Rassistisches Gegröle auf Sylt - Club Pony
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Rassistisches Gegröle auf Sylt: Bar-Betreiber werden bedroht

Auf Sylt singen Partygäste rassistische Parolen - nicht nur Politiker reagieren schockiert, auch DJ Gigi D'Agostino, der Komponist, äußert sich. Die Bar-Betreiber bekommen Morddrohungen. Und ein Beteiligter postet online eine Entschuldigung.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3 am Samstag am .

Die rassistischen Gesänge junger Partygäste auf Sylt und anderswo alarmieren die Politik. In dem Video, das am Donnerstag viral gegangen war und zu Pfingsten entstanden sein soll, ist zu sehen und zu hören, wie junge Menschen – einige von ihnen stammen offenbar aus dem Münchner Raum – zur Melodie des mehr als 20 Jahre alten Party-Hits "L'Amour Toujours" von Gigi D'Agostino rassistische Parolen grölen. Scheinbar ungeniert und ausgelassen singen sie "Deutschland den Deutschen - Ausländer raus!". Von den Umstehenden scheint sich niemand daran zu stören.

Ein Beteiligter entschuldigt sich

Ein Beteiligter hat mittlerweile reagiert. Laut "Bild" schrieb er in sozialen Medien: "Alle, die wir damit vielleicht verletzt haben, bitte ich um Entschuldigung." In dem Video aus Sylt deutete er eine Geste an, die an den Hitlergruß denken lässt. Er habe einen "ganz schlimmen Fehler" gemacht und schäme sich. Er gab demnach an, sich der Polizei gestellt zu haben und die rechtlichen Konsequenzen tragen zu wollen.

Für einige der Beteiligten gibt es auch berufliche Konsequenzen: Die Werbeagentur-Gruppe Serviceplan Group erklärte, sie habe einen beteiligten Mitarbeiter fristlos entlassen. Auch die Hamburger Influencerin Milena Karl entließ nach eigenen Angaben eine Mitarbeiterin, die dabei war. "Ich bin selbst Migrantin und als werdende Mutter steht alles, was in diesem Video zu sehen ist, für eine Gesellschaft, in der ich mein Kind nicht großziehen möchte."

Bar stellt Strafanzeige

Die bekannte Bar Pony im Inselort Kampen auf Sylt hatte nach Bekanntwerden des kurzen Videos Strafanzeige gestellt, der Staatsschutz der Polizei ermittelt wegen Volksverhetzung und des Verwendens verfassungswidriger Kennzeichen. Die Betreiber des Lokals schrieben dazu auf Instagram: "Hätte unser Personal zu irgendeinem Zeitpunkt ein solches Verhalten mitbekommen, hätten wir sofort reagiert. Wir hätten umgehend die Polizei verständigt und Strafanzeige gestellt. Das haben wir mittlerweile tun können." Bei der Party waren mehrere Hundert Gäste.

Einer der unbeteiligten Feiernden im Club bestätigt gegenüber Journalisten, dass er von den Parolen nichts mitbekommen habe. "Man kann den Kellnern keinen Vorwurf machen, man konnte es nicht hören, es war ja nur drei Sekunden lang, und es wurde überall so laut gegrölt", sagt der 23-Jährige, der jedes Wochenende im Pony ist. Auf seinem Handy zeigt der Sylter einen von ihm gefilmten Clip. Dort ist zu sehen, wie er nur wenige Meter von den Sängern der rassistischen Zeilen entfernt mit seinen Freunden zu "L'amour toujours" feiert. Einzelne Gesänge zur Melodie des Party-Hits sind dort im Stimmen-Geschrei nicht zu hören.

Bar-Betreiber bekommen Morddrohungen

Das berichten auch andere Gäste am Freitagabend im Pony. Es sei so laut gewesen zu Pfingsten, es gehe in der Masse unter, wenn fünf Leute singen. Viele der Gäste hätten am Pfingstsamstag auch die Fußball-Parole "Hamburger Jungs" zum Lied gesungen, sagt eine junge Frau.

Nach eigenen Angaben werden die Betreiber und Angestellte des Pony Clubs in Kampen bedroht. "Wir werden aufs Übelste beleidigt und erhalten Morddrohungen", schreiben sie auf dem Instagramprofil des Clubs. Dazu veröffentlichten sie eine Sequenz aus einem Überwachungsvideo, das die Szene aus einem anderen Blickwinkel zeigt. "An alle, die ständig fragen: 'Hat man das nicht mitbekommen?' Ihr seht selbst, dass die Mehrheit auf dem Video ihren Spaß hat, während eine kleine Gruppe etwas skandiert, das mit unseren Grundwerten nicht vereinbar ist." Man habe sich nach langer Überlegung entschlossen, das Video zu veröffentlichen, "um uns, unsere Mitarbeiter und unsere treuen Gäste zu schützen".

Mehrere Politiker reagierten entsetzt auf den Vorfall, darunter Bundeskanzler Olaf Scholz, Vizekanzler Robert Habeck (Grüne), der CDU-Bundesvorsitzende Friedrich Merz und Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.

Gigi D'Agostino äußert sich

Inzwischen hat sich auch DJ Gigi D'Agostino, zu dessen Song die rassistischen Parolen gegrölt wurden, geäußert. Er stellte klar, dass sich sein Song ausschließlich um Liebe drehe. "In meinem Lied L'Amour Toujours geht es um ein wunderbares, großes und intensives Gefühl, das die Menschen verbindet", teilte D'Agostino mit. Zentral sei zudem die Freude über die Schönheit des Zusammenseins.

In Sylt ist das Lied nicht das erste Mal für eine rassistische Botschaft missbraucht worden: Schon in den vergangenen Monaten gab es immer wieder Vorfälle, bei denen zu dem Lied Nazi-Parolen gerufen wurden - etwa in Bayern und Mecklenburg-Vorpommern. In der Oberpfalz ermittelte die Polizei nach einem möglichen Vorfall bei einem Faschingszug im Februar.

Mehrere vergleichbare Fälle

Auch der Club Rotes Kliff im Nobelort Kampen berichtete von einem "Rassismus-Vorfall" zu Pfingsten. Die betroffenen Personen seien des Clubs verwiesen worden und hätten jetzt Hausverbot, schrieben die Betreiber am Freitag auf Instagram.

In Erlangen skandierten zwei Männer auf der Bergkirchweih rassistische Parolen zum Lied "L'Amour Toujours". Wie die Polizei am Samstag mitteilte, bekamen die Verdächtigen im Alter von 21 und 26 Jahren am Freitagabend ein Betretungsverbot – der Staatsschutz leitete Ermittlungen ein.

Ebenfalls an Pfingsten kam es in Niedersachsen zu einem ähnlichen Fall. Auch auf dem Schützenfest im niedersächsischen Löningen westlich von Cloppenburg wurden rassistische Parolen gegrölt, auch zu "L'Amour Toujours", auch dort ermittelt der Staatsschutz.

Mit Informationen von dpa.

Im Video: Gäste einer Bar auf Sylt singen rechtsextremistische Parolen

Gäste einer Bar auf Sylt singen rechtsextremistische Parolen. Das Video, das davon aufgetaucht ist, hat hohe Wellen geschlagen.
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Gäste einer Bar auf Sylt singen rechtsextremistische Parolen. Das Video, das davon aufgetaucht ist, hat hohe Wellen geschlagen.

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