Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Kanzler Olaf Scholz besprechen sich am 10. April im Bundeskabinett, einen Tag vor dem Expertentreffen.
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Landwirtschaftsminister Cem Özdemir und Kanzler Olaf Scholz besprechen sich am 10. April im Bundeskabinett, einen Tag vor dem Expertentreffen.

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Chefsache Landwirtschaft: Kanzler Scholz lädt zu Gespräch

Wie können die Landwirte entlasten werden? Diese Frage will der Bundeskanzler mit Bauernvertretern, Umweltschützern und Wissenschaftlern besprechen. Der Unmut in der Branche ist weiter groß, denn bisher geht kaum etwas voran.

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Es gibt viel zu besprechen, wenn Kanzler Olaf Scholz heute auf die Mitglieder der Zukunftskommission Landwirtschaft trifft. Auch wenn es nach den Bauernprotesten Anfang des Jahres gerade ruhiger ist, es brodelt weiterhin in der Bauernschaft. Umweltschützer hingegen fürchten, dass bei möglichen Zugeständnissen an die Landwirte der Naturschutz auf der Strecke bleibt.

Im Zuge der Bauernproteste hatten SPD, Grüne und FDP bis zum Sommer ein Maßnahmenpaket zugesagt, um die Landwirte zu unterstützen und sie hatten Entlastungen etwa bei bürokratischen Auflagen und Steuerregelungen in Aussicht gestellt. Konkreter wurde es bisher kaum.

Erfolgsgeschichte nach Bauernprotesten

Die Ampelparteien haben die Zukunftskommission Landwirtschaft (ZKL) gebeten, Vorschläge zu machen. Ein Entwurf des Eckpunktepapiers liegt BR24 vor. Das Vorwort zeigt, dass nicht nur bei den Landwirten, sondern auch bei anderen Mitgliedern der Kommission Frust da ist.

Dabei ist die Zukunftskommission Landwirtschaft eigentlich eine Erfolgsgeschichte. Eingesetzt wurde sie 2019 von der Vorgängerregierung aus CDU/CSU und SPD, nach den großen Bauernprotesten damals. Die Gräben waren tief zwischen Landwirten und Umweltschützern. Das Gremium, in dem neben diesen beiden Gruppen auch Wissenschaftler, Verbraucherschützer und der Handel sitzen, hat es damals geschafft, sich auf eine gemeinsame Vision zu einigen, wie die Landwirtschaft in Deutschland zukunftsfähig werden kann.

Fachleute kritisieren Einseitigkeit und Mangel an Mut

Jetzt wirft die Expertengruppe der Bundesregierung fehlenden Mut vor. Im Vorwort des Eckpunktepapiers schreibt sie: "Dieser Grundkonsens findet sich seitdem weder in den nationalen noch in den europäischen Initiativen der Politik wieder". So habe sich die Gruppe zwar für den Abbau von umweltschädlichen Subventionen ausgesprochen. Also grundsätzlich auch dafür, den Agrardiesel abzuschaffen. Aber nicht auf die Art und Weise, wie es die Bundesregierung getan habe – "spontan" und "wenig systematisch".

Die Mitglieder beschreiben die Herangehensweise der Politik als einseitig und kritisieren, dass dadurch die notwendigen Schritte hin zu einem Wandel verzögert werden, "während Klimawandel und Biodiversitätsverlust voranschreiten" und sich die Zukunftserwartungen in der Landwirtschaft messbar verschlechtern.

Bauern brauchen langfristige Hilfe

Eine Forderung der ZKL ist, die Landwirte beim Umbau ihrer Ställe hin zu mehr Tierwohl finanziell zu unterstützen. Und zwar langfristig, sagt Kai Niebert, Präsident des Naturschutzrings und Mitglied der Kommission. "Es braucht Verträge nicht über sieben Jahre, sondern über 20 Jahre." Finanziert werden könnte eine so langfristige Unterstützung auch durch eine zusätzliche Belastung der Verbraucher. Wenn die Bundesregierung zur Finanzierung auch die Verbraucherinnen und Verbraucher heranziehen wolle, dann unterstütze die Expertengruppe eine Erhöhung der Mehrwertsteuer, heißt es zusammen gefasst im ZKL-Eckpunktepapier. Für Fleisch, Milch und Co. würden dann bis zu 19 Prozent fällig statt wie jetzt sieben Prozent.

Der Deutsche Bauernverband, selbst in der Kommission vertreten, stellt diesen Vorschlag nun wieder infrage. "Eine Mehrwertsteuererhöhung auf den Regelsatz oder einen Tierwohlcent lehnen wir ab", sagt Bauernverbandspräsident Joachim Rukwied. Er will, dass das Geld für den Tierwohlumbau aus dem Bundeshaushalt kommt. Wegen der angespannten Haushaltslage ist das aber wenig wahrscheinlich.

Keine konkreten Ergebnisse erwartet

So ist nun beim Spitzentreffen im Kanzleramt auch nicht mit konkreten Ergebnissen zu rechnen. Das Eckpunktepapier der ZKL ist noch nicht ganz fertig. Es soll in den nächsten Wochen an die Ampelparteien geschickt werden. Beim Treffen mit dem Kanzler geht es deshalb vor allem um einen Austausch.

Jörg-Andreas Krüger vom Naturschutzbund Deutschland ist im Kanzleramt mit dabei. Krüger erhofft sich, "dass der Bundeskanzler auf der Basis der ZKL-Vorschläge die Initiative ergreift." Damit die Bundesregierung noch in den nächsten Monaten "konkrete Verbesserungen für Tierwohl, biologische Vielfalt und Bürokratieabbau" auf den Weg bringt.

Der bayerische Bauernverband fordert vor dem Treffen nochmals zusätzliche Entlastungen und Vereinfachungen. Zum Beispiel Steuererleichterungen und die Einführungen einer Klimaprämie für Dauergrünland.

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