25.09.2023, Ukraine, Kiew: Neu rekrutierte Soldaten der 3. ukrainischen Sturmbrigade stellen in einem Militärstützpunkt in der Nähe von Kiew auf.
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25.09.2023, Ukraine, Kiew: Neu rekrutierte Soldaten der 3. ukrainischen Sturmbrigade stellen in einem Militärstützpunkt in der Nähe von Kiew auf.

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Ukrainisches Parlament beschließt umstrittenes Wehrdienstgesetz

In der Ukraine ist nach langer Diskussion ein Gesetz zur Mobilmachung verabschiedet worden. Wer die Einberufung ignoriert, dem drohen künftig harte Strafen. Nicht enthalten ist das Recht für Soldaten, nach drei Jahren ihren Dienst zu quittieren.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Das ukrainische Parlament hat ein umstrittenes Gesetz gebilligt, das die Mobilmachung von mehr Rekruten im Krieg gegen Russland ermöglichen soll. Es dauerte rund drei Monate, bis das Gesetz am Donnerstag schließlich von einer Mehrheit der Abgeordneten abgenickt wurde. Für die Novelle stimmten 283 Abgeordnete bei 226 notwendigen Stimmen, meldeten ukrainische Medien. Tausende Anträge gingen in dieser Zeit ein, durch die der ursprüngliche Entwurf deutlich verändert wurde.

Einberufungsbefehle über elektronisches System

Das Gesetz soll regeln, wie das Land künftig neue Rekruten einzieht, die es im Krieg gegen Russland so dringend braucht. Unter anderem werden die Befugnisse für Behörden ausgebaut, Einberufungsbefehle über ein elektronisches System auszustellen. Erst vergangene Woche hatte Kiew das Einberufungsalter von 27 auf 25 Jahre gesenkt. Das Gesetz tritt einen Monat nach seiner Unterzeichnung durch Präsident Wolodymyr Selenskyj in Kraft. Wann das sein wird, war unklar.

Mit Inkrafttreten sind alle Männer im wehrfähigen Alter zwischen 18 und 60 Jahren verpflichtet, während des geltenden Kriegsrechts ihren Wehrpass bei sich zu führen. Innerhalb von zwei Monaten müssen die Männer auch ihre persönlichen Daten auf den aktuellen Stand bringen, ansonsten drohen Strafen. Neue ukrainische Reisedokumente im Ausland werden zukünftig nur noch bei vorhandenen Wehrpapieren ausgestellt. Diese sind jedoch nur bei einer Rückkehr in die Ukraine erhältlich. Neben Geldstrafen für ignorierte Einberufungen und Musterungsbescheide droht zukünftig auch mit wenigen Ausnahmen der Entzug der Fahrerlaubnis.

Noch keine Regelung für Rotation nach Kampfeinsatz

Erst diese Woche hatte der Verteidigungsausschuss des Parlaments noch eine zentrale Klausel aus dem Entwurf gestrichen, die eine Rotation von Soldaten nach 36 Monaten Kampfeinsatz garantieren sollte. Medien berichten unter Berufung auf einen Sprecher des Verteidigungsministeriums, in den nächsten acht Monaten solle ein eigenes Gesetz zur Demobilisierung dieser Soldaten an der Front ausgearbeitet werden. Allerdings fehlt es der Ukraine bereits jetzt an ausgebildeten, kampffähigen Rekruten.

Zehntausende Wehrpflichtige geflüchtet

Armee, Nationalgarde und Grenzschutz haben zusammen gut über eine Million Frauen und Männer unter Waffen. Das verbliebene Mobilisierungspotenzial wurde von dem ukrainischen Portal texty.org.ua auf etwa fünf Millionen geschätzt. Trotz des seit Kriegsbeginn geltenden Ausreiseverbots für Wehrpflichtige sind Zehntausende mit gefälschten Dokumenten über die grüne Grenze ins Ausland geflüchtet. Im Land selbst sind allein in den Gebieten Poltawa, Iwano-Frankiwsk und Tscherniwzi mehr als 70.000 Personen zur Fahndung ausgeschrieben. Bei der Staatsanwaltschaft sind seit Kriegsbeginn mit stark steigender Tendenz über 46.000 Verfahren wegen Desertion und unerlaubtem Entfernen von der Truppe eingeleitet worden. Mehr als ein Viertel davon entfällt auf das erste Quartal 2024. 

Mit Informationen von AP und dpa

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