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Demo: Antiziganismus bekämpfen

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Neue Studie zeigt Antiziganismus in evangelischer Kirche

Sinti und Roma wurden in der NS-Zeit ebenso wie die Juden verfolgt. Ein Gutachten zeigt nun, dass die ablehnende Haltung gegen Sinti und Roma eine lange Tradition in Deutschland hat. Auch Luther hetzte gegen "die Zigeuner".

Historikerin Verena Meier von der Universität in Heidelberg hat über die Geschichte des Antiziganismus in Deutschland geforscht und für den Zentralrat der Sinti und Roma das am Mittwoch in einer Fachtagung in Berlin diskutierte Gutachten erstellt. Meier nennt einige der damaligen Vorurteile gegen Sinti und Roma:

"Zum Beispiel Brunnenvergifter als Vorwurf, was es ja auch als Vorwurf gegen Juden gab, aber dann auch Kollaborateure der Türken." Historikerin Verena Meier


Zigeuner galten als Feinde des christlichen Abendlandes


Sie galten als Spione, man unterstellte ihnen, mit den Feinden des christlichen Abendlandes zusammen zu arbeiten. Von diesem negativen "Zigeunerbild" war auch Luther nicht frei. Im Gegenteil: In seinen Schriften und Reden hetzt er gegen Juden und Zigeuner. Den damals verbreiteten Vorurteilen setzt er aus christlicher Sicht nichts entgegen. Dennoch gibt es noch viele Lücken in der Forschung, zum Beispiel über die Frage, ob die protestantische Arbeitsethik das Stereotyp des "faulen Zigeuners" geschaffen hat, als Gegenpart zur strengen Arbeitsmoral des Protestanten. Die Begründungen für den Antiziganismus veränderten sich im Laufe der Jahrhunderte. Im 19. Jahrhundert wird er rassisch begründet, die preußische Zigeunerpolitik setzt vor allem auf Umerziehung und Missionierung, eine Aufgabe, die die evangelische Kirche übernahm.


Kirchen waren Handlanger der Vernichtungsindustrie der Nazis


Im Nationalsozialismus waren Sinti und Roma auch von den Nürnberger Rassegesetzen betroffen, die Kirchen wurden zu Handlangern der Vernichtungsindustrie der Nazis. Romani Rose, der Vorsitzende des Deutschen Zentralrats der Sinti und Roma übt Kritik, dass die Nazis über die Kirchenbücher Zugriff auf die Sinti und Roma hatten. Ob die Kirche Handlungsspielräume gehabt hätte, ist umstritten und auch wenig erforscht. Ebenso, ob und wie die alten Stereotype innerhalb der evangelischen Kirche auch heute noch weiterwirken. Der Bevollmächtigte des Rates der EKD bei der Bundesrepublik Deutschland und der EU, Martin Dutzmann, sieht auf jeden Fall Handlungsbedarf in der Bildungspolitik.


"Ich bin fest davon überzeugt, dass antiziganistische Stereotype durchaus in unserer Bevölkerung und damit auch in unseren Gemeinden existieren … und dann fängt das im Konfirmandenunterricht an … setzt sich fort ins Erwachsenenalter … auf dem Bildungssektor hat da ganz viel zu passieren." Martin Dutzmann