Symbolbild: Junge Leute im Gegenlicht
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Der Drogenbeauftragte der Bundesregierung Burkhard Blienert mahnt mehr Prävention für Jugendliche an.

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Tod von Jugendlichen befeuert Diskussion über Drogenpolitik

Eine verstärkte Ecstasy-Pille namens "Blue Punisher" wird als Ursache für den Tod zweier Teenager vermutet. Der Bundesbeauftragte Blienert zeigt sich bestürzt, mahnt zu mehr Prävention und ist für das sogenannte "Drug-Checking". Die CDU hat Zweifel.

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Wie zerstörerisch Drogen sein können, ist dieser Tage zu erleben. In Brandenburg stirbt eine 15-Jährige – vermutlich an einer Überdosis chemischer Drogen. In Mecklenburg-Vorpommern kommt eine 13-Jährige ums Leben. Zwei weitere Mädchen müssen ins Krankenhaus. Sie hatten wohl eine verstärkte Ecstasy-Pille mit der Bezeichnung "Blue Punisher" genommen.

Die Schicksale der Mädchen bewegen auch Burkhard Blienert, den Beauftragten der Bundesregierung für Sucht und Drogenfragen: "Der Tod der beiden Jugendlichen macht mich sehr betroffen. Ich kann nachvollziehen, wie schwer es den Eltern zurzeit gehen muss, das zu akzeptieren, wenn das Schicksal so zugeschlagen hat."

Bundesbeauftragter: mehr Gespräche, mehr Prävention

Blienert weiß zu berichten, dass in Deutschland jedes Jahr mehr als zwanzig Jugendliche durch Drogenmissbrauch ums Leben kommen. Er fordert deshalb, dass die Gesellschaft stärker aktiv werden müsse: "Es ist wichtig, dass wir über Drogenkonsum in unserer Gesellschaft reden", sagt der Drogenbeauftragte der Bundesregierung. "Wir müssen mehr investieren in Prävention."

Die Prävention müsse flächendeckend zur Verfügung stehen und sie müsse "gut ausfinanziert" werden. Es sei wichtig, dass in Familie und anderen Bereichen über die Risiken des Lebens gesprochen werde. "Wir müssen Kinder und Jugendliche stark machen." Gesprochen werden müsse über die Risiken des Konsums illegaler und auch legaler Drogen. An den Folgen von missbräuchlichem Tabak- und Alkoholkonsum sterben laut Blienert in Deutschland jedes Jahr 150.000 Menschen.

Drogen checken lassen als Teil der Präventionsarbeit

Der SPD-Politiker ist davon überzeugt: Eine wichtige Rolle bei der Präventionsarbeit könnte das sogenannte Drug-Checking spielen - also das Angebot an Konsumenten, ihre gekauften Drogen kostenlos auf Gesundheitsgefahren hin untersuchen zu lassen. Pilotprojekte gab es dazu bislang in Berlin und Thüringen.

Vor wenigen Tagen erst hat der Bundestag grünes Licht gegeben für derartige Tests in ganz Deutschland. Mehrere Länder planen nun solche Gratis-Angebote - etwa Hessen und Baden-Württemberg. Dies sei wichtig, meint Blienert, um Konsumierende warnen und abhalten zu können. Und es sei auch wichtig, um zu wissen, was auf dem Markt gerade unterwegs und verfügbar ist. Gleichzeitig könne man mit den Jugendlichen ins Gespräch kommen, "wenn ohne Scheu und ohne große Hindernisse darüber gesprochen wird, 'warum willst Du diese Droge nehmen?'."

Nürnberger Jugend- und Drogenhilfe für "Drug-Checking"-Angebote

Überzeugt vom "Drug-Checking" ist auch der geschäftsführende Vorstand der Nürnberger Jugend- und Drogenhilfe "mudra", Norbert Wittmann. Im Interview mit dem Bayerischen Rundfunk hob er den Vorteil hervor, dass damit professionelle Drogenhelfer die Möglichkeit hätten, mit den vielen Gelegenheitskonsumenten von Drogen ins Gespräch zu kommen "und ihnen auch Tipps und vorbeugende Maßnahmen mitgeben zu können". Solche Angebote würden sehr gut angenommen: "Auch Jugendliche sind keine Lemminge, und Jugendliche haben durchaus ein großes Interesse, gesund zu bleiben", so Wittmann. Sie seien "clever genug zu sagen: Wenn ich die Möglichkeit habe, das Zeug testen zu lassen, dann lasse ich das natürlich testen". Viele würden nach einem solchen Test weniger riskant und generell weniger Drogen konsumieren, weil sie gut aufgeklärt und vielleicht auch gewarnt seien.

Wittmann äußerte sich "sehr zuversichtlich", mit der bayerischen Staatsregierung in Gespräche über Drug-Checking-Angebote zu kommen: "Auch die bayerische Staatsregierung hat ein großes Interesse daran, ihre Bevölkerung zu schützen."

Kritik von der CDU: "Nicht blauäugig sein"

Die sucht- und drogenpolitische Sprecherin der Union-Bundestagsfraktion Simone Borchardt von der CDU lehnt das Angebot von Drogen-Analysen zwar nicht grundsätzlich ab, hält sie aber für wenig praxisnah: "Auch hier dürfen wir nicht blauäugig sein", sagt Borchardt. "Kinder und Jugendliche, die eine Droge auf einer Party konsumieren möchten, ziehen ja nicht erst los und lassen die Inhaltsstoffe prüfen, sondern nehmen die sofort ein."

Skeptisch sieht Borchardt auch einen anderen Punkt der Drogenpolitik der Ampel-Koalition, nämlich die geplante Legalisierung von Cannabis: "Statt sich mit einer zusätzlichen Droge zu beschäftigen, die wir auf den Markt werfen wollen", sei es wichtig, "der Prävention und dem Kinder- und Jugendschutz den richtigen Stellenwert in der Suchtpolitik einzuräumen".

Der Drogenbeauftragte Blienert hingegen verteidigt den Kurs der Bundesregierung. Für Kinder und Jugendliche sollen Drogen tabu bleiben, aber mit der "Regulierung von Cannabis für Erwachsene" bestehe die Möglichkeit, über gesundheitliche Gefahren zu reden und aufzuklären. Man könne überdies feststellen, wo synthetische Cannabinoide auch auf dem Schwarzmarkt unterwegs sind. Der richtige Weg in der Drogenpolitik sei: Weg von Strafe, hin zu Schutz und Hilfe.

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