Ampel-Parteien ringen um Corona-Maßnahmen
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Ampel-Parteien ringen um Corona-Maßnahmen

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Corona-Pläne der Ampel: Druck auf Ungeimpfte steigt

Die hohe Auslastung der Intensivstationen zwingt die Ampel-Partner, ihre Corona-Pläne nachzuschärfen: Kontaktbeschränkungen sollen weiter möglich sein, flächendeckende Schulschließungen aber nicht. Für Ungeimpfte wird es ungemütlich.

Über dieses Thema berichtet: BR24 am .

Rhetorisch steigt der Druck auf Ungeimpfte in neue Höhen: Am Montag spricht die Fraktionschefin der Grünen, Katrin Göring-Eckardt, von einer Impfpflicht für bestimmte Bereiche: "Wir werden eine Impfpflicht brauchen für Einrichtungen, bei Pflegeheimen, bei Kindertagesstätten et cetera." Das werde zwar nicht im Infektionsschutzgesetz geregelt, das am Donnerstag durch den Bundestag gehen soll. Göring-Eckardt kündigt aber sehr entschieden an: "Wir werden das auf den Weg bringen."

Unterstützung dafür kommt vom bayerischen Ministerpräsident Markus Söder (CSU). Die Impfpflicht für bestimmte Berufe etwa im Gesundheitswesen sei notwendig, so Söder.

Am Spätnachmittag kommt eine Klarstellung: Die Ampel-Parteien hätten sich nicht auf eine Impfpflicht geeinigt. Das Thema werde lediglich diskutiert. Göring-Eckardt bedauert, zuvor einen anderen Eindruck erweckt zu haben.

"Lockdown für Ungeimpfte" bekräftigt

Unklarheit herrscht also bei der Impfpflicht. Was die Ampelparteien bereits am Donnerstag ins Infektionsschutzgesetz hineinschreiben wollen, wird dagegen den Druck auf Ungeimpfte wohl in naher Zukunft erhöhen. Die Reform des Gesetzes erlaube einen "Lockdown für Ungeimpfte", sagen SPD und Grüne. Die FDP nennt das nicht so. FDP-Politiker hatten vor Kurzem noch öffentlich erklärt, sie seien der festen Überzeugung, es drohe keine Überlastung des Gesundheitssystems.

Am Montag lagen 3.190 Corona-Patienten auf deutschen Intensivstationen, die Hälfte wird intensiv beatmet, es wird voller auf den Stationen. Die FDP wird das erste Ampel-Update des Infektionsschutzgesetzes wohl auch deshalb mittragen. Es sieht vor, dass Kontaktbeschränkungen für Ungeimpfte im privaten und öffentlichen Raum erlassen werden können.

Maßnahmen an die Lage in den Bundesländern anpassen

Die Gesundheitspolitische Sprecherin der FDP, Christine Aschenberg-Dugnus betont, dass die Länder bald selbst Maßnahmen ergreifen könnten: 2G, 2G Plus (genesen/geimpft und getestet). "Damit können wir sehr viel erreichen", sagt Aschenberg-Dugnus. Ein Lockdown für Ungeimpfte mit Ausgangssperren wie in Österreich sei damit nicht nötig.

Klar ist, die epidemische Lage nationaler Tragweite wird voraussichtlich nicht verlängert. Stattdessen sollen die Länder auf ihre Infektionslage angepasst reagieren können. Das heißt: Sie dürfen etwa Verbote oder Auflagen mit Bezug auf Freizeit-, Kultur- und Sportveranstaltungen, Demos, Versammlungen oder Gottesdienste anordnen. Auch Alkoholkonsum in der Öffentlichkeit kann zum Beispiel untersagt werden.

Schulen und Geschäfte bleiben offen

Während nun auch Kontaktbeschränkungen weiter möglich sein sollen, wird die flächendeckende Schließung von Schulen, Einzelhandel und Gastronomie nicht mehr erlaubt. Auch Ausgangssperren würden nicht weiter zugelassen, betonten Ampel-Spitzenpolitiker nach einer Anhörung von Sachverständigen im Bundestag zum neuen Corona-Regelwerk.

Die Landesparlamente werden gestärkt

Um Corona-Maßnahmen durchzusetzen, müssten die Landesregierungen in Zukunft die Zustimmung ihrer Landesparlamente einholen. Dieser Punkt ist der FDP besonders wichtig. Und führt zu der Frage: Kann man Maßnahmen schnell genug erlassen, wenn sie erst vom jeweiligen Landesparlament diskutiert und verabschiedet werden müssen? Aus Sicht von Aschenberg-Dugnus: Ja. Die Ampel-Parteien hätten ja auch das Infektionsschutzgesetz in nur einer Woche überarbeitet.

3G-Plan für Bus und Bahn: Wer soll's kontrollieren?

Ein großes Fragezeichen gibt es auch bei der 3G-Pflicht in Bussen und Bahnen, die ebenfalls am Donnerstag verabschiedet werden soll. Wünschenswert sei das weiterhin, teilte der Sprecher der geschäftsführenden Bundeskanzlerin mit. Die Pflicht stand bereits auf der Tagesordnung. Sie wurde nicht umgesetzt.

Nach einer Prüfung hatte das Verkehrsministerium erklärt: Die Maßnahme sei "weder rechtlich möglich noch praktikabel". Es geht vor allem um die Kontrolle: Die Eisenbahnergewerkschaft EVG lief Sturm, als geplant war, die Zugbegleiter zur Kontrolle einzusetzen. Auch beim Ampel-Anlauf fordert sie wieder eine den Einsatz der Bundespolizei. "Ein zwangsläufig zu erfolgender Ausschluss von der Fahrt muss auch durchgesetzt werden", erklärte EVG-Vize-Vorsitzender Martin Burkert.

Auch hier versuchen die Ampel-Koalitionäre am Nachmittag die Wogen wieder ein wenig zu glätten: Im Nah- und Fernverkehr solle nicht beim Einstieg in den Zug flächendeckend, sondern wie der Fahrkartenbesitz punktuell kontrolliert werden, sagt Göring-Eckardt. Viel Druck für eine Regierungs-koalition, die noch nicht einmal steht.

Bayerischer Gesundheitsminister lobt Ampel-Pläne

Der bayerische Gesundheitsminister Klaus Holetschek (CSU) sagte Abend zur geplanten Einführung einer 3G-Regel im öffentlichen Nahverkehr: "Ich glaube, dass das nicht verkehrt ist." Die Vorgabe müsse dann allerdings auch kontrolliert werden.

Holetschek äußerte sich nach Beratungen der Gesundheitsminister von Bund und Ländern. Insgesamt begrüßte er die Pläne der Ampel-Fraktionen. "Ich begrüße das, dass man jetzt weiter gegangen ist", sagte er zur Erweiterung des zunächst knapper gehaltenen Ampel-Maßnahmenkatalogs. Der "Baukasten" könne allerdings "an manchen Stellen noch nachgeschärft werden". Man werde alles konsequent umsetzen, was die Ampel an Möglichkeiten hergebe, "um in dieser wirklich dramatischen Phase der Pandemie dagegen zu halten". Hier gehörten etwa Kontaktbeschränkungen "definitiv dazu". Diese hätten sich schon in anderen Pandemie-Phasen als wirkungsvoll gezeigt.

Klaus Holetschek
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Bayerns Gesundheitsminister Klaus Holetschek

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