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SPD will bei Ehegattensplitting statt bei Elterngeld sparen

Das Elterngeld für Gutverdiener streichen? Die FDP ist dagegen, die Familienministerin ist von den Alternativen aber auch nicht begeistert - und der SPD-Chef nutzt das, um eine alte Idee hervorzuholen: Er fordert das Aus des Ehegattensplittings.

Über dieses Thema berichtet: BR24 im Radio am .

Im Koalitionsstreit über Einsparungen beim Elterngeld spricht sich der SPD-Vorsitzende Lars Klingbeil dafür aus, für neu geschlossene Ehen das Ehegattensplitting abzuschaffen. "Damit würden wir dem antiquierten Steuermodell, das die klassische Rollenverteilung zwischen Mann und Frau begünstigt, ein Ende setzen. Und der Staat würde Geld sparen", sagte Klingbeil dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. Diese Variante hätte auch Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) favorisiert. Die Abschaffung des Ehegattensplittings sei in der Ampel-Regierung jedoch nicht konsensfähig gewesen.

Das Ehegattensplittung - schon länger umstritten

Ehegattensplitting bezeichnet das Verfahren, nach dem Ehepaare und Lebenspartnerschaften besteuert werden, die keine Einzelveranlagung wählen. Dabei wird das gemeinsame Einkommen halbiert, die darauf entfallende Einkommensteuer berechnet und die Steuerschuld anschließend verdoppelt. Das nützt vor allem Paaren, bei denen einer viel und der andere wenig verdient. Den Staat kostet das laut Bundeszentrale für politische Bildung von 2020 jährlich 20 Milliarden Euro. Von der OECD und der EU-Kommission wurde Deutschland öfter für das Ehegattensplitting kritisiert - mit dem Argument, dass es Frauen vom Arbeitsmarkt fernhalte.

Was beim Elterngeld geplant ist

Elterngeld erhalten bisher Paare, deren gemeinsam zu versteuerndes Einkommen unter 300.000 Euro liegt. Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP) drängt jedoch mit Blick auf die Haushaltsplanung für das kommende Jahr darauf, die Ausgaben zur Schuldenbegrenzung zu kürzen. Im Zuge dessen plant Familienministerin Paus, die gemeinsame Einkommensgrenze für das Elterngeld auf 150.000 Euro zu senken.

Klingbeil sagte: "Ich bin dafür, dass höhere Einkommen mehr schultern und mehr Verantwortung tragen. Aber Verteilungsfragen klärt man über die Steuerpolitik, nicht über das Elterngeld", sagte Klingbeil. Das Elterngeld sei keine Sozialleistung, sondern solle Männer motivieren, mehr Verantwortung in der Familie zu übernehmen.

Auch Soziologin Allmendinger würde am Ehegatten-Splitting sparen

Auch die Soziologin Jutta Allmendinger hatte sich am Freitag gegenüber BR24 dafür ausgesprochen, zuerst an das Ehegatten-Splitting heranzugehen. "Das würde Milliarden einsparen", so Allmendinger, sei aber "ein No-No beim Koalitionspartner FDP".

Angesichts der Optionen, die der Finanzminister Paus gegeben habe - nämlich eine allgemeine Kürzung des Elterngeldes - hält Allmendinger die Kappung für Gutverdiener für angemessen. "Als Frau Paus hätte ich mich wahrscheinlich auch dafür entschieden, dass wenn ich sparen muss, das bei einkommensreichen Familien zu tun." Für falsch hingegen hält sie die sofortige Umsetzung der Kappungen beim Elterngeld. Es brauche eine Übergangszeit, damit sich die betroffenen Eltern darauf einstellen könnten.

Allmendinger: Elterngeld führt nicht zu mehr Gleichberechtigung

Bei der Einführung des Elterngeldes 2007 sei es zwar eines der Ziele gewesen, mehr gut verdienende Männer dazu zu bewegen, Elternzeit zu nehmen und länger für die Kinder zu sorgen. Doch das Ziel, Erwerbsarbeit und Care-Arbeit gleich zwischen den Partnern zu verteilen, habe sich nicht realisiert, stellte Allmendinger fest. So beziehen nach ihren Worten 98 Prozent der Frauen für rund 13 Monate Elterngeld. Bei den Männern hingegen seien es nur 44 Prozent – und diese kümmerten sich im Durchschnitt lediglich für drei Monate um den Nachwuchs. Bei den sehr gut verdienenden Männern sei die Gruppe derer, die Elternzeit nehmen, noch kleiner.

Lediglich bei den Partnern, die in etwa gleich verdienen, könnte die Streichung des Elterngeldes einen Effekt haben, so Allmendinger: "Man könnte fast spekulieren, dass die betroffenen Frauen jetzt eine höhere Verhandlungsmacht haben. Die könnten sagen: 'Ich bekomme nichts, du bekommst nichts, also teilen wir uns das jetzt gleich auf.'"

Von den Streichungen wären laut Allmendinger Paare betroffen, die in den oberen fünf Prozent der Einkommensverteilung liegen.

Kritik von der FDP

Die FDP kritisiert die Pläne von Lisa Paus und schlägt eine andere Aufteilung der Leistung vor - stößt bei der Familienministerin damit aber bereits auf Ablehnung. Der FDP-Vizevorsitzende Johannes Vogel sagte am Sonntagabend in der Fernseh-Talkshow "Anne Will": "Ich finde es falsch, wenn wir jetzt einfach das Elterngeld mit dem Rasenmäher abrasieren, auch in einem Bereich, wo wir über Ingenieurinnen und Ingenieure, Ärzte reden."

Der Parlamentsgeschäftsführer wiederholte den Vorschlag aus seiner Partei, von den Paaren eine stärkere zeitliche Angleichung ihrer Elternmonate zu verlangen - wenn das nicht geschieht, soll nur ein Partner Elterngeld erhalten. Darüber hinaus habe Paus auch "im Bereich der zahlreichen Förderprogramme noch ein gewisses Einsparpotenzial", sagte Vogel.

Was die Ministerin davon hält

Paus wies dies in der Sendung sogleich zurück. "Wenn das mit der Partnerschaftlichkeit funktioniert, dann ist das keine Kürzung", sagte sie. "Deswegen kann ich das auch nicht vorschlagen." Alternative Sparmöglichkeiten wären nach ihren Worten nur Kürzungen beim Unterhaltsvorschuss für allein lebende Frauen, deren Partner seiner Zahlungspflicht nicht nachkommt, und beim Kinderzuschlag. Beides will sie nicht, wie Paus deutlich machte. Bei den freien Programmen kürze sie bereits, deshalb werde es etwa weniger Möglichkeiten für Freiwilligendienste geben.

"Ich bin offen für bessere Vorschläge - aber ich habe mir das angeschaut und bin unter all diesen schlechten Varianten zu der aus meiner Sicht besten Variante gekommen", erklärte Paus mit Blick auf die Streichung des Elterngelds für Vielverdiener. "So werde ich das jetzt auch einbringen."

Wie es weitergeht

Angesichts des abermals offen ausgetragenen Koalitionsstreits bei dem Thema machte Vogel deutlich, dass er auch in Zukunft mit öffentlichen Streitigkeiten rechnet. Zwar gab er zu, dass die Koalition im Stil besser werden müsse. Aber: "Vielleicht müssen wir uns auch daran gewöhnen, dass Debatten inhaltlich - das eine ist ja Stil, das andere Inhalt -, inhaltlich öffentlicher stattfinden als in Koalitionen alter Art." Das müsse ja auch "nichts Schlechtes sein (...) wenn am Ende ein gutes Ergebnis steht", so Vogel.

Eltern im Kinderzimmer
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Mit Informationen von dpa

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