Die Oberflächentemperatur der Ozeane hat neue Rekordwerte erreicht.
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Messdaten: Weltmeere so warm wie noch nie

Die Oberflächentemperatur der Ozeane hat neue Rekordwerte erreicht. Im globalen Mittel liegt sie nach vorläufigen Daten einer US-Plattform nun schon seit rund zwei Wochen bei 21,1 Grad – ein Wert, den es in den vergangenen 40 Jahren noch nie gab.

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Der Ozean ist ein gewaltiger Wärmepuffer, der einen Großteil der Wärme schluckt, den der menschengemachte Klimawandel verursacht. Die nun erreichten Temperaturen sind beispiellos – und werden Folgen haben.

Rekordtemperaturen seit März

Nach vorläufigen Daten der US-Plattform "Climate Reanalyzer" liegt die Oberflächentemperatur im globalen Mittel schon seit rund zwei Wochen bei 21,1 Grad. Dieser Wert ist in den rund 40 Jahren Aufzeichnung bis 2022 niemals erreicht worden.

Außerordentlich warm sind die Ozeane nun schon seit fast einem halben Jahr, seit März weist die Oberfläche der Meere global Rekordtemperaturen für den jeweiligen Monat auf. Anfang April hatten die Temperaturen schon einmal mehrere Tage bei 21,1 Grad und damit so hoch wie nie seit Beginn der Auswertung gelegen. Davor war ein Rekord von 21 Grad im März 2016 und erneut Ende März 2023 erfasst.

Menschengemachte Treibhausgase als Hauptgrund

Als Hauptgrund für den Anstieg gelten die menschengemachten Treibhausgase. Über 90 Prozent der durch sie entstehenden Wärme wird Experten zufolge von den Ozeanen aufgenommen. So winzig sich dabei Veränderungen um Zehntel Grad anhören mögen: Dahinter steckt die Erwärmung unfassbar großer Wassermassen, wie Anders Levermann vom Potsdam-Institut für Klimafolgenforschung (PIK) erklärt. Ein Liter Wasser könne dreitausendmal mehr Wärme aufnehmen als ein Liter Luft.

Im Jahresverlauf zeigen sich bei der globalen Ozeantemperatur zwei Gipfel: einer im März zum auslaufenden Südsommer und einer im August, wenn der Sommer im Norden sich dem Ende zuneigt. "Der Süden hat viel mehr Ozean, darum dominiert sein Sommereffekt üblicherweise", erklärt Levermann. Dass es diesmal im August so hohe Werte gibt, liegt demnach an der seit Monaten beispiellosen Hitze im Nordatlantik.

Am 1. August etwa sei das Wasser dort im Mittel der vergangenen Jahrzehnte 23,6 Grad warm gewesen – am 1. August 2023 aber 25,0 Grad, also fast eineinhalb Grad mehr. "Das ist wuchtig." Das Klimaphänomen El Niño spiele dabei derzeit noch keine große direkte Rolle. "Das baut sich gerade erst auf."

Fatale Entwicklung für Ökosysteme

Für die Ökosysteme im Meer sei die Entwicklung fatal. "Sie sind Stabilität gewohnt, viel mehr noch als Lebensräume an Land." Entsprechend empfindlich reagierten viele von ihnen, sagt der PIK-Forscher. Folgen habe das wiederum für die Fischerei. "Es gibt unzählige Nahrungsketten und -netzwerke, die wir damit durcheinanderbringen."

Die zusätzliche Strömungsänderung im Nordatlantik bringe zudem wie auch der El Niño mehr Wärme in die Atmosphäre – mit einem weiter steigenden Risiko für Extremwetter-Ereignisse als Folge, wie Levermann erklärt. Die Erwärmung bringe mehr Bewegung ins System, das eigentlich kreisrund um die Erde reichende Jetstream-System beginne sich auszubeulen – was wiederum Hitzewellen oder Starkregen verursache.

Besorgniserregende Prognosen

Laut einer Anfang des Jahres vorgestellten Studie hat sich die Geschwindigkeit, mit der sich die Meere erwärmen, seit den späten 1980er Jahren mindestens verdreifacht. Die Wärmemenge in Meeresschichten bis zu einer Tiefe von 2000 Metern erreichte 2022 einen Höchststand, wie das Forschungsteam im Fachjournal "Advances in Atmospheric Sciences" berichtete. 2023 dürfte neue Rekordwerte bringen.

"Solange wir keine Klimaneutralität erreichen, wird sich der Trend des Aufheizens fortsetzen, und wir werden jedes Jahr neue Wärmerekorde in den Ozeanen messen", sagte Mitautor Michael Mann von der Universität von Pennsylvania.

Aufgrund der Wärmespeicherung im Ozean hat auch das Klimasystem ein langes Gedächtnis, betont Levermann. "Wir müssen aufhören, Gas, Öl und vor allem Kohle zu verbrennen, denn die Temperaturen in der Atmosphäre werden lange nicht heruntergehen, lange, nachdem wir aufgehört haben, CO2 zu emittieren."

Mit Informationen von dpa

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