Ein Landwirt bringt mit seinem Traktor und einer großen Pflanzenschutzspritze ein Pflanzenschutzmittel auf das Feld aus (Symbolbild)
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Ein Landwirt bringt mit seinem Traktor und einer großen Pflanzenschutzspritze ein Pflanzenschutzmittel auf das Feld aus (Symbolbild)

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Keine Mehrheit unter EU-Ländern für Neuzulassung von Glyphosat

Für die Zulassungsverlängerung des Unkrautvernichters Glyphosat gibt es unter den EU-Ländern vorerst keine Mehrheit - weder für noch gegen den Einsatz des Mittels für weitere zehn Jahre. Im November soll es einen erneuten Anlauf geben.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 3-Nachrichten am .

Die Europäische Kommission hat zunächst keine ausreichende Zustimmung der EU-Länder für eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters Glyphosat für weitere zehn Jahre bekommen. Bei einer Abstimmung von Vertretern der EU-Staaten gab es am Freitag keine qualifizierte Mehrheit dafür, dass das umstrittene Mittel bis Ende 2033 eingesetzt werden darf. Die Kommission hatte im September einen entsprechenden Vorschlag veröffentlicht. Auch gegen eine Verlängerung gab es keine qualifizierte Mehrheit.

Für eine qualifizierte Mehrheit wird die Zustimmung von mindestens 55 Prozent der EU-Staaten gebraucht, die gleichzeitig mindestens 65 Prozent der EU-Bevölkerung repräsentieren.

Streit über mögliche Gesundheitsgefahren

Kritiker und Befürworter streiten unter anderem darüber, ob Glyphosat krebserregend sein könnte. Zudem stehen Gefahren für die Umwelt im Raum. Eine aufwendige Untersuchung der Europäischen Behörde für Lebensmittelsicherheit (EFSA) hatte jüngst keine inakzeptablen Gefahren gesehen, aber auf Datenlücken in mehreren Bereichen hingewiesen.

Zu den Aspekten, die nicht abschließend geklärt wurden, gehören laut der EFSA etwa ernährungsbedingte Risiken für Verbraucher und die Bewertung der Risiken für Wasserpflanzen. Auch mit Blick auf den Artenschutz ließen die verfügbaren Informationen keine eindeutigen Schlussfolgerungen zu.

Glyphosat wird auch als Totalherbizid bezeichnet, es lässt Pflanzen absterben. Das Mittel wird vor allem in der Landwirtschaft eingesetzt, um ein Feld von Unkraut und Zwischenfrüchten zu befreien, bevor Nutzpflanzen ausgesät werden.

Die deutsche Position

Die Bundesregierung hat bislang keine geeinte Position. Bundesagrarminister Cem Özdemir (Grüne) sagte in Berlin mit Blick auf die Abstimmung, Deutschland enthalte sich, da in der Koalition die FDP für ein Ja und er für ein Nein eintrete. Zudem betonte er, bisher stehe auf EU-Ebene keine anerkannte wissenschaftliche Methode zur Verfügung, um die direkten und indirekten Auswirkungen auf die Artenvielfalt und das davon ausgehende Risiko zu bewerten.

FDP-Fraktionsvize Carina Konrad teilte mit, die Entscheidung über die Zulassung von Pflanzenschutzmitteln müsse, wie im Koalitionsvertrag vereinbart, wissenschaftlich fundiert und frei von politischen Stimmungen bleiben. Eine zukunftsfähige Landwirtschaft brauche angesichts globaler Krisen Handlungsspielräume statt Verbote ohne Alternativen. Im Koalitionsvertrag der Ampel-Parteien steht aber auch: "Wir nehmen Glyphosat bis Ende 2023 vom Markt."

Frankreich wollte zuletzt noch Änderungen an dem Text durchsetzen. Nach Ansicht der Regierung in Paris müsse Glyphosat verboten werden, wenn es Alternativen gebe, sagte der französische Landwirtschaftsminister Marc Fesneau. Neben Frankreich kündigten im Vorfeld auch Belgien und die Niederlande an, sich zu enthalten. Österreich und Luxemburg lehnen eine erneute Zulassung des Unkrautvernichters ab.

Berufungsausschuss diskutiert im November weiter

Derweil sieht Glyphosat-Hersteller Bayer viel Gutes. Das Leverkusener Unternehmen betonte am Freitag, dass sich eine - wenn auch zunächst nicht ausreichende - Mehrheit der EU-Staaten für eine erneute Zulassung ausgesprochen habe. Man bleibe zuversichtlich, dass sich im nächsten Schritt genügend Mitgliedsstaaten für weitere zehn Jahre Glyphosat aussprechen würden.

Jetzt wird im November über die Erneuerung der Zulassung in einem Berufungsausschuss weiter diskutiert. Änderungen an dem Vorschlag der Kommission sind möglich. Wenn sich im Berufungsausschuss weder eine qualifizierte Mehrheit für noch gegen den Vorschlag findet, kann die EU-Kommission eigenständig entscheiden.

Mit Informationen von dpa und AFP

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