Erwischt: Radarfalle in Salzburg, Österreich
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Erwischt: Radarfalle in Salzburg, Österreich

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Führerscheinentzug grenzenlos: Was das EU-Parlament plant

Wer im EU-Ausland falsch parkt, muss dafür spätestens daheim zahlen. Wer dort aber größere Verkehrssünden begeht, bekommt ein Fahrverbot aufgebrummt - das in Deutschland nicht gilt. Das EU-Parlament will das nun ändern. Kein leichtes Unterfangen.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Zu schnell unterwegs in Kroatien, bei Rot über eine dänische Ampel: Verkehrsdelikte im Urlaub können teuer werden. Österreichs Behörden etwa fordern bei gravierenden Geschwindigkeitsüberschreitungen Bußgelder von bis zu 5.000 Euro. Selbst Falschparken im EU-Ausland kann seit dem Inkrafttreten eines Vollstreckungsabkommens im Jahr 2010 die Urlaubskasse noch nach der Heimkehr belasten: Ab 70 Euro gelten Knöllchen europaweit - und die sind in vielen Ländern schnell erreicht.

Umso unverständlicher, was bisher bei Fahrverboten die Regel ist: Die gelten nämlich nur in dem Land, in dem der Verkehrsverstoß begangen wurde. Wer also am Gardasee ein dreimonatiges Fahrverbot aufgebrummt bekommt, der kann schon hinter dem Brenner wieder am Steuer Platz nehmen und muss für die nächsten drei Monate in Sachen Mobilität auf nichts - außer einem motorisierten Ausflug nach Italien - verzichten. "Rund 40 Prozent der grenzüberschreitenden Verkehrsverstöße bleiben laut EU-Kommission derzeit ungeahndet", sagt der SPD-Europaabgeordnete Thomas Rudner.

Das aber soll bald anders werden.

EU-Parlament für EU-weiten Führerscheinentzug

Das EU-Parlament in Straßburg hat heute über seine Position zu einem EU-weiten Führerscheinentzug abgestimmt und einen breiten Konsens gefunden, den EU-Parlamentsvizepräsident Jan-Christoph Oetjen (FDP) so zusammenfasst:

"Wer in einem Land einen schweren Verstoß gegen die Straßenverkehrsordnung begeht, hat sein Recht auf Fahren in der EU verwirkt."

Wann der "Lappen" künftig weg ist

Abgeordnete mehrerer Fraktionen schlagen konkret vor, schwere Delikte wie Fahren ohne Führerschein und Alkohol am Steuer, ebenso wie tödliche Verkehrsunfälle, in eine europaweit gültige Liste aufzunehmen, dazu massive Tempoverstöße. Wie das EU-Parlament mitteilt, soll eine Geschwindigkeitsüberschreitung von 50 Kilometern pro Stunde zum Entzug der Fahrerlaubnis führen. In Wohngebieten kann der Führerschein schon weg sein, wenn man 30 km/h zu schnell unterwegs ist.

Dissens im Detail

Unterschiedliche Ansichten gibt es zu minderschweren Delikten. SPD-Mann Thomas Rudner hält es für bedenkenswert, dass auch gefährliches Parken, gefährliches Überholen und Fahrerflucht erfasst werden und zum Fahrverbot führen sollten. Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber hingegen findet das Vorhaben per se richtig, plädiert aber dafür, dass neue Regeln nur für schwere Verkehrsverstöße, die Leben gefährdeten, gelten. Auch ein EU-weites Punktesystem lehnt Ferber ab.

Was der ADAC sagt

Aus Sicht des ADAC ist die vorgesehene Reform ein richtiger Ansatz. Einfach werde es allerdings nicht, die teils recht unterschiedlichen Regeln in den 27 Ländern auf einen Nenner zu bringen. Denn was im einen EU-Land zu einem Fahrverbot führen kann, wird im anderen nur mit einer Geldstrafe oder "Strafpunkten" geahndet; oder gar nicht. ADAC-Sprecher Alexander Schnaars: "In Italien kann ein Fahrverbot verhängt werden, wenn man rückwärts an Mautstellen fährt. Das gibt es in Deutschland nicht - schon, weil wir keine Mautstationen haben."

Auch ein einheitliches Punktesystem sei in der Theorie eine gute Idee: "Die einheitliche EU-weite Harmonisierung wird sich jedoch schwierig gestalten, da dies aktuell von vielen Ländern unterschiedlich gehandhabt wird", so Schnaars.

Zudem, ergänzt der ADAC-Experte, gilt in Deutschland im Allgemeinen die Fahrerhaftung. Daher kann der Halter eines Fahrzeugs etwa bei Tempoverstößen davonkommen, wenn er auf dem Blitzer-Foto nicht zu erkennen ist. In vielen anderen Ländern würde der Halter auch in diesem Fall zur Kasse gebeten.

Der Wille ist da, der Weg noch weit

Bevor neue Regeln in Kraft treten können, muss zudem noch ein Kompromiss mit den EU-Staaten ausgehandelt werden. Die Mitgliedsstaaten haben aber noch keine Position zu dem Vorhaben gefunden. Die Verhandlungen werden erst starten, nachdem im Sommer ein neues Parlament gewählt wurde.

Nach einer solchen Einigung auf eine Richtlinie haben die Mitgliedsstaaten in der Regel rund zwei Jahre Zeit, die Vorgaben in nationales Recht umzusetzen. Der nächste Sommerurlaub in Bibione oder Malmö wird also in jedem Fall noch den alten Regeln folgen, und der übernächste vermutlich auch.

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