Eine Tastatur, auf der eine Taste mit "Verschwörungstheorie" beschriftet ist.
Bildrechte: picture alliance | Christian Ohde

Ob zu Corona oder zur Bundestagswahl – Verschwörungstheorien kommen im Internet häufig vor.

Per Mail sharen
Artikel mit Bild-InhaltenBildbeitrag

Wie reagiere ich am besten auf Verschwörungstheorien im Netz?

Ob zu Corona oder zur Bundestagswahl - Verschwörungstheorien gibt es im Internet wie Sand am Meer. Sie zu erkennen ist nicht immer leicht. Wie geht man am besten mit den Fake News und Verschwörungstheorien im Netz um? Sieben Tipps vom #Faktenfuchs.

Wir scrollen durch Facebook oder Instagram - und plötzlich taucht ein Post oder ein Kommentar auf, dessen Aussage stutzig macht. Die Informationen, die darin vermittelt werden, widersprechen möglicherweise Fakten, deren wir uns sicher sind. Möglicherweise handelt es sich um Fake News oder Verschwörungstheorien. Diese verbreiten sich in den sozialen Netzwerken rasant: ob zur Pandemie, zur Bundestagswahl oder zum Hochwasser.

  • Dieser Artikel stammt aus 2021. Alle aktuellen #Faktenfuchs-Artikel finden Sie hier

Ein Grund dafür ist, dass Verschwörungstheorien oft emotional seien und auf Ängste anspielten, also einen "Schockwert" hätten, erklärt Katharina Kleinen-von Königslöw, Professorin für Journalistik und Kommunikationswissenschaft an der Universität Hamburg im Interview mit dem #Faktenfuchs. "Deswegen sind wir als Menschen fast darauf programmiert, das interessanter zu finden als die neutraleren, normalen Informationen", so Kleinen-von Königslöw.

In den sozialen Medien verbreiten sich Fake News und Verschwörungstheorien auch deshalb so gut, weil meist nicht ausführliche Informationen, sondern nur ein Bild oder ein kleiner Ausschnitt geteilt werde, erzählt Katharina Kleinen-von Königslöw. Oft werde von den Nutzern nicht einmal auf den Link unter einem Post geklickt, sondern direkt weitergeleitet. Plattformen wie Facebook, Twitter oder Telegram seien sehr schnelllebig. Man habe das Gefühl, etwas zu verpassen, wenn es nicht schnell geht und reagiere emotional, statt sich intensiv mit den Inhalten, die geteilt werden, auseinanderzusetzen, so Kleinen-von Königslöw. Doch wie verhält man sich idealerweise, wenn einem Fake News oder Verschwörungstheorien auf diesen Plattformen begegnen? Wie reagiert man auf diejenigen, die sie verbreiten? Der #Faktenfuchs hat Tipps gesammelt.

Tipp 1: Öffentlich sichtbar widersprechen

Wer Fake News oder Verschwörungstheorien als solche erkennt, sollte nicht einfach weiterscrollen. Die Sozialpsychologin Pia Lamberty forscht zu Verschwörungstheorien und findet es wichtig, Verbreitern von Fake News und Verschwörungstheorien öffentlich sichtbar zu widersprechen, beispielsweise mit Einordnungen oder Faktenchecks. Auch Katharina Kleinen-von Königslöw von der Universität Hamburg rät zu seriösen Quellen und dazu, neutral und sachlich auf eine Richtigstellung zu verweisen, ohne sich selbst stark einzubringen.

Dabei sollte einem klar sein, dass man sich mit einem öffentlichen Post auch angreifbar macht, gibt die Professorin für Journalistik und Kommunikationswissenschaft von der Universität Hamburg, Katharina Kleinen-von Königslöw, zu bedenken. Zudem erfordere es einen "gewissen intellektuellen und zeitlichen Aufwand" und man solle darüber nachdenken, ob sich der Einsatz lohne. Lohnend sei Gegenrede vor allem in Gruppen, in denen sich Verschwörungstheorien noch nicht komplett festgesetzt haben. Man sollte auch überlegen, welche Motivation hinter der Verbreitung von falschen Informationen steckt. Es gebe beispielsweise Leute, die mit Verschwörungstheorien ihr Geld verdienten, erzählt Kleinen-von Königslöw. Diese "Profis" hätten kein Interesse an einer Richtigstellung. Für Menschen, die verunsichert sind, sei ein Ausgleich an Informationen jedoch wichtig.

Bei ideologisch gefestigten Personen komme man mit Fakten nicht weiter, findet Sozialpsychologin Pia Lamberty. Es könne dann sogar zum sogenannten Backfire-Effekt führen, dass eine Person sich durch den Widerspruch erst recht in der eigenen Meinung bestärkt fühlt. Lamberty hält es zudem für wichtig, sich auch mit dem eigenen Schutz auseinanderzusetzen. So könne man beispielsweise die Sichtbarkeit von Posts oder Informationen bei Facebook einschränken. Außerdem solle man sich fragen, ob man die Kapazität hat, mit möglicherweise negativen Reaktionen umzugehen und zu schauen, ob es Menschen gibt, die einem dabei beistehen könnten. Es gehöre zur digitalen Zivilcourage, dass man Personen auch online nicht alleine lasse.

Tipp 2: Nicht auf Verschwörungstheorie eingehen

In der Antwort auf einen Post oder Kommentar, der auf Fake News hinweist, sollte man nicht auf die zuvor geäußerte Verschwörungstheorie eingehen, rät Benjamin Winkler, Fachreferent für Reichs- und Verschwörungstheorien bei der Amadeu Antonio Stiftung. Besser solle man - wie in Tipp 1 ausgeführt - eine Antwort mit seriösen und gut lesbaren Links zum Thema schicken.

Tipp 3: Auf Strukturen und Merkmale von Verschwörungstheorien aufmerksam machen

Eine andere Möglichkeit sei, direkt Merkmale und Strukturen von Verschwörungserzählungen aufzuzählen, ohne auf den Inhalt des Originalposts einzugehen, schreibt Benjamin Winkler. Einige finden sich in einer Broschüre zum Thema der Amadeu Antonio Stiftung.

    Tipp 4: Nicht auf endlose Diskussionen einlassen

Wer schon einmal in der Kommentarspalte diskutiert hat, weiß, dass die Diskussionen dort schnell endlos werden können. Beide Expertinnen raten dazu, sich nicht auf ewige Diskussionen unter Posts mit falschen Informationen einzulassen. Kleinen-von Königslöw warnt davor, dass sich Ideologien nicht unbedingt durch Argumente entkräften lassen, es gebe immer auch ein Gegenargument. Lamberty bezeichnet einen ewigen Austausch als "vergebene Liebesmüh" - Diskussionen seien nur möglich, wenn man sich im Austausch auch irgendwo in der Mitte treffen könne.

Tipp 5: Desinformation nicht teilen

Wer auf Inhalte mit Fake News oder Verschwörungstheorien und deren Unwahrheit hinweisen möchte, sollte einige Dinge beachten. Denn die Wiederholung von falschen Informationen könne dazu führen, dass das Falsche hängen bleibt, erklärt Sozialpsychologin Pia Lamberty. Zunächst sollte der Ursprungspost mit der Falschinformation möglichst nicht weiterverbreitet werden, denn so werde der Algorithmus gefüttert. Stattdessen könne man einen Screenshot machen und am besten das Ganze mit einem digitalen Stempel als Falschmeldung kennzeichnen und so teilen. Psychologisch wirksam sei außerdem ein "Faktensandwich". Das Konzept sieht vor, zunächst mit der Wahrheit zu beginnen, dann knapp die Falschinformation zu benennen und im Anschluss noch einmal richtigzustellen. Die korrekte Information sollte immer häufiger genannt werden als die Falschinformation.

Tipp 6: Hate Speech melden

Es bleibe nicht immer bei einer Verschwörungserzählung, schreibt Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung dem #Faktenfuchs, oft handle es sich in diesem Zusammenhang auch um menschenverachtende Inhalte wie Rassismus oder Antisemitismus. Hass werde geschürt und zur Gewalt aufgerufen. In solchen Fällen sollte "die couragierte Community stets auch die Community Regeln der jeweiligen Plattform vor Augen haben und etwaige Verletzungen anzeigen." Ebenfalls sollten strafbare Inhalte, wie das Leugnen des Holocausts, angezeigt werden. Dazu sollte im Vorfeld ein Screenshot von der ganzen Seite gemacht werden, rät Winkler, so sei der Gesamtkontext im Nachhinein nachvollziehbar.

Tipp 7: Besondere Vorsicht bei Telegram

Große Plattformen wie Facebook oder Youtube wehren sich inzwischen "aktiv gegen das Verbreiten von Fake News und Verschwörungserzählungen", so Winkler. Sie bieten entsprechende Meldemöglichkeiten an. Deshalb hätten viele Verbreiter von Verschwörungsideologien die Plattform gewechselt, beispielsweise zum Messengerdienst Telegram. Dort fehle den Betreibern das Problembewusstsein, schreibt Winkler, es sei deshalb schwieriger auf Inhalte zu reagieren. Telegram sollte deshalb "mit äußerster Vorsicht genutzt werden".

Fake News und Verschwörungstheorien erkennen

Beiträge, in denen Fake News oder Verschwörungstheorien verbreitet werden, sind nicht immer als solche zu erkennen. Benjamin Winkler von der Amadeu Antonio Stiftung rät deshalb, bei Artikeln zunächst einen genaueren Blick auf die Überschrift zu werfen. "Ist diese besonders reißerisch, populistisch oder skurril, ist Vorsicht geboten", schreibt Winkler dem #Faktenfuchs. Solche Beiträge sollten ihm zufolge nie unkritisch geteilt werden.

Die Sozialpsychologin Pia Lamberty erzählt im Interview mit dem #Faktenfuchs, dass es teilweise Indizien gibt, dass man es mit einer unseriösen Quelle zu tun hat. Sehr einfach zu erkennen seien beispielsweise schlecht gemachte Webseiten oder ein fehlendes Impressum. Die Verbreitung von Fake News sei jedoch professioneller geworden, so Lamberty. Sie rät dazu, bei Zweifeln selbst zu recherchieren und zu schauen, was andere Quellen über eine bestimmte Aussage veröffentlicht haben. Die Einschätzung, ob es sich um eine Einzelmeinung handelt, mache eine Aussage zwar nicht unbedingt falsch, helfe aber bei der Einordnung.

Fazit

Verschwörungstheorien und Fake News gibt es zu vielen Themen, sie zu erkennen ist allerdings nicht immer einfach. Wenn Fake News oder Verschwörungserzählungen als solche identifiziert werden, raten Experten dazu, erst einmal abzuwägen, ob sich eine Reaktion "lohnt" und wie man sich selbst vor möglicherweise negativen Reaktionen schützen kann. Wenn man sich dazu entscheidet, öffentlich zu widersprechen, sollte man dies möglichst neutral und sachlich tun - beispielsweise mit einem Link zu einer seriösen Quelle, auf ewige Diskussionen sollte man sich nicht einlassen. Wichtig ist außerdem, Fake News und Verschwörungstheorien nicht einfach weiterzuverbreiten, denn sonst könnte die falsche Information eher hängen bleiben als die Informationen, dass es sich dabei um Falschinformationen handelt. Hass und Hetze im Netz sollten der jeweiligen Plattform gemeldet werden.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!