12 Euro auf einer Hand (Symbolbild)
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Bundestag beschließt Erhöhung des Mindestlohns auf zwölf Euro

Der Bundestag hat mit den Stimmen der Ampelkoalition und der Linken die Erhöhung des Mindestlohnes auf 12 Euro und die Anhebung der Minijob-Grenze auf 520 Euro beschlossen. Auf der Tagesordnung steht noch die Abstimmung zum Bundeswehr-Sondervermögen.

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Der Bundestag hat im Rahmen seiner Haushaltsdebatte die Erhöhung des Mindestlohns von 9,82 Euro auf 12 Euro ab dem 1. Oktober 2022 beschlossen.

Einmalige Anhebung per Gesetz

Die Koalition aus SPD, Grünen und FDP hatte sich darauf verständigt, den Mindestlohn einmalig per Gesetz anzuheben. Normalerweise wird er in einer Kommission von Vertretern von Arbeitgebern und Gewerkschaften ausgehandelt. Unabhängig von der nun beschlossenen Erhöhung des Mindestlohns auf 12 Euro ab dem 1. Oktober steigt der Mindestlohn von aktuell 9,82 Euro pro Stunde zum 1. Juli bereits auf 10,45 Euro.

Zugleich stimmte das Parlament für die Anhebung der Verdienstgrenze für die steuer- und sozialabgabenfreien Minijobs von 450 auf 520 Euro. Damit werden entsprechende Ankündigungen der Ampel-Koalition umgesetzt, Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte die Anhebung der Lohnuntergrenze zu einem Kernversprechen seines Wahlkampfs gemacht.

  • Mindestlohn steigt 2022 in zwei Schritten

Heil: "Für viele der größte Lohnsprung im Leben"

Den Abgeordneten lag zur Anhebung des Mindestlohns ein Gesetzentwurf von Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) vor. "Diese Erhöhung auf 12 Euro ab dem 1. Oktober, das ist für sechs Millionen Menschen, vor allem für viele Frauen und viele Menschen in Ostdeutschland, möglicherweise der größte Lohnsprung in ihrem Leben, um 22 Prozent", sagte Heil in der Debatte. Für sie bedeute dies "spürbar im Portemonnaie eine Verbesserung".

"Sicherheit und Frieden, das sind die zentralen Prioritäten der Bundesregierung in diesen schwierigen Zeiten", hob Heil weiter hervor. Dabei gehe es um Sicherheit nach außen, aber diese Sicherheit "muss auch nach innen gelten". Er verwies dabei auf "die sozialen Herausforderungen, vor denen unser Land steht" und auf die Sorgen vieler Menschen wegen der aktuell hohen Preissteigerungen. "Es gilt in diesen schwierigen Zeiten unserer Gesellschaft zusammenzuhalten", erklärte Heil.

"Menschen, die Vollzeit arbeiten, dürfen in diesen Tagen nicht von Armut bedroht sein", warb auch der Grünen-Politiker Andreas Audretsch für den höheren Mindestlohn.

FDP hebt Anhebung der Minijob-Grenze hervor

Für die FDP begrüßte Pascal Kober insbesondere die Anhebung der Minijob-Grenze. Die Liberalen hatten auf diesem Schritt bestanden, die Erhöhung des Mindestlohns tragen sie im Gegenzug als Zugeständnis an SPD und Grüne mit. Die höhere Minijob-Grenze sei ein Fortschritt für die Unternehmen, so Kober, die so Arbeitszeiten besser ausweiten und ihre "Stoß- und Randzeiten besser abdecken" könnten.

  • Mindestlohn und Minijobs: Die Reformpläne der Ampel

Linke: "Eigentlich müssten es schon 13 Euro sein."

Die Linken-Haushaltsexpertin Gesine Lötzsch warnte davor, dass die gegenwärtige Preisexplosion viele Menschen existenziell bedrohe. Die Linke werde der Mindestlohnerhöhung zwar zustimmen, sie reiche aber nicht aus: "Eigentlich müssten es jetzt schon 13 Euro sein."

Die Linksfraktion kritisierte die Anhebung der Mindestlohn-Grenze. Die Ampel-Koalition nehme damit eine Ausweitung der Minijobs vor. Minijobs stünden für prekäre und nicht existenzsichernde Arbeit. "Minijobs bleiben arbeitsmarktpolitisch und gleichstellungspolitisch ein völliger Irrweg", sagte die stellvertretende Fraktionsvorsitzende Susanne Ferschl.

Union: Mindestlohn gehört in die Kommission

Wilfried Oellers (CDU) erklärte, die Union befürworte eine Anhebung des Mindestlohns durchaus, bekräftigte aber die Kritik an den Gesetzesvorhaben: Die Entscheidung über den Mindestlohn gehöre in die Hände der Mindestlohnkommission, das vorgesehene Verfahren sei in der täglichen Praxis der Unternehmen mit zahlreichen Dokumentationspflichten viel zu bürokratisch.

Auch Oellers Parteikollegin Ottilie Klein kritisierte die aktuelle Erhöhung des Mindestlohn als Eingriff in die Tarifautonomie. Löhne sollten nicht politisiert werden, betonte sie: "Der staatliche Eingriff in die Tarifautonomie sollte einmalig sein", forderte sie.

Die Union enthielt sich daher wie vorab angekündigt bei der Abstimmung - ebenso wie die AfD.

Auch Arbeitgeber gegen Anhebung durch Parlament

Der Arbeitgeberverband BDA hatte im Vorfeld ebenfalls kritisiert, die Politik breche mit er Anhebung des Mindestlohns die Zusage, dass die Lohngrenze von der Mindestlohnkommission festgesetzt wird. In diesem Gremium bestimmen Arbeitgeber und Gewerkschaften normalerweise die Erhöhungsschritte. Die Kommission soll laut Gesetz erst nach der außerplanmäßigen Erhöhung wieder zuständig werden.

"Uns geht es nicht um die Höhe des Mindestlohns", sagte der Arbeitgeberpräsident Rainer Dulger der "Welt": "Der Punkt ist: Die Bundesregierung hält sich nicht an die Absprachen, die wir 2015 vereinbart haben, als mit Einführung des gesetzlichen Mindestlohns die Mindestlohnkommission gegründet wurde."

DGB kritisiert Anhebung der Minijobgrenze

Auch der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) hatte vorab die Gesetzesvorhaben kritisiert. Mit der Ausweitung der Minijobgrenze blieben weiterhin Millionen Beschäftigte ohne Sozialversicherung.

Die angekündigte Enthaltung der Unionsfraktion kritisierte vorab der DGB in der "Neuen Osnabrücker Zeitung" als "Schlingerkurs": "Mit wehenden Fahnen pro 12 Euro ist die Union in Schleswig-Holstein und in Nordrhein-Westfalen in die Wahlkämpfe gezogen, doch bei der entscheidenden Abstimmung im Bundestag will man sich nun enthalten", sagte DGB-Vorstandsmitglied Stefan Körzell der Zeitung.

Haushalt 2022 verabschiedet - Schuldenbremse ausgesetzt

Der Bundestag fasste heute noch weitere weitreichende Beschlüsse. Mit der Verabschiedung des Bundeshaushalts für 2022 wurde die Haushaltswoche, in der die Etats aller Ministerien debattiert wurden, abgeschlossen. Der Etat sieht rund 139 Milliarden Euro Neuverschuldung vor. Das ist die zweithöchste Nettokreditaufnahme in der Geschichte der Bundesrepublik nach der Rekordverschuldung von 215,4 Milliarden Euro 2021.

Vor der Schlussabstimmung hob der Bundestag am Mittag für das dritte Jahr in Folge bereits den im Grundgesetz verankerten Schuldendeckel für den Bundeshaushalt auf. Dies war erforderlich, weil der Bundeshaushalt für 2022 zusätzliche Schulden von knapp 139 Milliarden Euro vorsieht. Die nach der Schuldenbremse zulässige Kreditaufnahme wird damit um rund 115,7 Milliarden Euro überschritten.

Das Grundgesetz erlaubt dies in einer "außergewöhnlichen Notsituation". Die Bundesregierung begründet diese mit der Bewältigung der Corona-Pandemie und den Folgen des Ukraine-Krieges. Der Bundeshaushalt 2022 soll am Nachmittag vom Bundestag beschlossen werden.

Grundgesetzänderung für Bundeswehr-Sondervermögen

Mit den Stimmen der Ampel-Koalition aus SPD, Grünen und FDP sowie der oppositionellen Union wurde am Nachmittag zudem eine Änderung des Grundgesetzes verabschiedet. Die Ampelfraktionen hatten sich am Sonntag mit der Union auf Details des Sondervermögens für die Bundeswehr verständigt. Mit der Änderung des Grundgesetzes wird nun klargestellt, dass "zur Stärkung der Bündnis- und Verteidigungsfähigkeit" ein Sondervermögen "für die Bundeswehr" eingerichtet werden kann.

Damit wird festgelegt, dass ein neuer, mit Schulden finanzierter 100-Milliarden-Euro-Fonds für eine bessere Ausstattung der Bundeswehr nicht unter die Schuldenbremse fällt. Der Fonds selbst wird per einfachem Gesetz eingerichtet, das der Bundestag danach beschließen soll.

Opposition übt Kritik an kurzfristiger Abstimmung

Die kurzfristig anberaumte Abstimmung über das Bundeswehr-Sondervermögen sorgte für Kritik bei der Opposition. Es sei völlig unangemessen, in der eigentlich den Haushaltsberatungen vorbehaltenen Sitzungswoche "mal eben so das Grundgesetz" zu ändern, sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Linksfraktion, Jan Korte, im Bundestag. Er sprach von einem "unsauberen Schmuddelverfahren".

Kritik am Verfahren kam auch von der Union, auch wenn sie dem Sondervermögen zustimmen will. Es sei nicht angemessen, "so zu tun, als ob der Zweck alle Mittel heiligt", sagte der parlamentarische Geschäftsführer der Union, Thorsten Frei (CDU). Man könne mit Minderheitenrechten im Parlament so nicht umgehen, sagte er in Richtung der Koalition aus SPD, Grünen und FDP.

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