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Merkel und Seehofer

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Seehofer: "Da wird aus einer Micky Maus ein Monster gemacht"

In "62 1/2 Punkten" sei er sich mit Bundeskanzlerin Merkel einig, so Seehofer in einem Zeitungsinterview. Das wäre mehr Einigkeit, als vom kommenden Europa-Gipfel zu erwarten ist, an dem vier Staaten gar nicht erst teilnehmen wollen. Von M. Kubitza

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Schon am 11. März hatte Horst Seehofer seinen "Masterplan" zur Flüchtlingspolitik angekündigt, mit dem er "einen starken Staat garantieren" wolle. Am 11. Juni wurde die mit Spannung erwartete Pressekonferenz zur Präsentation des Projekts verschoben.

Weitere elf Tage später diskutiert die Republik noch immer erbittert über das 63-Punkte-Papier, das in Papierform noch gar nicht vorliegt, weshalb über dessen genaue Inhalte mit Ausnahme von Seehofer selbst und der Bundeskanzlerin alle Beteiligten nur spekulieren können. Und der Bundesinnenminister meldet sich in einem Interview mit der "Passauer Neuen Presse" zu Wort. Darin betont Seehofer abermals, es müsse wieder "Recht und Ordnung" herrschen - und äußert sich zum Dissens zwischen ihm und Merkel, der seiner Darstellung nach nicht so groß ist wie allgemein angenommen.

"Die Bundeskanzlerin hat mit zweiundsechzigeinhalb Punkten kein Problem. Bei dem ausstehenden halben Punkt wird aus einer Micky Maus ein Monster gemacht" Horst Seehofer in der PNP

"Zeit für Entscheidungen" - aber kein Ultimatum

"Wir haben drei Jahre lang geredet. Jetzt ist Zeit für Entscheidungen", so Seehofer. Niemand werde glücklicher sein als er, wenn der Kanzlerin eine europäische Lösung gelinge. Dabei nimmt der Bundesinnenminister und CSU-Parteichef für sich in Anspruch, "die Europäische Union wachgeküsst" zu haben. Vorwürfe, er habe der Regierungschefin ein Ultimatum gestellt, bezeichnet Seehofer als "Unsinn".

"Es gibt kein Ultimatum. Die Kanzlerin hat die Bundestagsfraktion der Union gebeten, ihr zwei Wochen Zeit zu geben. Plötzlich wird eine Bitte der Kanzlerin zum Ultimatum von Horst Seehofer umgedeutet. Die Kanzlerin hat sich selbst eine Frist gesetzt." Horst Seehofer in der PNP

Was die EU und die Union verbindet: beide sind gespalten

Bis zum Monatsende will Merkel mit anderen europäischen Staaten über Lösungen verhandeln. Dass die gefunden werden, ist gestern wieder etwas unwahrscheinlicher geworden. Auf einer gemeinsamen Pressekonferenz mit Österreichs Bundeskanzler Sebastian Kurz sagten die Regierungschefs der Visegrad-Staaten Polen, Tschechien, Slowakei und Ungarn ihre Teilnahme am geplanten EU-Gipfel überraschend ab. Was EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker zum Gipfel vorbereitet habe, seien "alte, aufgewärmte Vorschläge".

Damit zieht sich weiterhin ein Riss zwischen Juncker, Merkel und Macron einerseits und den Osteuropäern, Österreich sowie Italien andererseits durch Europa - und die Schwesterparteien der Union. Der konservative CDU-Innenpolitiker Philipp Amthor ist im Interview mit der Bayern2 radioWelt skeptisch, ob es zu einer umfassenden europäischen Lösung kommt.

"Wir sind als Deutsche schon für europäische Maßnahmen, aber wenn die nicht gelingen, dann behalten wir uns nationale Maßnahmen vor." Philipp Amthor, CDU, in der Bayern2radioWelt

Scheitern die Einigungsversuche bis Ende des Monats, fordert auch die CSU eine nationale Lösung, während die Karten in der EU nochmal neu gemischt werden: Am 1. Juli übernimmt Österreich die EU-Ratspräsidentschaft. Der Riss in der Union könnte dann zum Graben in der Großen Koalition werden.

Schluss mit "Mätzchen": Kritik aus der SPD wird schärfer

Die SPD-Parteichefin Andrea Nahles hat in den ARD-Tagesthemen bereits angekündigt, "diese Mätzchen" nicht weiter mitmachen zu wollen. Sie wirft der CSU vor, ganz Deutschland und fast ganz Europa "in Geiselhaft" zu nehmen.

"Ein Söder muss sich da auch mal klarmachen, dass die Verfassung in unserem Land so aussieht, dass nicht er die Außenpolitik als Ministerpräsident des Freistaats Bayern macht, sondern dass das immer noch eine Bundesangelegenheit ist." Andrea Nahles in den Tagesthemen

Über Neuwahlen zu sprechen, habe sie keinen Anlass, sagte Nahles, fügte aber an:, die SPD sei "dafür gut gerüstet".