"Freie und unabhängige Medien sind in einer Demokratie unverzichtbar. Sie sichern Pluralität und Vielfalt", so steht es im Koalitionsvertrag, auf den sich SPD, Grüne und FDP verständigt haben. Die Ampel bekennt sich klar zum Wert des Journalismus für die Gesellschaft. Die drei Parteien wollen sogar "eine breite gesellschaftliche Debatte über den Wert freier Medien für die Demokratie" anstoßen.
"Wir setzen uns für die Sicherheit von Journalisten ein"
Die Arbeitsbedingungen von Journalisten und Journalistinnen sind in den letzten Jahren schwieriger geworden. Zuletzt häuften sich die Fälle, in denen sie bei ihrer Arbeit behindert oder sogar körperlich angegriffen wurden. Deswegen freut sich die deutsche JournalistInnen und Journalisten Union dju besonders über einen Satz im Koalitionsvertrag: "Wir setzen uns für die Sicherheit von Journalistinnen und Journalisten ein."
Die dju-Bundesvorsitzende Tina Groll beobachtete gerade in der Corona-Krise, "dass Journalistinnen und Journalisten bei ihrer Arbeit behindert werden, sei es bei Demonstrationen von Querdenkenden oder von sonstigen Menschen, die irgendwie dem rechten Rand entlaufen sind", sagte sie BR24.
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Auskunftsrecht gegenüber Bundesbehörden wird eingeführt
Doch auch die Behörden können Journalisten die Arbeit erschweren. Der Deutsche Journalistenverband DJV wirft speziell dem Bundesgesundheitsministerium und dem Bundeswirtschaftsministerium vor, "Auskunftsverlangen der Presse nur noch stark verzögert oder gar nicht mehr beantwortet" zu haben.
Jahrelang hätten DJV und dju sich für ein solches Auskunftsrecht gegenüber Bundesbehörden eingesetzt, seien aber am Widerstand der CDU-geführten Regierungen gescheitert, sagt Groll von der dju.
Nun steht im Koalitionsvertrag: "Wir schaffen eine gesetzliche Grundlage für den Auskunftsanspruch gegenüber Bundesbehörden." Die beiden Gewerkschaften begrüßen dies ausdrücklich. Groll erhofft sich, dass der Auskunftsanspruch es "einfacher machen wird, kritische Recherchen auf den Weg zu bringen und vielleicht auch schneller voranzutreiben".
Non-Profit-Journalismus wird als gemeinnützig anerkannt
Ein weiteres Thema, über das in der Medienpolitik jahrelang gestritten wurde, räumt die Ampel-Koalition ebenfalls ab. Sie will Rechtssicherheit für gemeinnützigen Journalismus schaffen. Das stärkt Redaktionen, die nicht-gewinnorientiert arbeiten. Sie sollen in der Abgabenordnung als gemeinnützig anerkannt werden. Wer sie finanziell unterstützt, kann also künftig eine Spendenquittung bekommen.
David Schraven, Geschäftsführer des Recherchezentrums Correctiv, hat mit der Initiative Nonprofitjournalismus jahrelang für den gemeinnützigen Journalismus gekämpft. Er glaubt, dass die Medienvielfalt in Deutschland davon profitieren werde, gerade in Bereichen, in denen es keine Medienvielfalt mehr gebe: "Da, wo Zeitungen verschwinden, wo Städte oder Dörfer ohne Lokalmedien sind: Da werden Lücken gefüllt durch neue journalistische Angebote, die auf jeden Fall dazu beitragen, die Demokratie vor Ort zu stabilisieren", sagte Schraven im Gespräch mit BR24.
Wird aus der Presseförderung eine Medienförderung?
Eine andere Möglichkeit, Journalismus in der Fläche aufrechtzuerhalten, sind staatliche Subventionen für Lokalzeitungen. Die Große Koalition hatte eine Presseförderung von 220 Millionen Euro geplant, wegen rechtlicher Bedenken aber wieder verworfen. Speziell Anbieter digitaler Medien hatten sich gegen die auf die Presse beschränkte Förderung ausgesprochen und eine Wettbewerbsverzerrung beklagt.
Die Ampel will das Thema "flächendeckende Versorgung mit periodischen Presseerzeugnissen" nun nochmal angehen und Fördermöglichkeiten prüfen. Genauer wird es im Koalitionsvertrag nicht.
"Förderung muss mit dem Wettbewerb vereinbar sein"
Annika Sehl, Professorin für digitalen Journalismus an der Universität der Bundeswehr München, macht im Gespräch mit BR24 konkrete Vorschläge, wie eine weiter gefasste Medienförderung künftig aussehen könnte, die nicht nur die Presse, sondern auch digitale Medienanbieter umfasst: "Ganz wesentlich ist aus meiner Sicht, dass eine solche Förderung staatsfern organisiert ist, beispielsweise durch gesellschaftlich repräsentative und pluralistisch besetzte Gremien."
Außerdem müsse die Förderung mit dem Wettbewerb vereinbar sein. Denkbar seien zum Beispiel Gelder für Aus- und Weiterbildung im Innovationsbereich, die Unterstützung von Kooperationen verschiedener Akteure, aber auch eine projektbezogene Förderung.
Roth wird Staatsministerin für Kultur und Medien
Die Krux bei jedem Koalitionsvertrag: Es handelt sich um Ankündigungen. Deswegen will sich die dju dafür einsetzen, dass "die vielen Absichtserklärungen, die nun im Koalitionsvertrag stehen, auch tatsächlich in echte Gesetze fließen", sagt Groll.
Es gibt auch eine Stelle, bei der Groll nachhaken kann: Neue Staatsministerin für Kultur und Medien im Bundeskanzleramt wird die Grünen-Politikerin Claudia Roth aus Augsburg.
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