Laut Hochrechnungen des staatlichen Fernsehsenders RAI hat das Rechtsbündnis die Wahl gewonnen mit rund 17 Prozentpunkten Vorsprung vor der Demokratischen Partei und ihren Verbündeten.
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Laut Hochrechnungen des staatlichen Fernsehsenders RAI hat das Rechtsbündnis die Wahl gewonnen.

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Rechtsbündnis feiert Sieg in Italien - Wahlbeteiligung niedrig

Erstmals seit Ende des Zweiten Weltkriegs dürfte es in Italien wieder eine rechtsnationale Regierung geben: Das Bündnis um Giorgia Meloni, Matteo Salvini und Silvio Berlusconi hat laut Hochrechnungen bei den Parlamentswahlen eine deutliche Mehrheit.

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Giorgia Meloni und ihre Rechtsaußen-Partei Fratelli d'Italia (FDI) haben dem rechten Lager in Italien einen deutlichen Sieg beschert. Den Hochrechnungen zufolge erhielt die FDI bei der Parlamentswahl am Sonntag rund ein Viertel aller Stimmen und wird damit stärkste Kraft. Das Rechtsbündnis aus Melonis FDI, der rechtsnationalen Lega und der Forza Italia (FI) kommt demnach auf gut 43 Prozent der Stimmen - was für eine klare Mehrheit in beiden Parlamentskammern reichen dürfte.

Die 45-jährige Meloni könnte somit die erste Frau an der Spitze einer italienischen Regierung werden. "Die Italiener haben eine klare Botschaft zugunsten einer rechten Regierung unter Führung von Fratelli d'Italia ausgesendet", sagte Meloni in der Nacht zum Montag in Rom. "Wir werden für alle regieren", fügte sie hinzu. Offizielle Wahlergebnisse gibt das Innenministerium am Montag bekannt.

Mitte-Links-Bündnis kommt auf rund 26 Prozent

Die Demokratische Partei (PD) von Ex-Regierungschef Enrico Letta kommt den Hochrechnungen zufolge auf unter 20 Prozent, das Mitte-Links-Bündnis aus PD und anderen Parteien landet demzufolge bei etwa 26 Prozent. Die Links- und Zentrumsparteien machten im Wahlkampf allerdings nicht geschlossen Front gegen das rechte bis rechtsextreme Bündnis. Die stellvertretende PD-Chefin Debora Serracchiani gestand den Sieg "der Rechten unter Führung Giorgia Melonis" ein und sprach von einem "traurigen Abend für das Land".

Die Fünf-Sterne-Bewegung (M5S) erreichte etwa 15 Prozent der Stimmen und verlor damit deutlich gegenüber ihrem besten Wahlergebnis von mehr als 30 Prozent im Jahr 2018. Bei der Wahl waren mehr als 50 Millionen Italienerinnen und Italiener aufgerufen, sowohl Parteien und Kandidaten für das Abgeordnetenhaus als auch für den Senat zu wählen. Die Wahlbeteiligung betrug 64 Prozent, sie lag deutlich unter der von 2018 mit gut 73 Prozent. Es ist die niedrigste Teilnahme an einer nationalen Parlamentswahl in Italien seit Ende des Zweiten Weltkriegs.

Fratelli d'Italia legten zuletzt extrem zu

Die Fratelli d'Italia (Brüder Italiens) hatten 2018 nur 4,3 Prozent der Stimmen geholt. Seither aber lief die Partei vor allem dank der charismatischen Meloni der Lega von Hardliner Salvini den Rang als stärkste rechte Kraft ab. Meloni tat dabei laut Beobachtern viel, um ihre Partei im Inland wie international salonfähig zu machen und das Etikett "postfaschistisch" loszuwerden, das ihrer Partei anhaftet. Das politische Erbe, auf dem die FDI 2012 gegründet wurden, ist die in den 1990er Jahren aufgelöste postfaschistische Partei Movimento Sociale Italiano (MSI).

Die Fratelli d'Italia waren zuletzt die einzige nennenswerte Opposition der aktuellen Vielparteienregierung unter Führung von Ministerpräsident Mario Draghi. Die Partei vertritt nationalistische, EU-kritische und teils rassistische Positionen. Im Logo haben die 2012 gegründeten Fratelli d'Italia eine Flamme, die an den faschistischen Diktator Benito Mussolini erinnert und die ein Symbol der Rechten ist. In Europa hatten viele mit Sorge auf einen möglichen Sieg des Rechtsbündnisses geschaut.

Teure Ankündigungen im Wahlkampf - Finanzierung offen

Die Rechtskoalition hat im Wahlkampf enorm teure Vorschläge präsentiert, um den Folgen von Energiekrise und Inflation beizukommen. Dazu gehören massive Steuersenkungen - ohne Erklärung, wie diese finanziert werden sollen. Für Meloni dürfte es trotz des klaren Wahlsiegs eine erhebliche Herausforderung werden, eine stabile Regierung zu bilden. In Italien haben Regierungen in der Regel eine kurze Lebensdauer. Dazu kommt: Das geplante Rechtsbündnis aus FDI, Lega und FI ist ein Zweckbündnis aus drei Parteien mit teils unterschiedlichen Zielen.

Seit der Parlamentswahl im März 2018 gab es drei Regierungen in Italien. Planmäßig sollte erst Anfang 2023 ein neues Parlament gewählt werden. Draghi, früherer Chef der Europäischen Zentralbank (EZB), war Anfang 2021 an die Spitze der Regierung berufen worden. Die Fünf-Sterne-Bewegung entzog ihm im Juli bei einem Gesetzesvorhaben das Vertrauen, woraufhin er zurücktrat. Draghi bleibt aber weiterhin geschäftsführend im Amt, bis eine neue Regierung vereidigt ist - das kann etliche Wochen dauern.

(mit Informationen von dpa und AFP)

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23.09.2022, Italien, Rom: Enrico Letta, Parteivorsitzender der PD spricht bei der Abschlusskundgebung seiner Partei vor den Parlamentswahlen.

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