Überraschungsbesuch in Kiew: Stoltenberg kündigt mehr Waffen an
Bildrechte: dpa-Bildfunk

Überraschungsbesuch in Kiew: Stoltenberg kündigt mehr Waffen an

Per Mail sharen
Artikel mit Audio-InhaltenAudiobeitrag

Ukraine-Krieg: Nato-Chef verspricht in Kiew mehr Waffen

Zusätzliche Lieferungen seien unterwegs, sagt Nato-Generalsekretär Stoltenberg bei einem Überraschungsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt. Die Bundesregierung kündigte am Abend an, zehn weitere Schützenpanzer Marder und Munition zu liefern.

Über dieses Thema berichtet: Nachrichten am .

Nato-Generalsekretär Jens Stoltenberg hat mehr Waffenlieferungen in die Ukraine angekündigt. Die Mitglieder des Militärbündnisses hätten nicht geliefert, was sie in den vergangenen Monaten versprochen hätten, sagt Stoltenberg bei einem Überraschungsbesuch in der ukrainischen Hauptstadt Kiew. "Aber jetzt bin ich zuversichtlich, dass sich das ändern wird", fügt er unter anderem mit Blick auf das jüngst verabschiedete Milliarden-Hilfspaket der USA und Unterstützungszusagen der britischen Regierung hinzu.

Er rechne zudem mit weiteren Zusagen. "Das wird einen Unterschied machen – so wie die fehlende Unterstützung einen Unterschied gemacht hat", sagt Stoltenberg in Anspielung auf Rückschläge der Ukraine auf dem Schlachtfeld. Für einen Sieg der Ukraine sei es noch nicht zu spät.

Deutschland liefert weitere zehn Schützenpanzer Marder

Am Abend bestätigte Deutschland eine neue Runde an Waffenlieferungen für die Ukraine. Unter anderem sollen weitere zehn Schützenpanzer vom Typ Marder geliefert werden. Außerdem ein zweites Flugabwehrsystem Skynex so wie knapp 30.000 Schuss Munition für den Flugabwehrpanzer Gepard und Munition für das System Iris-T, teilte die Bundesregierung mit. Das Mitte April zugesagte dritte Flugabwehrsystem vom Typ Patriot stand noch nicht auf der aktualisierten Liste der deutschen Militärhilfe.

Stoltenberg rügt verspätete Unterstützung

Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj beim Besuch des Nato-Chefs, erste neue westliche Lieferungen seien eingetroffen, allerdings nur langsam. "Dieser Ablauf muss beschleunigt werden", drängte er.

Stoltenberg sagte, zusätzliche Waffen und Munition für die Ukraine seien unterwegs, darunter Patriot-Abwehrraketen, mit denen das Land russische Angriffe auf seine Energie-Infrastruktur abwehren könnte. Er räumte ein: "Der Mangel an Munition hat es den Russen erlaubt, entlang der Frontlinie vorzustoßen. Das Fehlen von Flugabwehr hat es möglich gemacht, dass mehr russische Raketen ihre Ziele treffen, und der Mangel an Möglichkeiten für weitreichende Schläge hat es den Russen erlaubt, stärkere Kräfte zu konzentrieren."

Ukraine muss russische Fortschritte eingestehen

Die Ukraine sah sich nach Angaben von Generalstabschef Olexander Syrskyj wegen des materiellen und personellen Übergewichts der Russen bereits am Wochenende zu taktischen Rückzügen gezwungen. Das russische Verteidigungsministerium erklärte am Montag, seine Streitkräfte hätten auch das Dorf Semeniwka eingenommen.

Russland sammelt nach ukrainischen Angaben Kräfte für eine große Sommeroffensive. Derzeit machen die Invasionstruppen allerdings nur geringe Fortschritte, wie die in Washington beheimatete Denkfabrik Institute for the Study of War (ISW) mitteilte. "Es bleibt unwahrscheinlich, dass die russischen Streitkräfte in naher Zukunft ein tieferes, operativ bedeutsames Eindringen in das Gebiet erreichen werden", schätzte das ISW. Allerdings näherten sich die Russen der auf einer Anhöhe gelegenen Stadt Tschassiw Jar, von der aus weitere Vorstöße in die Region Donezk möglich seien.

Tote und Verletzte nach russischen Luftschlägen auf Odessa und Charkiw

Am Abend meldete die Ukraine mindestens vier Tote nach russischen Angriffen in der südukrainischen Hafenstadt Odessa. Mindestens 28 weitere Menschen wurden verletzt, wie der Gouverneur des Gebiets, Oleh Kiper, bei Telegram mitteilte. Mehrere Wohnhäuser und zivile Infrastruktur seien beschädigt worden. Zuvor war die nur gut 30 Kilometer von der russischen Grenze entfernte ostukrainische Metropole Charkiw Behördenangaben zufolge mit Gleitbomben angegriffen worden. Zwei Zivilisten seien dabei verletzt worden. Ein mehrstöckiges Wohnhaus sei beschädigt worden.

Karte: Die militärische Lage in der Ukraine

Keine Hoffnung auf baldigen Nato-Beitritt

Hoffnungen auf einen zeitnahen Eintritt in die Nato dämpfte Stoltenberg. Er sei fest davon überzeugt, dass der Ukraine ein Platz in der Nato zustehe und er arbeite hart daran, dass die Ukraine Mitglied des Bündnisses werde. Um eine Aufnahmeentscheidung treffen zu können, brauche es allerdings einen Konsens unter den 32 Bündnismitgliedern. Und er erwarte nicht, dass dieser bis zum nächsten Gipfeltreffen der Staats- und Regierungschefs im Juli zustande kommen werde.

Mit den Worten "Die Ukraine wird Mitglied der Nato werden" verwies Stoltenberg zudem auf einen Nato-Beschluss aus dem Jahr 2008. Damals hatten die Staats- und Regierungschefs mit Blick auf die Ukraine und Georgien vereinbart, "dass diese Länder Mitglieder der Nato werden". Ein Zeitplan für die Aufnahme gibt es allerdings bislang genauso wenig wie eine offizielle Einladung. Zu letzterer wird die Nato nach einer Gipfelerklärung aus dem vergangenen Jahr erst in der Lage sein, "wenn die Verbündeten sich einig und Voraussetzungen erfüllt sind". Als konkrete Beispiele wurden damals "zusätzliche erforderliche Reformen im Bereich der Demokratie und des Sicherheitssektors" genannt.

Das ist die Europäische Perspektive bei BR24.

"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!