Gesundheitsminister Karl Lauterbach (l.) mit Vertretern des Sachverständigenausschuss.
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Sachverständige: Gemischte Bilanz der Corona-Maßnahmen

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Sachverständige: Gemischte Bilanz der Corona-Maßnahmen

Sachverständige: Gemischte Bilanz der Corona-Maßnahmen

Die aktuelle Gesetzesfassung für die Corona-Maßnahmen läuft im September aus. Zahlreiche Bundesländer drängen darauf, dass die Bundesregierung zeitnah ein Konzept vorlegt, welche Regeln im Herbst und Winter gelten. Nun liegt ein Gutachten vor.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Eine Erkenntnis vorneweg: Masken wirken in der Pandemie. Vor allem in Innenräumen. Natürlich nur, wenn sie korrekt getragen werden und nicht unter der Nase baumeln. Wie effizient die Masken sind, hängt also von Trägerin oder Träger ab, insofern solle bei der künftigen Aufklärung noch mehr der Augenmerk auf richtiges und konsequentes Tragen von Masken gerichtet werden. So steht es im Gutachten der Kommission.

Problematische Datenlage

Die 18 Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler hatten eine Mammutaufgabe zu bewältigen: Sie sollten die Rechtsgrundlagen und die Maßnahmen der Pandemiepolitik bewerten. Unter erschwerten Bedingungen, wie sie in dem 160-seitigen Bericht selbst schreiben: "Inwieweit die Maßnahmen einen Einfluss auf Übertragungswege, Dynamiken der Ausbreitung und die Virulenz des Erregers hatten, kann nur auf Grundlage belastbarer Daten festgestellt werden. Diese Daten standen und stehen bislang nur eingeschränkt zur Verfügung."

Dazu kommt, dass repräsentative Zufallsstichproben fehlen, dass aussagekräftige Statistiken etwa zur Krankenhausbelegung nicht vorhanden sind. Die problematische Datenlage kreiden die Wissenschaftler der Politik an, die habe auch bei der Krisenkommunikation schwere Defizite an den Tag gelegt.

Genauso sieht es der CDU-Gesundheitsexperte Tino Sorge: Die Kommunikation müsse besser werden, je mehr Akzeptanz die Maßnahmen in der Bevölkerung hätten, desto effektiver seien sie. Der Virologe Hendrik Streeck sagte dazu: "Jede Maßnahme hat ihre Zeit." Ein Lockdown sei etwa zu Beginn einer Pandemie sinnvoller, je länger er andauere, desto geringer seien die Effekte.

Psycho-soziale Folgen der Pandemie

Die Kommission, zu der neben Virologen, Epidemiologen auch Sozialwissenschaftler und Juristen zählen, wollte und konnte keine konkreten Maßnahmen für den Herbst benennen. Sie stellte allerdings fest, dass Schulschließungen aufgrund der psychosozialen Folgen für Schülerinnen, Schüler und Eltern nur als letztes Mittel eingesetzt werden sollten. Außerdem solle die sozial bedingte Ungleichheit, so forderte es die Sozialwissenschaftlerin Jutta Allmendinger, künftig als ein eigenständiges Thema der Pandemiepolitik etabliert werden.

Harsche Kritik am Infektionsschutzgesetz

Hart ins Gericht ging die Kommission mit dem Infektionsschutzgesetz und der Feststellung der "epidemischen Lage von nationaler Tragweite". Letztere sei eine juristisch fragwürdige Konstruktion. Die Verlängerung der epidemischen Lage sei allein politisch durch die Veränderung der Mehrheiten im Bundestag erklärbar und hätte zu vermeidbaren politischen Missverständnissen geführt. Die Nichtverlängerung vermittelte hingegen den falschen Eindruck, die Pandemie sei vorbei. Hier müsse unbedingt nachgearbeitet werden. Die Juristin Andrea Kießling empfahl, die Regelungen so zuzuschneiden, dass sie auch für kommende Pandemien gelten. Außerdem sollte nicht sprunghaft jedes halbe Jahr ein neuer Maßnahmenkatalog verfasst werden.

Holetschek will schnell Klarheit über Instrumentenkasten

Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zeigte sich dem Bericht gegenüber verhalten aufgeschlossen: Der sei solide, bringe eine zusätzliche Perspektive und ergänze die Arbeit des Expertenrats. Auch würden die Erkenntnisse in die Arbeiten zum neuen Infektionsschutzgesetz einfließen, an dem er und Justizminister Marco Buschmann (FDP) bereits unter Hochdruck arbeiten würden.

Vom bayerischen Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) kam die Forderung, die Länder bräuchten einen Werkzeugkasten für den Herbst, um bei Bedarf Maßnahmen ergreifen zu können, um die Menschen vor Corona zu schützen. Dem antwortete der Justizminister, die Ampelkoalition werde dazu im Laufe des Monats Juli einen guten Vorschlag machen können. Schulschließungen, Lockdowns und Ausgangssperren seien jedoch nicht mehr verhältnismäßig.

  • Zum Artikel: "Gesundheitsminister Holetschek: 'Wollen keinen Lockdown mehr'"
Coronatests: Die neuen Regeln
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