Razzia gegen die "Reichsbürgerszene"
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Eine Person wird von Polizisten im Rahmen einer Razzia gegen die "Reichsbürgerszene" aus einem Hubschrauber gebracht.

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Nach der Reichsbürger-Razzia: Was sagt das Ausland?

Die Reichsbürger-Razzia in Deutschland hat im Ausland für ganz erhebliches Aufsehen gesorgt. Medial, aber auch politisch. Unter anderem in Österreich wurden die Ermittlungen äußerst aufmerksam verfolgt. Ein Überblick.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Es ist eine Mischung aus Verwunderung über die "bunt zusammengewürfelte Gruppe" der mutmaßlichen Rechtsterroristen und Besorgnis über die Staatsstreichpläne der Festgenommenen, die die Reaktionen in ausländischen Medien prägen. Hintergrund ist der große Anti-Terror-Einsatz in der "Reichsbürgerszene". Die Verdächtigen sollen Umsturzpläne gehegt haben.

Es sei ein Fall, in dem sich deutsche Geschichte mit amerikanischen "QAnon"-Verschwörungstheorien und rechtsextremer Politik miteinander verwoben hätten, analysiert die "Irish Times". Und weiter: Den "Weckruf" für Deutschland müsse man ernst nehmen, in einem Land mit einer "dunklen Vergangenheit" und "jüngster Extremismus-Problemen im eigenen Militär".

"Ernste terroristische Bedrohung"

Es handele sich um eine "ernste terroristische Bedrohung", die von den Verhafteten ausgegangen sei, schreibt die "New York Times". Dies stehe fest, nachdem die deutschen Behörden zu dem Ergebnis gekommen seien, dass die angeblich "obskure Gruppe" die Regierung habe stürzen und den Bundeskanzler töten wollen. Die sogenannten Reichsbürger hätten mit Beginn der Corona-Pandemie erheblichen Aufwind erhalten. Sie hätten wesentlich zur Verbreitung der "gewalttätigen und antisemitischen Verschwörungstheorien" beigetragen, vor allem der "QAnon"-Ideologie.

Danach würde es einen "tiefen Staat" geben, gelenkt von einer globalen Elite, die die eigentlichen Entscheidungen treffen würde. Diese Mythologie und Sprache der sogenannten "QAnon"-Anhänger würden "uralte antisemitische Redewendungen" und Putsch-Träume heraufbeschwören, die "Deutschlands rechtsextremen Rand seit jeher beleben". Wie "QAnon" hätten die sogenannten Reichsbürger die Pandemie benutzt, um eine "ideologisch nicht stringente Mixtur" anzurühren, bestehend aus Impfgegnern, Querdenkern und normalen Bundesbürgern, die die Corona-Maßnahmen der Regierung als übertrieben und unzulässig betrachteten.

Österreich und die deutschen Reichsbürger

Österreichs Politik und Medien verfolgen die Ermittlungen der deutschen Behörden äußerst aufmerksam, zumal auch in Kitzbühel auf Ansuchen der Bundesanwaltschaft ein deutscher Staatsbürger festgenommen worden ist. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) sprach anschließend von einem "erfolgreichen Schlag gegen die verfassungsfeindliche, demokratiezersetzende und rechtsextreme Reichsbürgerszene in Deutschland und Österreich". Seinen Angaben zufolge gab es Ende 2021 in Österreich rund 3.800 "namentlich bekannte Personen", die sich der sogenannten "Staatsverweigerer-Szene" zurechnen würden.

Die österreichische "Die Presse" titelte "Die unterschätzte Gefahr", denn auch in Österreich radikalisiere sich diese Gruppierung. Es gebe ideologische Verbindungen zwischen den Reichsbürgern und den sogenannten Staatsverweigerern, wie die Zeitung einen Experten der Universität Krems zitiert. Das Schema sei das Gleiche, "nämlich das Monopol des Staates als legitime Gewaltsamkeit nicht anzuerkennen, also den Staat und all seine Organe zu delegitimieren".

Österreichische Medien weisen zudem darauf hin, dass es bereits vor der Corona-Pandemie zur Bildung einer Staatsverweigerer-Gruppe gekommen war: 2015 hatte sich ein sogenannter "Staatenbund Österreich" gegründet. Die Anführerin, die vormals in der rechtspopulistischen FPÖ aktiv gewesen sei, wurde im Frühjahr 2017 im Zuge einer landesweiten Razzia zusammen mit 26 weiteren Verdächtigen festgenommen und drei Jahre später wegen der Gründung einer staatsfeindlichen Organisation sowie versuchten Hochverrats zu einer Haftstrafe von zwölf Jahren verurteilt.

Deutsche "am Rande eines Nervenzusammenbruchs"

Vor Übertreibungen warnt die europäische Ausgabe des Politmagazins "Politico": Der Fall erinnere inzwischen eher an eine "Monty Python Folge", als an eine Fortsetzung des jahrzehntealten Polit-Thriller "Der Schakal", frotzelt die renommierte Publikation unter Anspielung auf die betagte britische Komikertruppe sowie den Kinofilm über einen fiktiven Attentatsversuch auf Frankreichs Präsidenten de Gaulle. Obgleich es keinen Zweifel daran gebe, dass eine Gruppe, die "ein Prinz Heinrich" versammelt habe, in der Lage gewesen sein könnte, Menschen zu töten, sei die Vorstellung "absurd", dass die Festgenommenen "die Stabilität des wohlhabendsten EU-Landes" hätten gefährden können.

Es sei nicht nachvollziehbar, wie "diese bunt zusammengewürfelte Gruppe" die Institutionen eines Staates von mehr als 80 Millionen Menschen hätte übernehmen können. Das Fazit von "Politico": Die Deutschen befänden sich "am Rande eines Nervenzusammenbruchs". Dass so viele Menschen in Deutschland ernsthaft glauben würden, die "merkwürdigen Umstürzler" könnten einen Staatsstreich auslösen, lasse auf die gegenwärtig angespannte Gemütslage des Landes schließen.

"Kontrovers"-Video vom 8.12.2022 zur Reichsbürger-Razzia

Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwochmorgen (7.12.) mehrere Menschen aus der sogenannten "Reichsbürgerszene" im Zuge einer Razzia festnehmen lassen.
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Die Bundesanwaltschaft hat am Mittwochmorgen mehrere Menschen aus der sogenannten "Reichsbürgerszene" im Zuge einer Razzia festnehmen lassen.

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