Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Spahn warb mit dem Beispiel Israel für Booster-Impfungen.
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Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Spahn warb mit dem Beispiel Israel für Booster-Impfungen.

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Spahn bleibt bei Forderung: "Booster-Impfung für alle"

Der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) warb am Mittwoch erneut dafür, Booster-Impfungen für alle anzubieten. Auch ohne Stiko-Empfehlung müsse der Rahmen des Möglichen ausgeschöpft werden.

Die vierte Corona-Welle rollt nach den Worten des geschäftsführenden Gesundheitsministers Jens Spahn "mit voller Wucht". "Die Pandemie ist alles andere als vorbei", sagt der CDU-Politiker am Mittwoch auf der Bundespressekonferenz. Auch der Präsident des Robert-Koch-Instituts (RKI), Lothar Wieler, warnte: "Wenn wir jetzt nicht gegensteuern, wird die vierte Welle viel Leid bringen."

Spahn kritisiert langsames Booster-Impftempo

Spahn kritisierte das Tempo der Auffrisch-Impfungen in den Bundesländern. Obwohl bereits vor drei Monaten mit den Ländern vereinbart worden sei, dass zunächst Bewohnern in Pflegeeinrichtungen und allen über 60-Jährigen eine Booster-Impfung angeboten werden solle, habe es seither erst zwei Millionen Auffrisch-Impfungen gegeben. Die Länder sollten die Betroffenen informieren, wie dies Nordrhein-Westfalen und Berlin täten.

Spahn sagte weiter, die Länder hätten sich verpflichtet, Impfzentren im Stand-by-Modus zu lassen und sollten sie nun reaktivieren. Er werde auch mit Arztvertretern reden. "Zu viele Impfwillige finden derzeit keinen Arzt, der sie impft", sagt Spahn. Als Paradebeispiel einer gelungenen Auffrischimpfungs-Kampagne führte Spahn Israel an, das sich aus einer erneuten Corona-Welle "herausgeboostert" habe.

Spahn für Bund-Länder-Gipfel und gegen Impfpflicht für Pflegepersonal

Um die vierte Welle der Pandemie zu brechen, sprach Spahn sich außerdem für stärkere 3G-Kontrollen, sowie Testkonzepte in Alten- und Pflegeheimen auch für Geimpfte aus. Regionen mit hohen Infektionszahlen sollten zudem stärker auf die 2G-Option setzen.

Außerdem machte sich der geschäftsführende Bundesgesundheitsminister erneut auch für eine Bund-Länder-Spitzenrunde zum Corona-Vorgehen stark. Dies sei jetzt in der Phase des Übergangs bis zum Start der neuen Bundesregierung sinnvoll, um eine einheitliche Kommunikation und damit Akzeptanz zu erreichen.

Einer verpflichtenden Impfung für Personal in Gemeinschaftseinrichtungen wie Pflegeheimen erteilte Spahn eine Absage. Es gebe zwar seiner Meinung nach eine "moralische Pflicht" für das Personal, sich impfen zu lassen – aber er warne bei einer Impfpflicht vor einer Spaltung der Gesellschaft. Außerdem sorge er sich, dass gerade Pflegepersonal in Gegenden mit niedriger Impfquote sich dann nicht impfen lasse, sondern einfach den Job aufgebe.

  • Zum Artikel "Booster-Impfung: Wer braucht die dritte Spritze?"

Gassen und Mertens widersprachen Spahn

Spahn hatte bereits vor einigen Tagen Booster-Impfungen für alle gefordert. Die Ständige Impfkommission (Stiko) rät diese aktuell erst für Menschen ab 70. Daran fühlt sich auch die Kassenärztliche Bundesvereinigung gebunden. "Jetzt Booster-Impfungen wahllos für alle zu empfehlen, macht keinen Sinn", sagte KBV-Chef Andreas Gassen am Dienstag in Berlin. Die Kassenärzte hielten sich "sehr stringent" an die Stiko-Empfehlung.

Auch Stiko-Chef Thomas Mertens bekräftigte die Empfehlung für Auffrischungen ab 70. In dieser Altersgruppe steige das Risiko einer schweren Erkrankung nach einer Ansteckung, sagte er in Berlin. Die Stiko will aber in einigen Wochen entscheiden, ob sie doch noch Auffrischungsimpfungen für alle empfiehlt.

Spahn allerdings wiederholte auch am Mittwoch seine Forderung nach Booster-Impfungen für alle. Man müsse den Rahmen zwischen dem, was möglich und dem, was angeraten sei, ausschöpfen, so Spahn.

Sander fordert Auffrisch-Impfungen für Pflegepersonal

Neben Spahn und Wieler sprach auch der Impf-Experte Leif Erik Sander auf der Bundespressekonferenz. Er warb für eine breit angelegte Booster-Kampagne. Man müsse mit den Älteren starten, er gehe aber fest davon aus, dass bald auch eine Empfehlung der Stiko für jüngere Menschen komme, sagte der Leiter der Forschungsgruppe für Infektionsimmunologie und Impfstoff-Forschung der Berliner Charité. Es sei sehr wichtig, dass auch das Personal in Gemeinschaftseinrichtungen eine Auffrischungs-Impfung bekomme. "Wir sind in einer sehr kritischen Phase der Pandemie", sagt Sander mit Hinweis auf die steigende Belastung der Intensivstationen.

Mützenich wirft Spahn chaotische Amtsführung vor

Vor dem Hintergrund stark steigender Corona-Zahlen warf SPD-Fraktionschef Rolf Mützenich dem geschäftsführenden Gesundheitsminister Spahn eine chaotische Amtsführung vor. "Ausgerechnet jetzt stiftet Bundesgesundheitsminister Jens Spahn mehr Verwirrung, als dass er klärt", sagte Mützenich am Mittwoch der Deutschen Presse-Agentur in Berlin. "Erst die Forderung nach dem Auslaufen der epidemischen Lage, ohne auch nur den Hauch einer Überlegung, wie das für die Länder praktikabel gemacht werden kann - das haben wir im Parlament dann in die Hand genommen", sagte Mützenich.

Zunächst hatte Spahn für ein Ende der epidemischen Lage plädiert, die den Bundesländern als Rechtsgrundlage für Corona-Maßnahmen dient. Dann hatten SPD, Grüne und FDP angekündigt, dass den Ländern stattdessen ein Katalog an möglichen Einschränkungen offenstehen solle.

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