Eine Ampel zeigt am frühen Morgen die Farben rot, gelb und grün
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Ampel, Jamaika, Kenia – mögliche Koalitionen nach der Wahl

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Koalitionen nach der Wahl: Das sind die Optionen

Bis in die Morgenstunden wurde ausgezählt, jetzt ist klar: Es gibt mehrere Koalitionsoptionen, wahrscheinlich ist ein Dreierbündnis. Doch nicht alles, was möglich ist, ist auch wahrscheinlich. Und die Wähler haben ihren eigenen Favoriten.

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Über dieses Thema berichtet: BR24live am .

Die SPD will regieren, CDU und CSU auch, die Grünen sehen genauso wie die FDP einen Regierungsauftrag. Wenn Politiker nach der Wahl dieselben Sätze sagen wie vor der Wahl, zeigt das: Es ist knapp, es wird kompliziert und es gibt mehr als eine Option. Dem vorläufigen amtlichen Endergebnis zufolge hätten drei Koalitionen eine absolute Mehrheit im Bundestag: Ampel (416 Sitze), Jamaika (406 Sitze) und GroKo (402 Sitze). Aber nicht alles, was möglich ist, ist wahrscheinlich. Eine Übersicht über die Koalitionsoptionen.

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Wie wahrscheinlich ist die "Ampel" – SPD, Grüne, FDP?

Der Wahlsieger SPD und die drittplatzierten Grünen hätten in diesem Bündnis die meisten inhaltlichen Überschneidungen. Aber früherer Kohleausstieg – bisher gilt das Datum 2038 - kommt auch für SPD-Kanzlerkandidat Olaf Scholz nicht infrage. Die FDP würde dieses Bündnis Überwindung kosten. Parteichef Christian Lindner sagt, er stehe für eine "Linksverschiebung der Politik" nicht zur Verfügung. Die rote Linie, die er bereits zuvor gezogen hatte, waren höhere Steuern. Zugleich räumt der Liberalen-Chef ein, dass die nächste Regierung "sehr viel ökologischer" sein werde, "man muss ja das Ergebnis der Grünen zur Kenntnis nehmen". Grünen-Chefin Annalena Baerbock legt sich gestern Abend nicht fest. Sie spricht ganz grundsätzlich vom Anspruch der Grünen, ein besseres Regierungsprogramm zu formulieren und für eine Erneuerung im Land zu sorgen.

Fazit: Lindner verweist darauf, dass in Rheinland-Pfalz seine Partei mit SPD und Grünen regiert. Aber dass er eine Ampel für den Bund will, heiße das noch lange nicht. Wahrscheinlich ist, dass sich die FDP dieses Bündnis teuer bezahlen lassen würde. Könnte bedeuten, dass die FDP den Posten des Bundesfinanzministers für Christian Lindner haben will. 46 Prozent der Wähler halten die Ampel für eine schlechte Lösung, aber 23 Prozent halten sie für gut, das ist mehr als bei Jamaika.

Wie wahrscheinlich ist "Jamaika" – Schwarz-Grün-Gelb?

Klar ist: CDU und CSU setzen auf dieses Bündnis. CDU-Generalsekretär Paul Ziemiak fordert schon nach den ersten schlechten Prognosen für die Union "Jamaika". "Unter Führung der Union", schiebt Unions-Kanzlerkandidat Armin Laschet nach. Unterstützung dafür auch von CSU-Chef Markus Söder: "Meiner Meinung nach ist das eher eine Zusage für ein bürgerliches Bündnis" und "Wir wollen regieren!"

Die FDP sieht mit der Union die meisten Überschneidungen. FDP-Chef Christian Lindner hatte im Wahlkampfabschluss offen gesagt, das sei seine Wunschkoalition. Schwierig wird die Sache aber wohl für die Grünen: Denn Union und FDP könnten dafür sorgen, dass die Grünen ihre Klimaschutz-Pläne nicht wirklich umsetzen könnten. Früherer Kohleausstieg, keine Neuzulassungen für Verbrenner, alles schwer mit Union und der FDP zu machen. Auch die Vermögensteuer dürfte kaum drin sein.

Allerdings sagt Baerbock am Abend: Klimaschutz sei eine Generationengerechtigkeitsfrage. Sie spielt damit auf den Beschluss des Bundesverfassungsgerichts an, das die Bundesregierung zu schnellerem Handeln verpflichtet. Das gilt auch für Union und FDP. Lindner betont in der "Berliner Runde": Man würde bei Verhandlungen "fairer" mit den Grünen umgehen, als mit der FDP im ersten Jamaika-Anlauf umgegangen worden sei. Damals ließ Lindner die Verhandlungen platzen. Heute sagt er, weil zu wenig Inhalte der FDP berücksichtigt wurden.

Fazit: Für Union und FDP: Wunschoption! Für die Grünen eine Notfalllösung, da sie ihren Wählern schwer zu vermitteln wäre. Mögliche Brücke: "Besser eine Chance auf mehr Klimaschutz als weiter wie bisher" – also nicht ausgeschlossen. Aber Jamaika ist auch bei den Wählern nicht besonders gut gelitten: 49 Prozent halten diese Koalition für "nicht gut", nur 20 für gut – damit ist sie laut infratest dimap die unbeliebteste Koalitionsoption.

Wie wahrscheinlich ist GroKo reloaded – SPD und Union?

Nach drei Großen Koalitionen unter Merkel, mit einer Union/FDP-Unterbrechung von 2013 bis 2017, sind die meisten Unions- und SPD-Politiker GroKo-müde. Vor allem die SPD wollte schon 2017 lieber in die Opposition, als noch einen neuen Anlauf zu starten. Um Neuwahlen zu verhindern, hat sie dann doch mitgemacht. Allerdings hat die GroKo Vorteile für die Beteiligten: SPD und Union kennen sich als Koalitionspartner ziemlich gut und es gibt programmatisch kaum unüberwindbaren Hürden. Zudem müsste nicht eine der beiden Parteien in die Opposition. Die ist mit enormen Risiken und finanziellen Einbußen verbunden. Es gilt: Wer in der Opposition ist, kommt möglicherweise nicht mehr so schnell raus.

Fazit: Ganz ausgeschlossen ist der GroKo-Neuanlauf nicht. Es könnte wieder bemüht werden, wenn sich Grüne und FDP bei den Verhandlungen zu sehr verhaken und ein Bündnis mit ihrer Beteiligung platzen sollte. Zudem ist die GroKo bei den Wählern noch die beliebteste Variante: Zwar halten sie 46 Prozent für nicht gut, aber 29 Prozent sehen in ihr eine gute Regierungskoalition.

Wie wahrscheinlich ist Rot-Grün-Rot?

Für eine aus Koalition aus SPD, Grünen und den Linken reicht es nicht. Inhaltlich wäre es ohnehin schwierig geworden, vor allem wegen der Außenpolitik: Die Linke steht dem Militärbündnis NATO und Bundeswehreinsätzen ablehnend gegenüber. In der Sozialpolitik, bei der Rente und auch in der Steuerpolitik hingegen hätte es Gemeinsamkeiten der drei Parteien gegeben.

Wie lange wird das nun dauern?

Man kann davon ausgehen, dass eine Koalitionsbildung nicht schnell gelingt. Nach der Wahl im Herbst 2017 stand die Große Koalition, das Kabinett Merkel IV, erst am 14. März im darauffolgenden Jahr. In der "Berliner Runde" gestern Abend betonen alle Beteiligten aber, man habe daraus gelernt. Sowohl Scholz als auch Laschet geben die Marschroute "vor Weihnachten" aus. Bis dahin soll eine neue Regierung stehen. FDP-Chef Lindner schlägt den Grünen vor, sich schon vorab zusammenzusetzen, die inhaltlichen Überschneidungen und Brücken auszuloten. Das könnte helfen und trifft bei der Grünen-Spitze auf Zustimmung. Ein Problem bleibt, das Grünen-Co-Chef Habeck in der ARD so beschreibt: "Es gibt kein klares Wählervotum, was die nächste Regierung eigentlich machen soll." Das müssen nun die Parteien ausfrickeln. Klar ist, einfach wird das nicht.

Grafik: Die weiteren Schritte bis zur Koalition

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Die weiteren Etappen bis zur Koalition

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