Zwei Tweets behaupten, dass der Lockdown bis Juni 2021 verlängert wurde. Darüber steht ein Banner mit dem Text "Falschbehauptungen"
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Zwei Grafiken des Bundesfinanzministerium führten im Netz zu Verwirrung und falschen Schlüssen

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Nein, der Lockdown wurde nicht schon bis Juni 2021 beschlossen

Infografiken des Bundesfinanzministeriums werden falsch interpretiert - und sorgen im Netz für Verwirrung. Sie sind aber kein Hinweis auf einen Lockdown bis zum Sommer. Ein #Faktenfuchs.

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Schon Ende November 2020 hat das Bundeswirtschaftsministerium gemeinsam mit dem Bundesfinanzministerium die Corona-Überbrückungshilfen für Unternehmen bis Juni 2021 verlängert. Das hat aber nichts damit zu tun, wie lange in Deutschland der Lockdown gilt - auch, wenn manche Internetnutzer es so interpretieren. Zwei Infografiken des Bundesfinanzministeriums sorgen derzeit für Diskussionen im Netz.

Ein Nutzer schreibt auf Twitter: “Lockdown bis Juni 2021 geplant?” Und auch die Gruppe “Querdenken 711” verbreitet auf ihren sozialen Kanälen die Grafiken des Bundesfinanzministeriums gemeinsam mit dem Text “Lockdown bis Juni 2021 bereits beschlossen?!”

Die Grafiken sollen einen schnellen Überblick über die Überbrückungshilfen für Unternehmen geben. Verwirrung stiften dabei zwei Dinge: Die Formulierung “Schließung” und der angegebene Zeitraum Januar bis Juni 2021. Sie sind aber keine Hinweise darauf, dass der Lockdown bereits bis Juni geplant ist.

Ist Schließung gleich Lockdown?

Das Bundesfinanzministerium spricht in den Infografiken von der Schließung von Unternehmen. Diese mit dem Lockdown zu verbinden sei falsch, schreibt ein Sprecher des Bundeswirtschaftsministeriums (BMWI) dem #Faktenfuchs auf eine Mailanfrage. Das Ministerium wollte damit etwas ganz anderes ausdrücken: “Die Hilfen knüpfen dabei allein an einen Umsatzrückgang an, unabhängig von der Frage, ob es konkrete Schließungsanordnungen gibt.” Ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums bestätigte das.

So können zum Beispiel auch Unternehmen die Überbrückungshilfen beantragen, wenn sie nur indirekt vom Lockdown betroffen waren. Das Bundesfinanzministerium nennt dafür das Beispiel einer Wäscherei, die hauptsächlich Hotels beliefert. Dadurch, dass Hotels deutlich weniger Gäste aufnehmen dürfen, fällt auch der Wäscherei ein großer Teil des Umsatzes weg. Deswegen wäre auch sie für die Überbrückungshilfen antragsberechtigt.

Die Formulierung “Schließung” in der Infografik bezieht sich also laut Ministerium eher auf einen Umsatzrückgang, als auf das tatsächliche Dichtmachen des Unternehmens - und hat mit einem Lockdown nichts zu tun. Das wird dadurch deutlich, dass diese Überbrückungshilfen auch während des vergangenen Sommers liefen. Damals gab es vergleichsweise wenige Beschränkungen - und trotzdem konnten Unternehmen diese Hilfen beantragen, also auch ohne Lockdown.

Warum sind die Überbrückungshilfen bis Juni 2021 geplant?

Weil schon jetzt absehbar ist, dass sich die Notsituation der Unternehmen nicht in den nächsten Wochen ändern wird, hat die Bundesregierung die Überbrückungshilfen bis in den Juni ausgedehnt. Dabei hat man sich laut des Sprechers des Bundeswirtschaftsministeriums an den Erfahrungen aus dem letzten Jahr orientiert. “Die Hilfen wurden bis Mitte 2021 verlängert, da bereits im letzten Jahr abzusehen war, dass sich die wirtschaftlichen Auswirkungen für die Unternehmen im Jahr 2021 fortsetzen werden.”

Diese Art der Fehlinterpretation von staatlichen Quellen erinnert an einen ähnlichen Fall: Im Bayerischen Haushaltsgesetz trägt etwa ein Artikel, der den Sonderfonds Corona-Pandemie ermöglicht, das Datum 24. Mai 2019. Das ist allerdings keineswegs ein Hinweis darauf, dass die Pandemie schon 2019 geplant wurde. Sondern: Der Abschnitt wurde im Nachhinein beschlossen und ergänzt, wie der #Faktenfuchs bereits erklärt hat.

Fazit

Mit zwei Infografiken wollte das Bundesfinanzministerium eigentlich die staatlichen Finanzhilfen für Unternehmen erklären, die durch die Corona-Pandemie Umsatz einbüßen mussten. Doch manche Internetnutzer - unter anderem die Gruppe “Querdenken 711” - interpretierten die Grafiken falsch und präsentierten sie als vermeintlichen Hinweis darauf, dass ein Lockdown bis Juni 2021 geplant sei. Das Finanzministerium bezog sich mit der Formulierung “Schließung Januar bis Juni 2021” jedoch nicht auf eine Lockdown-bedingte Schließung, sondern auf Umsatzeinbußen - und geht davon aus, dass die Wirtschaft auch nach dem Lockdown noch Unterstützung brauchen wird.

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