Ein Kreuz in einer Kirche
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Wie steht es um die Finanzen der Kirchen in Deutschland?

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Wie steht es um die Finanzen der Kirchen in Deutschland?

Weniger Kirchenmitglieder – das hat Auswirkung auf die Finanzen der Kirchen, die sich zu einem großen Teil über Kirchensteuermittel finanzieren. Und der Bund will zudem die Staatsleistungen an die Kirchen stoppen.

Über dieses Thema berichtet: Dossier Politik am .

Einmal ganz Düsseldorf, also rund 640.000 Personen, so viele Menschen sind im Jahr 2021 aus den beiden großen Kirchen ausgetreten. Kirchensteuerzahler, die den Kirchen langfristig fehlen. Bislang allerdings, beobachtet der evangelische Kirchenjurist Hans Michael Heinig, spüren die Kirchen den Mitgliederschwund – anders als gemeinhin angenommen – noch nicht in ihren Kassen: "Das hat sich anders realisiert, weil wir jetzt eine lange Phase einer sehr guten Konjunktur hatten und die Steuereinnahmen des Staates, die Einkommenssteuereinnahmen insgesamt gestiegen sind."

Man habe noch eine Situation, in der die sogenannten Boomer als eine sehr starke Generation auch in ihrer einnahmestärksten Lebensphase seien. Bei denen gäbe es auch noch eine ausgeprägte Kirchenmitgliedschaft, so Heinig.

Rückgang der Kirchensteuereinnahmen erwartet

Knapp 13 Milliarden Euro haben katholische und evangelische Kirche – einer Studie des Instituts der deutschen Wirtschaft zufolge - im vergangenen Jahr an Kirchensteuer-Mitteln erhalten. Das wird in Zukunft allerdings nicht so bleiben. Darin sind sich auch die beiden großen Kirchen einig. 2019 haben sie Wissenschaftler des Freiburger Forschungszentrums für Generationenverträge beauftragt, eine Prognose zu erstellen. Die Forscher gehen davon aus, dass sich die Zahl der Kirchenmitglieder bis 2060 halbiert.

Aber schon vorher wird der finanzielle Einbruch deutlich spürbar werden, sagt Ulrich Hemel, Vorsitzender des Bundes Katholischer Unternehmer: "Der dramatischste Effekt, den wir sehen, der kommt im Grunde erst in zehn, fünfzehn Jahren. Warum: Es sind die mangelnden Taufen." Der Einbruch passiere, weil generell weniger Menschen Kirchenmitglieder werden wollen, so Hemel.

Kirchen müssen in Zukunft sparen

Für beide große Kirchen bedeutet das: Sie müssen sparen. Schon jetzt sind hier in den katholischen Bistümern, aber auch in den evangelischen Landeskirchen, Prozesse am Laufen, die eruieren sollen: Wie kann die Kirche mit deutlich weniger Geld wirtschaften und dennoch ihren Aufgaben nachkommen? Der Kirchenjurist Hans Michael Heinig erklärt: "Die Kirchensteuer macht ungefähr, sagen wir mal die Hälfte der kirchlichen Einnahmen aus, und wenn die deutlich sinkt, also sich halbiert, dann ist ja klar, dass sowohl im Bereich der Personalkosten als auch der Gebäudekosten es auch zu einer dramatischen Senkung kommen muss." Und das werde Spuren hinterlassen, so Heinig. Man werde sowohl Personal abbauen als auch sich von Gebäuden trennen müssen.

Ein paar Beispiele: Die evangelische Landeskirche in Bayern hat angekündigt, zehn Prozent ihrer Stellen zu streichen. Im Bistum Würzburg sollen vier von zehn Bildungshäusern geschlossen werden. Und das Bistum Eichstätt will ihre fünf allgemein bildenden Schulen aufgeben. Bundesweit werden die großen Kirchen fast ein Drittel ihrer Immobilien verkaufen müssen – das geht aus einem jüngst veröffentlichten Positionspapier hervor.

Regierung will Staatsleistungen an Kirchen stoppen

Zudem kommt noch hinzu, dass die aktuelle Bundesregierung die Staatsleistungen an die Kirche stoppen will. 2022 sind rund 600 Millionen Euro aus der Staatskasse an die Kirchen geflossen. Mit den Staatsleistungen finanzieren die Kirchen zum Beispiel Gebäude oder Personal. Das Ziel der Ampel-Parteien ist es, bis zum Ende der Legislaturperiode eine Regelung zu finden und gesetzlich zu verankern. Nach dieser Regelung sollen dann die Länder die Ablösezahlungen mit den Kirchen aushandeln. Eine lange letzte Ablösezahlung auf Raten also. Dann sollen zumindest in diesem Bereich die Verbindungen zwischen Staat und Kirche gekappt sein.

Was passiert mit nicht-kirchlichen Trägern?

Bleibt die Frage, wie sich der Kirchensteuerrückgang auf Krankenhäuser, Kindertagesstätten und Seniorenheime in kirchlicher respektive diakonischer Trägerschaft auswirkt? Ein Großteil dieser Arbeit wird - wie bei nicht-kirchlichen Trägern, wie der Arbeiterwohlfahrt, auch - durch staatliche Zuschüsse finanziert, sagt Hans Michael Heinig. Er fügt hinzu: Trotzdem gebe es auch hier kein Arbeitsfeld, das nicht doch irgendwie über Kirchensteuer mitfinanziert wird.

Weniger Geld, sagt Heinig, werde das gesamte kirchliche Leben treffen – auch den Bereich der Diakonie. Wie sich gerade der karitative Bereich weiterentwickelt, mag er allerdings nicht prognostizieren.

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