Gesundheitsminister Karl Lauterbach
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Geplante Lauterbach-Entführung: Weitere Razzien - auch in Bayern

Eine Gruppe soll geplant haben, Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach zu entführen und Infrastruktur zu beschädigen. Nun wurde unter anderem ein Oberbayer festgenommen, der wohl Waffen für die Entführung kaufen wollte. Was bislang bekannt ist.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Sprengstoffanschläge auf die Stromversorgung und die Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) - das sollen die Pläne einer Gruppe mutmaßlicher Reichsbürger gewesen sein. In diesem Zusammenhang sind am Dienstag mehrere Menschen festgenommen worden.

Lauterbach: "Verdanke Ermittlern wahrscheinlich mein Leben"

Landeskriminalämter und Generalstaatsanwaltschaften in Rheinland-Pfalz, Nordrhein-Westfalen, Thüringen, Hessen, Bayern und Baden-Württemberg berichteten über Razzien. Den Angaben zufolge sind fünf Menschen festgenommen worden, die entweder Mitglieder oder Unterstützer der Gruppe gewesen sein sollen.

Lauterbach bedankte sich nach Bekanntwerden der Durchsuchungen und Festnahmen auf X (früher Twitter) bei den Ermittlern, denen er wahrscheinlich "sein Leben verdanke". Darüber hinaus kommentierte er die aktuelle Entwicklung nicht. "Dazu möchte ich mich nicht weiter äußern. Die Ermittlungen laufen noch", sagte er auf Anfrage von BR24.

Oberbayer soll bereit gewesen sein, Schusswaffen zu besorgen

Die Generalstaatsanwaltschaft München teilte mit, ein Beschuldigter sei in Wolfratshausen festgenommen worden. Er soll bereit gewesen sein, sich an der geplanten Entführung von Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) zu beteiligen und dafür in Kroatien Schusswaffen zu besorgen. Er wurde den Informationen zufolge am Morgen in Wolfratshausen festgenommen, als er das Gebäude verlassen wollte, in dem er wohnte. Gegen den 41-Jährigen, der ursprünglich aus München stammt, aber bei Bekannten untergekommen ist, bestehe der Tatvorwurf "Unterstützung einer kriminellen Vereinigung".

Rund 20 Beamte seien im Einsatz gewesen, darunter Spezialkräfte des Unterstützungskommandos der bayerischen Polizei. Scharfe Schusswaffen wurden bei der Durchsuchung in Wolfratshausen nicht gefunden. Das erklärte der Sprecher der Generalstaatsanwaltschaft München, Sebastian Murer, im Interview mit BR24. Bei der Durchsuchung der Wohnung habe es keine "besonderen Vorkommnisse" gegeben. Das Handy des Mannes sei sichergestellt worden. Murer betonte, dass der Beschuldigte noch nicht zur Tat angesetzt habe.

Der 41-Jährige ist laut Murer polizeibekannt. Wegen eines Verstoßes gegen das Waffengesetz sei er zu einer "mittleren, eher geringen" Geldstrafe verurteilt worden. "Ansonsten ist er nicht näher strafrechtlich in Erscheinung getreten, beziehungsweise hat keine größeren Vorverurteilungen." Berichte, wonach der Festgenommene wegen Volksverhetzung auffällig geworden sei, konnte der Sprecher nicht bestätigen. Der Beschuldigte wird nun dem Ermittlungsrichter beim Oberlandesgericht vorgeführt. Dieser werde entscheiden, ob der 41-Jährige in U-Haft komme oder der Haftbefehl gegen Auflagen außer Vollzug gesetzt werde, so Murer.

BR24live: Generalstaatsanwaltschaft äußert sich nach Razzien wegen geplanter Lauterbach-Entführung

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BR24live: Generalstaatsanwaltschaft äußert sich nach Razzien wegen geplanter Lauterbach-Entführung

Rheinland-Pfalz: Frau erstellte Anleitung zur Sprengstoff-Herstellung

In Rheinland-Pfalz wurden den Angaben zufolge ein 52 Jahre alter Mann und eine 32-jährige Frau festgenommen. Der Mann steht unter Verdacht, Hochspannungsleitungen ausgekundschaftet zu haben. Die Frau soll mehrere Chatgruppen betrieben haben, in denen weitere Unterstützer angeworben werden sollten. Außerdem soll sie ein Dokument mit Anleitungen erstellt haben, wie man Sprengstoff herstellt. Beide sollen noch am Dienstag der Ermittlungsrichterin des Oberlandesgerichts Koblenz vorgeführt werden.

Zudem ermitteln die Generalstaatsanwaltschaft Koblenz und das Landeskriminalamt (LKA) Rheinland-Pfalz gegen eine 53-Jährige, die von den Plänen gewusst, sie aber nicht angezeigt haben soll.

In Nordrhein-Westfalen wurde nach Angaben der Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf ein 49-Jähriger festgenommen, dem eine "regionale Führungsrolle" in der Gruppe zugedacht gewesen sei - entweder bei den mutmaßlich geplanten Anschlägen auf die Energieversorgung oder bei einer womöglich später geplanten konstituierenden Sitzung einer neuen "Regierung".

Hessen: Gruppe wollte "Schulterschluss" mit Russland

Wie die Generalstaatsanwaltschaft in Frankfurt am Main und das hessische LKA mitteilten, wurde in Hessen ein 61-Jähriger festgenommen. Er soll an Treffen der Gruppe teilgenommen und sich dazu bereiterklärt haben, an der mutmaßlich geplanten Entführung Lauterbachs mitzuarbeiten. Zusätzlich soll er seine Garage als Zwischenlager für Waffen angeboten haben. Zudem sei er als Teil einer Delegation vorgesehen gewesen, die nach dem geplanten gewaltsamen Umsturz mit einem Schiff über die Ostsee in russische Küstengewässer habe fahren sollen.

Die Vorstellung der Gruppe sei gewesen, mit staatlichen russischen Stellen über einen "Schulterschluss" zu verhandeln und sich militärische Ausrüstung zu beschaffen. Bei der Untersuchung der Wohnung des 61-Jährigen seien unter anderem eine Armbrust und eine Luftdruckwaffe beschlagnahmt worden.

Baden-Württemberg: Wohnungen von IT- und Technik-Kennern durchsucht

In Thüringen wurde die Wohnung eines Beschuldigten durchsucht, der die Gruppe unterstützt haben soll. In Baden-Württemberg wurden zwei Wohnungen durchsucht. Einer der dortigen Beschuldigten soll der Vereinigung einen Server zur Verfügung gestellt haben, um konspirative Kommunikation zu ermöglichen. Zudem soll er sich laut der Generalstaatsanwaltschaft Stuttgart an der Verwaltung einer geschlossenen Chatgruppe beteiligt haben.

Der zweite Mann soll in Chatgruppen seine Zustimmung zu den Umsturzplänen geäußert haben. Bei zwei Treffen soll er Gruppenmitglieder in ihren Plänen bestärkt haben, Umspannwerke zu sabotieren. Zudem habe er ihnen gezeigt, wie Funkgeräte zu bedienen sind.

Einige mutmaßliche Mitglieder der Gruppe bereits vor Gericht

In Koblenz stehen bereits seit Mai fünf mutmaßliche Mitglieder der Gruppe vor dem rheinland-pfälzischen Oberlandesgericht.

Der Generalbundesanwalt wirft ihnen die Gründung einer Terror-Organisation und die Vorbereitung einer schweren staatsgefährdenden Gewalttat vor. Ihr Plan soll es gewesen sein, bürgerkriegsähnliche Zustände in Deutschland auszulösen, um die Demokratie zu beseitigen. Nach Sprengstoffanschlägen auf die Stromversorgung mit wochenlangen Stromausfällen als Folge habe Gesundheitsminister Karl Lauterbach entführt werden sollen. Das dadurch entstehende Chaos habe die Gruppe nutzen wollen, um die Regierung abzusetzen und eine "Führungsperson" zu installieren. Den Tod von Menschen bei ihren Aktionen sollen die Angeklagten in Kauf genommen haben.

"Reichsbürger" sind Menschen, die die Bundesrepublik und ihre demokratischen Strukturen nicht anerkennen. Der Verfassungsschutz rechnete der Szene der "Reichsbürger" und "Selbstverwalter" 2022 deutschlandweit etwa 23.000 Menschen zu, 2.000 mehr als im Vorjahr.

Mit Informationen von AFP und dpa

Im Video: "Vereinte Patrioten" - Razzien und fünf Festnahmen

Die "Vereinten Patrioten" wollten Gesundheitsminister Lauterbach entführen und einen Umsturz in Deutschland anzetteln. Heute gab es Razzien und Festnahmen - auch in Bayern.
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Die "Vereinten Patrioten" wollten unter anderem einen Umsturz in Deutschland anzetteln. Heute gab es Razzien und Festnahmen - auch in Bayern.

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