Eine Gebärdendolmetscherin übersetzt in einem TV-Studio in Gebärdensprache.
Bildrechte: Foto: MDR Mitteldeutscher Rundfunk/MDR/Stephan Flad/obs

Barrierefreiheit in den Medien

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Wie Medien barrierefrei werden können

Viele Medien erreichen Menschen mit Behinderung schlicht nicht. Sie bräuchten mehr Untertitel, Gebärdendolmetscher oder verständlichere Sprache. Aber es tut sich etwas – auch dank künstlicher Intelligenz.

Über dieses Thema berichtet: BR24 Medien am .

Wenn Michael Rieser arbeitet, schaut er viel Fernsehen – und spricht das nach, was er hört. Mit Punkt und Komma. Er ist ein sogenannter Re-Speaker beim BR Fernsehen. Aus dem, was er sagt, macht eine Spracherkennungssoftware die Live-Untertitel.

Solche Re-Speaker sind wichtig, weil es für Untertitel Satzzeichen braucht. Damit hat eine automatische Software Probleme. Ähnlich ist es bei Dialekten. Ein großer Aufwand, aber nur so können Menschen mit Höreinschränkungen das Programm verfolgen.

Mehr Aufmerksamkeit für Barrierefreiheit

Es werde immer wichtiger, dass alle Menschen erreicht werden können, betont Werner Reuß, Leiter des Programmbereichs Wissen und Bildung beim BR:

"Es ist uns ein Anliegen, Menschen mit Einschränkungen ihrer Sinnesorgane oder ihrer kognitiven Fähigkeiten mehr Teilhabe zu ermöglichen." Werner Reuß, Leiter des Programmbereichs Wissen und Bildung beim BR

Reuß bezieht dabei auch Menschen mit ein, für die Deutsch nicht ihre Erst- oder Muttersprache ist.

Deshalb bietet der Bayerische Rundfunk auch Filme mit Audiodeskription an. Dabei werden Szenen zusätzlich zu den Dialogen mit Worten beschrieben. Das ist für Menschen mit Seheinschränkungen zentral.

Druck durch neue Vorgaben

Dass barrierefreie Angebote jetzt einen größeren Stellenwert bekommen, liegt auch am Medienänderungsstaatsvertrag. Der regelt, dass die Sender künftig deutlich mehr davon anbieten müssen. Judyta Smykowski ist Projektleiterin von leidmedien.de und berät Redaktionen zur barrierefreien Berichterstattung. Sie begrüßt diese Entwicklung grundsätzlich. Aber sie fragt sich, wie das umgesetzt werden soll. Es brauche mehr Geld und Personal. "Gerade bei den Öffentlich-Rechtlichen gibt es ja die Strukturen, die einfach wachsen sollten", so Judyta Smykowski.

Spezielle Social-Media-Angebote

Aber es verändert sich bereits etwas. Insbesondere für Menschen, die nicht oder nur schlecht hören können. Neben Untertiteln brauchen sie vor allem Angebote in Gebärdensprache. Inzwischen gibt es zum Beispiel von funk, dem Online-Netzwerk von ARD und ZDF, den Instagram-Kanal "Hand drauf". Dieser veröffentlicht vor allem Videos in Gebärdensprache. Mitentwickelt hat den Kanal Iris Meinhardt. Sie moderiert im BR-Fernsehen auch die Sendung "Sehen statt Hören", für Menschen mit Höreinschränkungen. "Der Krieg in der Ukraine, die Angst und die Aufregung, was da passiert – dazu gibt's nur wenig Informationen in Gebärdensprache", bemerkt Iris Meinhardt. Ähnlich sei es auch bei Corona gewesen. Speziell mit dem Instagram-Kanal möchte sie das ändern.

Neue Möglichkeiten der Barrierefreiheit

Eine wichtige Unterstützung könnte in Zukunft künstliche Intelligenz sein. Damit könnten Programme automatisiert in Gebärdensprache übersetzt werden. Die wird dann von Avataren, also künstlichen Figuren, dargestellt. Hier gebe es sehr vielversprechende Ansätze, erklärt Werner Reuß.

Gleichzeitig betont er, dass man noch am Beginn der Entwicklung stehe. "Denn zur Gebärdensprache gehört oft eine feine Mimik, die mitgelesen wird", so Reuß. Da wären Avatare noch weit unterlegen.

Hilfe bei Tonproblemen

In einem anderen Bereich unterstützt künstliche Intelligenz bereits jetzt sehr gut. Viele Menschen haben nämlich Probleme, den Ton, insbesondere bei Flachbildfernsehern, wahrzunehmen. Ein Grund dafür sei, dass diese Geräte meist an der Wand montiert sind, erklärt Ingrid Mitterhummer, Leiterin technische Information beim BR.

"Oft haben sie auch schlechtere Lautsprecher. Die strahlen den Ton nach unten oder hinten ab." Ingrid Mitterhummer, Leiterin technische Information beim BR

Die Folge sei, dass insbesondere ältere Zuschauerinnen und Zuschauer weniger verstehen.

Mithilfe von künstlicher Intelligenz können künftig Sprachanteile lauter und Musiken leiser gemacht werden. Dafür kann die Tonspur "klare Sprache" bei HD-Fernsehern ausgewählt werden.

Übersetzung in "leichte Sprache"

Wenn es um Barrierefreiheit geht, spielen auch Angebote für Menschen mit geistiger Behinderung oder Nicht-Muttersprachler eine wichtige Rolle. Sie können komplexe Artikel oder Radiobeiträge inhaltlich oft nicht verstehen. Für sie gibt es bereits spezielle Formate in sogenannter "leichter Sprache". Künftig könnten die noch zahlreicher werden. Es gibt schon Software, die Texte automatisch vereinfacht und in leichte Sprache übersetzt.

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