28.11.22: Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht beim "ZDH-Steuerforum 2022".
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28.11.22: Christian Lindner (FDP), Bundesminister der Finanzen, spricht beim "ZDH-Steuerforum 2022".

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Erbschaftsteuer: Finanzminister Lindner für höhere Freibeträge

Entsprechende Forderungen aus Bayern gibt es bereits – jetzt zeigt sich auch Bundesfinanzminister Lindner offen dafür, im Streit um die Neubewertung vererbter Immobilien die Freibeträge zu erhöhen. Er sieht aber die Bundesländer in der Pflicht.

Über dieses Thema berichtet: BAYERN 1 am Morgen am .

Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) spricht sich im Streit um die Neubewertung von Immobilien für eine deutliche Erhöhung der Freibeträge bei der Erbschaft- und Schenkungsteuer aus. In seinen Augen müssten die Freibeträge "um etwa 25 Prozent angehoben werden", sagte Lindner der "Augsburger Allgemeinen".

Da die Erbschaft- und Schenkungsteuer allein den Bundesländern zustehe, sollte eine Initiative zur Erhöhung der Freibeträge auch von den Ländern kommen, fügte er hinzu. Lindner erklärte, dass es keine Erhöhung der Erbschaftssteuer gebe. "Es musste aber auf Verlangen des Verfassungsgerichts das Verfahren zur Wertermittlung von Immobilien erneuert werden." Das gehe "pikanterweise auf Horst Seehofer von derselben CSU zurück, die jetzt dagegen eine Kampagne macht".

Lindner setzt auf die Länder

Der Bundesminister hatte schon im Frühjahr der bayerischen Staatsregierung indirekt nahegelegt, sich unter den Ländern um eine Mehrheit für eine Reform der Erbschaftssteuer zu bemühen. In einem Schreiben an Finanzminister Albert Füracker (CSU), das dem BR vorliegt, erläuterte Lindner im März, er begrüße konkrete Vorschläge zur Weiterentwicklung der Erbschafts- und Schenkungssteuer. Diese sei nicht "Gegenstand des Koalitionsvertrags der die Bundesregierung tragenden Parteien", erläuterte der FDP-Politiker. Daher stehe eine Änderung des Erbschaftssteuerrechts "nicht auf der Agenda".Lindner fügte hinzu: "Zudem habe ich wahrgenommen, dass der von Ihnen dargestellte Anpassungsbedarf von den übrigen Ländern bisher nicht oder nur eingeschränkt geteilt wird".

Hagen: Der Ball ist bei den Ländern

Der bayerische FDP-Landeschef Martin Hagen sagte bei BR24live, im Bundesrat scheine es derzeit keine Mehrheit für höhere Freibeträge zu geben, weil sich die CDU-Länder dort dagegen sperrten. "Das heißt, wir müssen erstmal unter den Ländern Einigkeit darüber herstellen, dass die Freibeträge erhöht werden sollen." Die FDP befürworte eine Erhöhung, jetzt sei der Ball bei denen, denen das Geld aus der Steuer zufließe - nämlich bei den Ländern. "Der Initiator von Gesetzen kann auch der Bundesrat sein."

Vererbte Immobilien: Ab Januar angepasste Wertermittlung

Der Hintergrund der Diskussion: Ab Januar wird die Wertermittlung von Immobilien so angepasst, dass Erben und Beschenkte von Häusern und Wohnungen in der Regel deutlich höhere Steuern entrichten müssten.

Wichtig zu wissen: Bis 200 Quadratmeter Wohnfläche ist eine selbst genutzte Erb-Immobilie immer komplett steuerfrei. Darauf verweist auch Lindner.

Füracker will "Regionalisierung der Erbschaftssteuer"

Bayern setzt sich inzwischen ebenfalls dafür ein, die Freibeträge bei der Erbschaftsteuer zu erhöhen. Der bayerische Finanzminister Albert Füracker (CSU) teilte jüngst mit, man habe beantragt, dass der Bundesrat zum Jahressteuergesetz den Vermittlungsausschuss anrufen solle.

"Aufgrund der unterschiedlichen Entwicklung in Deutschland fordert Bayern eine Regionalisierung der Erbschaftsteuer", erläuterte Füracker. "Die persönlichen Freibeträge der Erbschaftsteuer wurden seit 2009 nicht mehr angepasst."

Fratzscher: 60 bis 70 Prozent erben nichts

Längst nicht alle sehen die angepasste Wertermittlung für vererbte Immobilien kritisch. Der Ökonom Marcel Fratzscher, Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung, hält die Neubewertung für richtig – und fordert zusätzlich eine höhere Erbschaftsteuer. "Ökonomisch gesehen gibt es kaum ein Land in der Welt, das Arbeit stärker besteuert und gleichzeitig Vermögen inklusive der Erbschaft- und Schenkungssteuer weniger besteuert als Deutschland", sagte Fratzscher zuletzt BR24. Das sei nicht sinnvoll.

Zur Wahrheit gehöre außerdem, dass "60 bis 70 Prozent der Deutschen nichts erben werden", betonte Fratzscher. Für ihn besteht die Ungerechtigkeit eher darin, "dass Menschen mit sehr hohen Erbschaften, das sind meistens Unternehmenserbschaften, keine Erbschaftsteuer zahlen".

Mit Informationen von Reuters

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