15.10.2023, Polen, Warschau: Donald Tusk (M), ehemaliger polnischer Ministerpräsident und Oppositionsführer
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Parlamentswahl in Polen: Oppositionsführer Donald Tusk am Sonntag

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Endergebnis nach Polen-Wahl: Opposition kommt auf Mehrheit

Das amtliche Endergebnis der Parlamentswahl bestätigt: Die bisherige Regierung hat die absolute Mehrheit verfehlt. Oppositionsführer Tusk könnte in einem Bündnis eine neue Regierung bilden. Beobachter rechnen aber mit einem monatelangen Prozess.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Das endgültige Ergebnis der Parlamentswahl in Polen hat die bisherigen Prognosen weitgehend bestätigt. Damit wird die bislang regierende national-konservative Partei PiS nach Angaben vom Dienstag zwar stärkste Kraft, kann aber keine Mehrheit stellen.

Regierung unter PiS verpasst Mehrheit

Nach Auszählung aller Wahlkreise kam die PiS (Recht und Gerechtigkeit) auf 35,38 Prozent. Das liberal-konservative Wahlbündnis Bürgerkoalition (KO) von Oppositionsführer Donald Tusk erhielt 30,7 Prozent. Der Dritte Weg, ein Bündnis der Mitte, kam auf 14,4 Prozent, die Neue Linke auf 8,61 Prozent und die rechtsextreme Konföderation auf 7,16 Prozent.

Tusk kommt nun die Schlüsselrolle zu: Der frühere EU-Ratspräsident kann eine Regierung aus KO, Drittem Weg und Neuer Linke schmieden - und den Dauerstreit mit Brüssel beenden. Der 66-Jährige hat damit gute Chancen, Ministerpräsident zu werden und Amtsinhaber Mateusz Morawiecki abzulösen. Die potenziellen Partner hatten zuletzt signalisiert, mit Gesprächen beginnen zu wollen, sobald das endgültige Ergebnis vorliege. Beobachter rechnen aber mit einem monatelangen Prozess.

Tusk will Verhältnis zur EU verbessern

Das dürfte auch an Polens Präsident Andrzej Duda liegen, der Teil des PiS-Lagers ist. Er könnte zunächst der PiS mit dem bisherigen Ministerpräsidenten Mateusz Morawiecki als stärkster Einzelpartei den Auftrag erteilen, eine neue Regierung zu formen. Das hatte er vor der mit Spannung erwarteten Wahl angekündigt. Experten rechnen allerdings damit, dass es für die PiS kaum möglich wird, genügend Partner für eine Mehrheit zu finden.

Tusk hat versprochen, das Verhältnis zur EU wieder zu verbessern. Es ist seit Jahren stark belastet durch Streit über die Justizreform, über Rechte von Homosexuellen sowie wegen Migrationsfragen. Kritiker werfen der PiS vor, seit der Amtsübernahme 2015 die Unabhängigkeit von Gerichten und Medien untergraben zu haben. Deswegen hat die EU für Polen bestimmte Mittel im Umfang von rund 110 Milliarden Euro eingefroren.

Polen-Beauftragter Nietan: Polen wollen Veränderung

Der Wahlausgang in Polen zeigt nach Ansicht des Polen-Beauftragten der Bundesregierung, Dietmar Nietan (SPD), dass die Menschen in Polen Veränderung wollen. Im Interview mit der radioWelt von Bayern 2 sagte Nietan am Montag: "Ich bin sehr froh, dass die polnische Gesellschaft gezeigt hat, dass sie auf der Seite der Demokratie steht. […] Es hat eine Rekordwahlbeteiligung von fast 73 Prozent gegeben. Das hat es nach der Wende im demokratischen Polen noch nie gegeben. Das zeigt, dass die Menschen eine Veränderung wollten."

Nietan geht davon aus, "dass die PiS ihre Macht freiwillig nicht hergeben wird". Für ihn sei aber auch klar, dass die Stammwähler der PiS die Partei nicht wegen ihrer Hetze gegen Deutschland gewählt haben, "sondern weil die PiS in der Sozialpolitik, Stichwort Kindergeld, Stichwort Rentenerhöhung, für viele Menschen, denen es wirtschaftlich nicht so gut geht in Polen, durchaus einiges getan hat. […] Die Hetze gegen Deutschland vergiftet aber natürlich das Klima zwischen beiden Staaten."

Mit Informationen von Reuters

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