13.01.20: Mahmoud Farazandeh, Botschafter der Islamischen Republik Iran, beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue
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13.01.20: Mahmoud Farazandeh, Botschafter der Islamischen Republik Iran, beim Neujahrsempfang des Bundespräsidenten im Schloss Bellevue

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Gewalt gegen Demonstranten: Irans Botschafter einbestellt

Mehr Tote, viele Festnahmen: Wegen der massiven Gewalt von Sicherheitskräften gegen Demonstranten im Iran hat das Auswärtige Amt den Botschafter einbestellt. Iranische Prominente wie Ex-Bayern-Fußballspieler Karimi unterstützen die Proteste.

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Das Auswärtige Amt hat nach den gewaltsamen Attacken auf regimekritische Demonstrationen im Iran den Botschafter des Landes einbestellt. Das Gespräch werde an diesem Montagnachmittag stattfinden, teilte ein Sprecher des deutschen Außenministeriums in Berlin mit. Zudem betonte er, man werde auf EU-Ebene rasch über alle Optionen einer Reaktion beraten.

Zuvor hatte der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell im Namen der 27 Mitgliedsstaaten erklärt, der unverhältnismäßige Einsatz von Gewalt gegen gewaltlose Demonstranten im Iran sei nicht zu rechtfertigen und nicht hinnehmbar. Die EU drohte vage mit möglichen Sanktionen gegen den Iran.

Nach Tod einer 22-Jährigen: Proteste gegen Regime

Am Wochenende demonstrierten dort erneut Tausende Menschen gegen das islamische Herrschaftssystem und die systematische Diskriminierung von Frauen. Auslöser ist der Tod der 22 Jahre alten Iranerin Mahsa Amini, die von der Sittenpolizei wegen eines Verstoßes gegen die strenge islamische Kleiderordnung festgenommen worden war. Sie brach unter ungeklärten Umständen auf der Polizeiwache zusammen und wurde drei Tage später im Krankenhaus für tot erklärt.

Außenministerin Annalena Baerbock hatte vergangene Woche am Rande ihres Besuches bei der UN-Generalversammlung erklärt, Deutschland werde den Fall Amini diesen Montag vor den UN-Menschenrechtsrat bringen. Wenn Frauen nicht sicher seien, dann sei keine Gesellschaft auf dieser Welt sicher, sagte die Grünen-Politikerin. "Deswegen ist der brutale Angriff auf die mutigen Frauen im Iran eben auch ein Angriff auf die Menschheit." Der Iran verletze die Menschenrechte.

Offiziell bisher über 1.200 Festnahmen, mindestens 41 Tote

Im Iran sind seit Beginn der Proteste nach Behördenangaben mehr als 1.200 Menschen festgenommen worden. Einer nicht näher erläuterten offiziellen Bilanz iranischer Behörden zufolge sind bisher 41 Menschen getötet worden, darunter Demonstranten und Sicherheitskräfte. Die in Oslo ansässige NGO Iran Human Rights (IHR) berichtete von mindestens 57 getöteten Demonstranten. Der Leiter der iranischen Justizbehörde, Gholamhossein Mohseni Edschei, hatte am Sonntag ein "entschlossenes Vorgehen ohne Nachsicht" gegen die Protestierenden gefordert.

Die Nachrichtenagentur Tasnim veröffentlichte am Montag rund 20 Fotos von Demonstranten, darunter Frauen, in der für Schiiten heiligen Stadt Ghom 150 Kilometer südlich von Teheran. Das Militär hatte die Einwohner zuvor aufgefordert, die "Anführer der Unruhen" auf Bildern zu identifizieren und die Behörden zu informieren.

Iran: "Einmischung in interne Angelegenheiten"

Unterdessen wies der Iran die Kritik der Europäischen Union zurück. "Das ist Einmischung in die internen Angelegenheiten des Irans und Unterstützung von Krawallmachern", sagte Außenamtssprecher Nasser Kanaani. Der Fall Mahsa Amini werde derzeit untersucht, aber die EU und der Westen ignorierten diese Tatsache und unterstützten Unruhestifter, die die Sicherheit des Irans gefährdeten.

Eine massive Internetsperre im Iran beeinträchtigt aktuell die Verbreitung von Informationen über die Proteste im Land. Demonstranten können beispielsweise weniger Videos und Informationen in sozialen Medien posten. Augenzeugen berichteten aber, dass Menschen in der Nacht zum Montag in verschiedenen Teilen der Hauptstadt Teheran gegen die iranische Führung protestierten. "Islamische Republik wollen wir nicht, wollen wir nicht", das war demnach einer der meist gehörten Slogans. In Teheran waren den Angaben zufolge Schüsse zu hören, unklar jedoch, ob in die Luft oder auf Demonstranten.

Ex-Fußballer Ali Karimi unterstützt Proteste

Viele Teheraner lassen die Eingangstüren ihrer Gebäude offen, damit Demonstranten sich vor den Sicherheitskräften verstecken können. Auch immer mehr iranische Prominente schließen sich den Protesten an.

Besonders aktiv ist der iranische Fußballstar Ali Karimi, ehemaliger Bundesliga-Profi von Bayern München. Wegen seiner offenen Kritik sollen nun seine Bankkonten eingefroren werden. Auch der Regisseur und zweifache Oscarpreisträger Asghar Farhadi und andere renommierte Filmstars sympathisieren mit den Demonstranten.

(mit Informationen von dpa und AFP)

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