Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Brüssel, aufgenommen am 09.09.22.
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Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck in Brüssel, aufgenommen am 09.09.22.

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Falls Uniper verstaatlicht wird: Wackelt umstrittene Gasumlage?

Sofern der Gasversorger Uniper doch noch verstaatlicht wird, fällt die Gasumlage für Verbraucherinnen und Verbraucher womöglich weg. Das hat Bundeswirtschaftsminister Habeck nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios intern anklingen lassen.

Sollte der Gasversorger Uniper verstaatlicht werden, wackelt auch die umstrittene Gasumlage. Das hat Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck (Grüne) nach Informationen des ARD-Hauptstadtstudios bei einer internen Grünen-Sitzung vergangene Woche deutlich gemacht. Demnach sollte es laut ihm in diesem Szenario statt der Gasumlage direkte umfassende Staatshilfen für das Unternehmen geben.

Eine Verstaatlichung ist seit längerem im Gespräch. Abermals verschärft hat sich die wirtschaftliche Lage von Uniper, nachdem die Gas-Pipeline Nord Stream 1 erneut geschlossen wurde. Habeck betonte demnach auf der internen Sitzung, dass der Finanzierungsbedarf für Uniper deutlich höher liege als bei der Aushandlung des ersten Rettungspakets. Er begründete sein mögliches Abrücken von der Gasumlage laut den ARD-Informationen auch mit "finanzverfassungsrechtlichen Zweifeln" im Falle einer Uniper-Verstaatlichung.

Gasumlage: SPD und Union ohnehin skeptisch

Über die Gasumlage wird seit Wochen gestritten. In der SPD gibt es ohnehin viele Kritiker. Auch bei der Union dürfte Habecks Überlegung auf Zustimmung stoßen. CDU und CSU im Bundestag finden nämlich schon länger, dass die Gasumlage nicht in Kraft treten soll. Die Unionsfraktion will in dieser Woche über einen entsprechenden Antrag im Parlament namentlich abstimmen lassen.

Union: Uniper braucht "zielgerichtete Hilfe"

"Uniper benötigt als zentraler Akteur auf dem deutschen Gasmarkt zielgerichtete Hilfe", sagt Andreas Jung, energiepolitischer Sprecher der Unionsfraktion. Der Bundesregierung wirft er Planlosigkeit vor: "Beteiligung ankündigen, Gasumlage beschließen, Verstaatlichung anstreben: Bei der Ampel geht es drunter und drüber."

Söder: Gasumlage so schnell wie möglich beseitigen

CSU-Chef Markus Söder begrüßte ein mögliches Aus: "Die Gasumlage war von Anfang an Murks und muss so schnell wie möglich beseitigt werden", sagte er am Rande der Herbstklausur der CSU-Landtagsfraktion im oberfränkischen Kloster Banz der Nachrichtenagentur dpa. "Aber es zeigt natürlich, wie inkonsequent und wie undurchdacht die gesamte Bundesregierung agiert", fügte er hinzu. "Rein in die Kartoffeln, raus aus den Kartoffeln, jede Woche wird irgendwo nachgebessert. So kann man kein Vertrauen für so einen schweren Winter gewinnen."

Käme es zu einer Uniper-Verstaatlichung und einem gleichzeitigen Aus für die Gasumlage, wären auch die Steuerzahler entlastet. Dann müssten nicht mehr die Verbraucher den zweistelligen Milliarden-Betrag zur Uniper-Rettung aufbringen - sondern Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) über den Haushalt.

Erste Zahlungen frühestens im November

Habecks Ministerium will sich bisher nicht zu den neuen Überlegungen äußern. In der Bundespressekonferenz antwortete eine Sprecherin am Montag schmallippig auf die Frage, ob eine Verstaatlichung von Uniper und der Erhalt von Zahlungen aus der Gasumlage parallel möglich seien: "Darüber spekuliere ich nicht."

Ebenfalls am Montag gab das Ministerium eine Verschiebung bekannt. Die ersten Zahlungen im Rahmen der geplanten Gasumlage sollen demnach frühestens im November bei den Unternehmen ankommen. Das Kabinett habe am Freitag im schriftlichen Umlaufverfahren den späteren Abschlagszahlungen zugestimmt. Ohne diese Änderung wären bereits am 20. September Abschlagszahlungen an die Unternehmen möglich gewesen.

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Grafik: Gasspeicher in Deutschland von 2011 bis 2021

Gasumlage: Änderungen noch in Arbeit

Die Änderungen an der Gasumlage, die Minister Habeck kürzlich angekündigt hatte, seien derzeit noch in Arbeit, teilte die Sprecherin außerdem mit. Demnach soll der Kreis der berechtigten Firmen so eingeschränkt werden, dass nur Unternehmen von der Gasumlage profitieren, die wirklich in Not sind.

Seit den Gas-Lieferkürzungen durch Russland müssen Großimporteure die ausgefallenen Liefermengen zu deutlich höheren Preisen einkaufen, um weiter etwa Stadtwerke oder große Unternehmen beliefern zu können. Die Gasumlage soll einen Großteil dieser sogenannten Ersatzbeschaffungskosten ausgleichen. Die Importeure sollen damit vor einer Pleite geschützt werden. Gleichzeitig soll das Energiesystem vor einem Kollaps bewahrt werden.

Die Höhe der Gasumlage beträgt 2,4 Cent pro Kilowattstunde. Alle Gaskunden müssen die Umlage zahlen. Das Geld wird den Kunden von den Gasversorgern in Rechnung gestellt.

(Mit Informationen von dpa)

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