Generaldebatte im Bundestag: Kanzler Scholz wehrt sich gegen harsche Attacken von Oppositionschef Friedrich Merz.
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Generaldebatte im Bundestag: Kanzler Scholz wehrt sich gegen harsche Attacken von Oppositionschef Friedrich Merz.

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Bundestag: Generaldebatte der lauten Töne

Ein hitziges Rededuell eröffnet die Generaldebatte: Oppositionsführer Merz lehnt jede Zusammenarbeit mit der Regierung ab, Kanzler Scholz bescheinigt ihm "ganz kleines Karo." Alice Weidel attackiert auch den Bundespräsidenten.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Dreieinhalb Stunden sind eine lange Zeit. Selbst im Bundestag, wo Plenardebatten bis tief in die Nacht dauern können. Doch wenn die Haushaltswoche im Parlament auf ihren Höhepunkt zusteuert, nehmen sich die Abgeordneten für die Aussprache ein bisschen mehr Zeit.

Eine inhaltliche Sternstunde des Parlamentarismus ist die Generaldebatte dennoch nicht: Mehr als üblich steht sie im Zeichen heftiger wechselseitiger Schuldzuweisungen. Und das, obwohl das Parlament zuvor mit einem Gedenkakt feierlich an die Millionen Opfer des Nationalsozialismus erinnerte und die Holocaust-Überlebende Eva Szepesi sowie Marcel Reif als Sohn eines Überlebenden zu Menschlichkeit und Miteinander aufgerufen hatten.

Merz verweigert sich der Zusammenarbeit

Den Anfang der eigentlichen Debatte macht Friedrich Merz, der als Chef der größten Oppositionsfraktion die Regierung frontal angreift. Die SPD etwa sei zu einer "Partei der subventionierten Arbeitslosigkeit geworden und nicht mehr eine Partei der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer".

Aufrufe zur parteiübergreifenden Zusammenarbeit weist Merz als "Rhetorik" zurück: "Wir sind in allen Punkten anderer Meinung als Sie, und zwar nicht im Detail, sondern im Grundsatz."

Von Merz' Ankündigung, die Zustimmungswerte der AfD zu halbieren, ist heute nicht die Rede. Stattdessen wirft der Oppositionsführer der Regierung Totalversagen vor: Hätte das Land "auch nur eine mittelmäßige Regierung", so Merz, wären die Werte für die AfD niedriger.

Außenpolitisch fordert Merz den Kanzler auf, gemeinsam mit Frankreich eine Führungsrolle in der Europäischen Union zu übernehmen. Deutschland müsse die ausgestreckte Hand von Präsident Emmanuel Macron ergreifen und gemeinsam "neue Initiativen erarbeiten, um die Handlungsfähigkeit Europas unter Beweis zu stellen".

Scholz: "Ganz kleines Karo"

Danach ist der Kanzler am Zug. Für ihn sind die Schuldzuweisungen von Merz "in dieser Situation ganz kleines Karo." Die Beteiligung der Union an der gegenwärtigen Krise läge "nicht lange zurück." Und Scholz ergänzt: "Was hat Ihr politisches Programm mit der Zukunft Deutschlands zu tun? Nichts!"

Alle "Wachstumsbremsen", die die Union als Regierungspartei gezogen habe, wolle sie jetzt wieder ziehen. "Wir haben mit dem Mindestlohn dafür gesorgt, dass sich Arbeit wieder lohnt", sagt Scholz. Mit dem höchsten Stand der Erwerbstätigkeit in der Geschichte der Bundesrepublik sei nicht mehr Arbeitslosigkeit, sondern Arbeitskräftemangel das Problem. In der Rede vom "Freizeitpark Deutschland" (Jens Spahn, CDU) sieht Scholz eine "Beschimpfung der Fleißigen im Land". Merz' Absage an jegliche Zusammenarbeit - der Scholz als positives Beispiel den Asyl-Kompromiss mit den Ländern gegenüberstellt - wertet der Kanzler als "Davonlaufen vor der Verantwortung".

Scholz erwähnt auch die Enthüllungen des Recherchenetzwerks "Correctiv" zu einem Treffen Rechtsradikaler, die die Deportation von Millionen Menschen mit Migrationshintergrund diskutiert hatten. Es brauche jetzt "ein ganz klares Bekenntnis von uns allen: Wir stehen vor diesen Bürgerinnen und Bürgern, sie müssen sich nicht fürchten".

Weidel: "Diese Regierung hasst Deutschland"

Kurz vor ein Uhr ist das "Duell" zwischen Kanzler und Oppositionschef beendet, die Redner der kleineren Fraktionen sprechen. Alice Weidel (AfD) wirft der Regierung vor, eine "Schneise der Verwüstung" durch das Land zu ziehen und fordert erneut Neuwahlen.

Der Correctiv-Recherche unterstellt sie "subventionierte Lügen". Und: "Der Bundespräsident bezeichnet AfD-Wähler als Ratten." Womit Weidel offenbar auf Äußerungen vom Montag Bezug nimmt - da hatte Frank-Walter Steinmeier zu einem breiten Bündnis für Demokratie und gegen Extremismus aufgerufen und gesagt: "Wir lassen uns dieses Land nicht von extremistischen Rattenfängern kaputtmachen."

Video: Scholz und Merz gegen Rechtsextremismus

Bundeskanzler Scholz
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Bundeskanzler Scholz (Bild) und CDU-Parteichef Merz haben sich im Bundestag deutlich gegen rechtsextreme Umtriebe geäußert.

Scharfe Töne auch von Grünen, FDP und CSU

Britta Haßelmann (Grüne) erwidert, die Rede Weidels sei eine weitere Begründung für die vielen Demonstrationen gegen Rechtsextremismus im Land: "Sie sind demokratisch gewählt, aber sie sind nicht demokratisch." Ausdrücklich widerspricht sie Weidels Angriff auf den Bundespräsidenten. Von Merz fordert Haßelmann, keinen "Spaltkeil" zwischen die Demokraten zu treiben, wo er nicht gebraucht würde: "Machen Sie sich nicht so klein, wir haben in diesem Haus doch schon gezeigt, dass es gemeinsam geht".

Für die FDP spricht Christian Dürr, der sich an Merz gewandt gegen Vorwürfe wehrt, "dass wir den Scherbenhaufen nicht schnell genug zusammenkehren, den Sie hinterlassen haben". Die Union kritisiere am Pult des Bundestags "rauf und runter", habe aber etwa zum Bundeshaushalt 2024 nicht einen einzigen Änderungsantrag eingebracht.

CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt wirft dem Kanzler "Arroganz" vor. "Haben Sie sich die Konjunkturdaten angeschaut?", fragt er. "Die Kernaussage ist klar: Deutschland steckt in der Rezession (...) und die Verantwortung liegt bei der Ampelregierung und bei niemandem sonst." Dobrindt nennt es den "Gipfel der Dreistigkeit, wenn man so offensichtlich wie die Ampel das hier versucht, zugunsten von einzelnen Abgeordneten einen Wahlkreis-Zuschnitt neu zu schaffen". Es gehe letztlich gegen jegliche fachliche Betrachtung nur um den "Machterhalt der Ampel". Dobrindt ergänzt: "Das ist zutiefst verwerflich."

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