die stimmliche Leistung erbringen werden, die das Publikum erwartet."

Zu den Besonderheiten dieser Spielzeit gehört eine "Parsifal"-Premiere mit "Augmented Reality"-Brillen für 330 Festspielbesucher. Ulrich Jagels bezifferte die Kosten pro Brille auf etwa 1.000 US-Dollar, wobei er den genauen Einkaufspreis nicht verraten wollte. Hinzu gekommen seien Investitionen in die Verkabelung im Festspielhaus, so dass es eine teure Angelegenheit geworden sei, obwohl die große Mehrheit von rund 1.600 Zuschauern von der Technik gar nicht profitieren wird. US-Regisseur Jay Scheib verriet derweil, dass sich die AR-Möglichkeiten dermaßen rasant verbesserten, dass er Effekte programmieren konnte, die noch wenige Monate zuvor undenkbar gewesen seien. Um den Computer mit dem Tempo von Dirigent Pablo Heras-Casado zu koordinieren, wird ein eigener Inspizient über die sechs Stunden der Vorstellungsdauer rund 400 Steuerungsbefehle geben.

Erstmals "Rienzi" auf dem Grünen Hügel

Zum 150. Jubiläum der Festspiele 2026 plant Katharina Wagner die Aufführung aller zehn üblicherweise in Bayreuth gegebenen Werke ihres Urgroßvaters - und darüber hinaus erstmals auch des Frühwerks "Rienzi", das bisher auf dem Grünen Hügel als nicht festspielwürdig galt. Die Entscheidung hätten jedoch alle Familienstämme einhellig mitgetragen. Einen neuen szenischen "Ring" wird es dem Vernehmen nach 2026 aus finanziellen Gründen nicht geben können. Möglicherweise steht eine Deutung mit digitalen Mitteln an. In den nächsten beiden Jahren stehen erst mal Neuproduktionen von "Tristan und Isolde" (Regie Thorleifur Örn Arnarsson) und den "Meistersingern von Nürnberg" (Regie Matthias Davids) an.

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