Züge stehen auf Abstellgleisen.
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Unbefristete Streiks bei der Bahn ja oder nein? Die Gewerkschaft EVG gibt heute das Ergebnis der Urabstimmung unter ihren Mitgliedern bekannt.

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Urabstimmung bei der Bahn: Drohen neue Streiks?

Kommt es doch zu unbefristeten Streiks bei der Bahn? Das werden Fahrgäste heute erfahren. Am Nachmittag gibt die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG das Ergebnis der Urabstimmung unter ihren Mitgliedern zum Schlichterspruch bekannt.

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Über 103.000 Briefe hat eine Agentur im Auftrag der Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft EVG an deren Mitglieder verschickt, die streiken dürften. Online konnten sie dann während der letzten 14 Tage ihr Votum über den Schlichterspruch abgeben. Der Bundesvorstand hatte ihnen die Annahme empfohlen. Haben mindestens 25 Prozent mit Ja gestimmt, dann steht der Tarifvertrag und weitere Streiks sind abgewendet. Sprechen sich umgekehrt mindestens 75 Prozent für unbefristete Aktionen auf der Schiene aus, dann müssen sich Fahrgäste bald auf einiges einstellen.

Was steht im Schlichterspruch?

Da sich die Vertreter von Gewerkschaft und Bahn in der Kommission nicht einigen konnten, hatten die beiden Schlichter, Heide Pfarr (SPD) und Thomas de Maizière (CDU), Ende Juli allein einen Spruch verfasst. Dieser sieht unter anderem für Oktober eine sogenannte Inflationsausgleichsprämie von 2.850 Euro vor, sozial- und abgabenfrei. Die Einkommen sollen im Dezember um 200 Euro und im August 2024 noch einmal um 210 Euro steigen. Vorgesehen sind außerdem höhere Entgelte für bestimmte Berufsgruppen wie Servicekräfte und Beschäftigte in Werkstätten. Das betrifft etwa 70.000 Mitarbeiter bei der Bahn und macht für sie laut EVG etwa 100 Euro mehr im Monat aus.

Wie wird der Spruch bewertet?

Im Schnitt ist laut EVG-Chef Martin Burkert mit einem Lohnplus von 14,5 Prozent zu rechnen. In einigen Teilbereichen stünden sogar über 50 Prozent mehr Geld in Aussicht. Aber: Burkert spricht von einer Empfehlung für den Schlichterspruch mit "Licht und Schatten". Da ist einmal die lange Laufzeit von 25 Monaten. Erst danach könnte die Gewerkschaft wieder mit der Bahn über höhere Einkommen verhandeln. Aber keiner weiß, wie es mit der Inflation weitergeht. Enttäuscht sind auch die, deren Einkommen nicht höher eingestuft wurde. Das seien – so die Gewerkschaft - zum Beispiel Gruppenführer oder Meister. Die Gewerkschaft versprach, diese in der nächsten Tarifrunde besonders im Blick zu haben. Der ein oder andere von ihnen könnte mit Nein gestimmt haben.

Das Ergebnis der Urabstimmung lässt sich also schlecht voraussagen. Viele - auch unter den Funktionären - rechnen auf Nachfrage jedoch nicht mit einer breiten Ablehnung des Schlichterspruchs. Es wäre auch für den Vorstand schwer zu begründen, warum er einen Spruch empfiehlt, der dann bei vielen Mitgliedern durchfällt. Um nicht den Verdacht einer Manipulation des Ergebnisses aufkommen zu lassen, führt eine unabhängige Agentur die Urabstimmung durch. Die war auch schon jüngst bei der Sozialwahl eingesetzt.

Wie geht es weiter im Tarifkonflikt?

Wenn das nötige Quorum von mindestens 25 Prozent der abgegebenen Stimmen erreicht wird, die sich für eine Annahme des Schlichterspruchs aussprechen, dann wird dieser zum Tarifvertrag. Der Bahnvorstand hat das Schlichtungsergebnis bereits angenommen. Stimmt aber die Mehrheit für weitere Streiks, dann wird die Gewerkschaft "bald loslegen", wie es auf Nachfrage heißt. Zunächst wird sie der Bahn allerdings noch eine Zeit einräumen, um zu verhandeln und den Schlichterspruch zu verbessern.

Weigert sich die Bahn oder führen Gespräche nicht zum Ergebnis, dann wird es zu unbefristeten Streiks auf der Schiene kommen. Wobei das nicht bedeutet, dass über Wochen hinweg kein Zug mehr fährt. Die Gewerkschaft könnte auch mal nur den einen oder den anderen Bereich zum Ausstand aufrufen. Ungemütlich würde es aber für Fahrgäste dann aber auf jeden Fall.

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