Recep Tayyip Erdoğan (Archivbild)
Bildrechte: dpa-Bildfunk/Marton Monus

Der türkische Präsident Recep Tayyip Erdoğan und seine Minister haben beschlossen, Exporte nach Israel einzuschränken.

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Exporte nach Israel eingeschränkt: Was Erdoğan bewegt

Die Türkei beschränkt wegen des anhaltenden Nahostkriegs Ausfuhren nach Israel. So soll der Export von mehr als 50 Gütern und Produkten gestoppt werden – vor allem für die Industrie. Auch Israel will reagieren. Aber was ist Erdoğans Motivation?

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Die Beziehungen zwischen der Türkei und Israel sind seit Jahren angespannt. Seitdem Israel im Gazastreifen Krieg einmarschiert ist, hat sich die Lage noch einmal zugespitzt. Nun schränkt die Türkei ihre Exporte nach Israel ein. Hardliner bekommen nun, was sie wollten.

Erdoğan und die Hamas

"Mörder Israel, Kollaborateur AKP", hatten überwiegend junge Leute vor wenigen Tagen in Istanbul gerufen. Sie hatten sich in der großen Fußgängerzone im Zentrum der Stadt versammelt. Die Polizei nahm 43 von ihnen fest. Bis auf fünf kamen sie kurz darauf aber wieder frei.

Fast schon symbolisch steht diese Szene für den Druck auf die Regierungspartei von Präsident Recep Tayyip Erdoğan, ihren Worten Taten folgen zu lassen. Vor allem der angekündigte teilweise Exportstopp nach Israel spielte zuletzt eine große Rolle. Der Präsident lässt keine Gelegenheit aus, sich als Freund des palästinensischen Volkes darzustellen. Die terroristische Hamas bezeichnete er wenige Wochen nach deren Überfall auf Israelis im Oktober als Befreiungsorganisation.

Türkischer Außenminister: Maßnahmen werden "unverzüglich" umgesetzt

Die Beziehungen zu Israel erreichten dagegen einen neuen Tiefpunkt. Doch immer wieder gab es bis zuletzt Berichte, dass regierungsnahe Firmen, teils sogar Politiker des AKP-Koalitionspartners, der rechtsextremen ultranationalistischen MHP, weiter Geschäfte mit Israel machten.

Zugleich arbeitete die Regierung an Hilfen für die Menschen in Gaza. Mit Frachtflugzeugen sollten nun Hilfsgüter eingeflogen werden. Israel lehne das ab, sagte Außenminister Hakan Fidan. Also werde die Türkei reagieren. Verklausuliert kündigte Fidan schon einen Tag vor der offiziellen Bekanntgabe den Exportstopp an.

"Als Reaktion auf diese Situation haben wir beschlossen, eine Reihe von neuen Maßnahmen gegen Israel zu ergreifen. Diese Maßnahmen werden schrittweise und unverzüglich umgesetzt", so Fidan. Dem Außenminister zufolge werden die Maßnahmen "von den verantwortlichen Stellen öffentlich bekannt gegeben. Sie werden so lange in Kraft bleiben, bis Israel einen Waffenstillstand erklärt und den ungehinderten Zugang von humanitärer Hilfe nach Gaza ermöglicht."

Am Dienstag teilte das türkische Handelsministerium mit, dass künftig zunächst Exportbeschränkungen auf mehrere Güter gelten, darunter etwa Stahl-, Aluminium- und Eisenprodukte sowie weitere Baustoffe.  

Das Ministerium beschuldigte Israel in der Mitteilung, für ein "Massaker an den Palästinensern" verantwortlich zu sein. Die Beschränkungen würden gelten, bis Israel eine Waffenruhe verkünde und ungehindert Hilfe in den Gazastreifen komme. 

Israel kündigt Gegenreaktionen an

Ob und wie sehr sich die Türkei damit wirtschaftlich selbst schadet, ist noch nicht abzusehen. Auf der Liste der Empfängerländer von Exporten aus der Türkei stand Israel zuletzt nur auf Platz 15. Allerdings hat Israel Gegenmaßnahmen angekündigt, die die Türkei stark treffen könnten.

Außenminister Israel Katz sagte, sein Land werde daran arbeiten, dass proisraelische Länder nicht mehr in der Türkei investieren und keine Waren mehr aus der Türkei einführen. Zudem schrieb Katz bei X, vormals Twitter, der türkische Präsident opfere "wieder die wirtschaftlichen Interessen seines Volkes für die Unterstützung der Hamas-Mörder in Gaza, die vergewaltigt, ermordet und die Leichen von Frauen, Mädchen und älteren Menschen geschändet und Kinder bei lebendigem Leibe verbrannt haben". Israel werde "Gewalt und Erpressung nicht nachgeben und den einseitigen Verstoß gegen die Handelsabkommen nicht hinnehmen", so Katz.

Türkischer Präsident: Werden unterstützen, bis das Blutvergießen aufhört

Die Finanzmärkte haben jedenfalls sofort reagiert. Der Wechselkurs der türkischen Lira war im Vergleich zu Euro und Dollar zuletzt stabil. Heute fiel er zeitweise auf den niedrigsten Wert seit fast drei Wochen.

Präsident Erdoğan scheint von seinem Kurs überzeugt. Es seien auf anderen Wegen schon mehr als 45.000 Tonnen Hilfsgüter aus der Türkei in den Gazastreifen gelangt. Das zeige, sagte der Präsident in seiner Botschaft zum Beginn des Zuckerfestes, dass die Türkei an der Seite der Palästinenser stehe. Aktuell ist kein Ende absehbar. Israel plant entgegen internationaler Warnungen die Offensive in Rafah.

"So Gott will, werden wir unsere Unterstützung fortsetzen, bis das Blutvergießen in Gaza aufhört - und unsere palästinensischen Brüder und Schwestern einen freien palästinensischen Staat mit Ost-Jerusalem als Hauptstadt auf der Grundlage der Grenzen von 1967 wiedererlangen", so Erdoğan.

Mit Informationen von dpa.

Karte: Übersicht des Gazastreifens mit Hervorhebung aktueller Geschehnisse

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