Proteste in Leipzig
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Proteste in Leipzig

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Zusammenstöße bei Protesten gegen Verurteilung von Lina E.

Nach dem Urteil gegen die Studentin Lina E. und drei Mitangeklagte wegen Angriffen auf Rechtsextreme gingen linke Sympathisanten zu teilweise gewaltsamen Protesten auf die Straße. Schwerpunkt war Leipzig. Mehrere Polizisten wurden verletzt.

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Nach dem Schuldspruch gegen die Studentin Lina E. wegen linksextremistischer Gewalttaten haben Sympathisanten in mehreren Städten gegen das Urteil protestiert. Solidaritäts-Kundgebungen für Lina E. gab es unter anderem in Leipzig, Berlin, Hamburg und Dresden. Dabei kam es am Mittwochabend auch zu Ausschreitungen und Zusammenstößen.

Böller, Steine und Flaschen gegen die Polizei

Besonders in Leipzig war nach Eindrücken von Beobachtern nach dem Urteil ein hohes Aggressionspotenzial zu spüren. Demonstrantinnen und Demonstranten riefen polizeifeindliche Parolen, es wurde Pyrotechnik gezündet, Polizisten wurden mit Böllern beworfen. Ein Polizeisprecher sagte, es habe aus mehreren Gruppen heraus Straftaten gegeben. Demonstranten hätten Beamte mit Steinen, Flaschen und Pyrotechnik beworfen. Vier Einsatzkräfte seien leicht verletzt worden, teilte die Polizei in der Nacht mit. Festnahmen habe es nicht gegeben.

Räumpanzer beseitigt Barrikade

Am Abend räumte die Polizei in Leipzig eine Barrikade, die Demonstranten auf einer Kreuzung mit Bauabsperrungen und dem Inhalt von Glascontainern errichtet hatten. Dabei kam ein Räumpanzer zum Einsatz. Auch ein Wasserwerfer stand bereit. Die Polizei bezifferte die Zahl der Protestteilnehmer auf rund 800. Im Park, wo die Versammlung stattfand, hatte sich die Situation dagegen am späten Abend etwas beruhigt. Einsatzkräfte waren in der Nacht noch im Stadtgebiet unterwegs.

70 vorläufige Festnahmen in Bremen

Über die Ausschreitungen in Bremen sagte die Polizeisprecherin, in der Innenstadt hätten sich rund 350 meist vermummte Personen versammelt und seien dann "relativ schnell und unvermittelt" auf Einsatzkräfte losgegangen. Es seien Glasflaschen und Steine auf Polizisten geworfen worden, auch Pyrotechnik sei gezündet worden. Außerdem sei ein Polizeiauto beschädigt worden. Verletzt worden sei niemand.

Rund 70 Verdächtige wurden laut Polizei vorläufig festgenommen. Die Lage habe sich am späten Abend beruhigt. Die Polizei war nach eigenen Angaben mit zahlreichen Kräften im Einsatz. Auch ein Wasserwerfer und ein gepanzertes Fahrzeug standen bereit.

Parolen gegen "Klassenjustiz"

In Hamburg versammelten sich Hunderte Anhänger der linken Szene zum Protest gegen das Gerichtsurteil und zogen - begleitet von Polizisten - durch das Schanzenviertel. Auf ihren Transparenten standen Parolen wie "Free them all" und "Kampf ihrer Klassenjustiz". Die Polizei sprach in der Nacht von etwa 1.200 Teilnehmern. Polizisten seien auch hier mit Flaschen und Pyrotechnik beworfen worden. Laut einem Sprecher wurden drei Beamte leicht verletzt. Zudem gab es fünf Festnahmen. Trotz allem sei die Demonstration "überwiegend friedlich" verlaufen, sagte ein Polizeisprecher.

Nur einige Rangeleien in Berlin

In Berlin bezifferte die Polizei die Teilnehmerzahl in der Nacht auf rund 450. Die Demonstration sei weitgehend friedlich verlaufen, es habe bloß einige Rangeleien gegeben. Laut einem Sprecher wurden drei Polizisten leicht verletzt. Eine Person sei festgenommen worden.

Vier Schuldsprüche, Haftbefehl gegen Lina E. außer Vollzug

Die Studentin Lina E. war am Mittwoch zu fünf Jahren und drei Monaten Haft verurteilt worden. Das Oberlandesgericht Dresden sprach die aus Kassel stammende 28-Jährige wegen mehrerer Angriffe auf Rechtsextreme der Mitgliedschaft in einer kriminellen Vereinigung schuldig. Drei mitangeklagte Männer erhielten Strafen zwischen zwei Jahren und fünf Monaten sowie drei Jahren und drei Monaten. Der Haftbefehl gegen Lina E. wurde gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt. Die Reststrafe muss sie erst verbüßen, wenn das Urteil rechtskräftig ist - das Gericht ließ Revision zu.

Der Generalbundesanwalt warf der Gruppe vor, zwischen 2018 und 2020 tatsächliche oder vermeintliche Anhänger der rechten Szene in Leipzig, Eisenach und in der Ortschaft Wurzen brutal zusammengeschlagen zu haben.

Im Audio: Das Urteil gegen Lina E.

Die Angeklagte Lina E. (r) steht bei der Fortsetzung des Prozesses im Oberlandesgericht (OLG) Dresden im Verhandlungssaal und hält einen Aktenordner vor ihr Gesicht.
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Urteil gegen Lina E.

Weitere Proteste erwartet

Bereits vor der Urteilsverkündung hatte die linksautonome Szene zu einem sogenannten "Tag X" am Samstag in Leipzig aufgerufen. Die Leipziger Polizei rechnet mit dem größten Polizeieinsatz seit zwei Jahren. Da es auch Aufrufe zur Militanz und massive Gewaltankündigungen gebe, stelle sich die Polizei "auf ein Einsatzgeschehen mit teilweise unfriedlichem Verlauf mit hohem Schadenspotential" ein, teilte die Polizeidirektion Leipzig mit. Es sei damit zu rechen, dass "auch gewaltbereite und gewaltsuchende Personen nach Leipzig reisen und Straftaten begehen", hieß es.

Leipzig schränkt Versammlungsrecht ein

Angesichts dieser Gefahrenprognose schränkte die Stadt Leipzig das Versammlungsrecht für das kommende Wochenende ein. Laut der Allgemeinverfügung sind öffentliche Versammlungen, die sich inhaltlich auf den Prozess oder die Angeklagten beziehen und nicht bis 31. Mai um Mitternacht bei der Versammlungsbehörde angezeigt wurden, unter freiem Himmel oder die Teilnahme daran untersagt. Aus der linken Szene gab es auf der Plattform "indymedia" daraufhin Drohungen, wenn die Stadt den Protest unmöglich mache, werde "das Konsequenzen haben", man werde Leipzig "dort treffen, wo es der Stadt weh tut!"

Mit Informationen von dpa

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