Das israelische Militär bereitet eine Großoffensive gegen die Hamas im Gazastreifen vor. Eventuelle Pläne zu einer möglichen Besetzung bezeichnet US-Präsident Joe Biden als "großen Fehler". "Die extremen Elemente der Hamas repräsentieren nicht das gesamte palästinensische Volk. Und ich denke, es wäre ein Fehler von Israel, Gaza erneut zu besetzen", sagte Biden in einem Interview der CBS-Nachrichtensendung "60 Minutes".
Biden: "Extremisten ausschalten" ist notwendig
Am vergangenen Freitag hatte Israels Militär die Zivilisten im Norden des Gazastreifens aufgefordert, in den Süden des abgeriegelten Gebiets zu fliehen. Es wird eine baldige Bodenoffensive israelischer Truppen gegen die Hamas im Gazastreifen erwartet. Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu hat das Ziel ausgegeben, die islamistische Gruppe zu zerschlagen.
"Hineinzugehen und die Extremisten auszuschalten", sei notwendig, betonte US-Präsident Biden. Er zeigte sich in dem CBS-Interview zuversichtlich, dass Israel im Einklang mit "Regeln des Krieges" vorgehen werde. "Es gibt Standards, an die sich demokratische Institutionen und Länder halten", sagte er. Er sei sich sicher, dass den Unschuldigen im Gazastreifen der Zugang zu Medizin, Nahrungsmitteln und Wasser ermöglicht werde.
Zweistaatenlösung nur ohne Hamas
Die Frage, ob die Hamas seiner Ansicht nach komplett vernichtet werden müsse, bejahte der US-Präsident. "Aber es muss eine palästinensische Autorität geben. Es muss einen Pfad zu einem palästinensischen Staat geben." Dieser Pfad sei die Zwei-Staaten-Lösung, die die USA seit Jahrzehnten unterstützten.
Israel hatte den Gazastreifen während des Sechstagekrieges 1967 besetzt und später den Bau von Siedlungen genehmigt. 2005 ordnete der damalige Ministerpräsident Ariel Scharon einen militärischen Abzug aus dem Gazastreifen und die Räumung der Siedlungen an. Israel kontrolliert seitdem unter anderem Grenzübergänge, den Güterverkehr und die Stromversorgung.
Biden erwägt offenbar Reise nach Israel
Laut einem ranghohen US-Regierungsmitglied erwägt Biden eine Reise nach Israel. Das wäre aus Sicht von Beobachtern für den Präsidenten eine Chance, nach den Attacken der Hamas vor Ort die Solidarität der USA mit dem israelischen Volk zu bekräftigen.
Allerdings könnte etwa der Iran, der wichtigste Unterstützer der Hamas, Bidens Besuch als Provokation auffassen. Das iranische Regime droht im Fall einer Bodenoffensive mit einer Ausweitung des Konflikts.
Kritik am militärischen Vorgehen Israels
Vergangene Woche reiste US-Außenminister Antony Blinken nach Israel und mehrere arabische Länder. In Kairo äußerte Ägyptens Staatschef Abdel Fattah al-Sisi am Sonntag im Gespräch mit Blinken Kritik am militärischen Vorgehen Israels. Die israelische Reaktion gehe über das Recht auf Selbstverteidigung hinaus und sei in "eine kollektive Bestrafung" ausgeartet, sagte al-Sisi laut ägyptischen Staatsmedien.
Blinken betonte vor seiner Abreise, dass Israel "das Recht, ja die Pflicht hat, sich gegen die Attacken der Hamas zu verteidigen und zu versuchen, alles Mögliche zu tun, um sicherzustellen, dass das nie wieder passiert." Die Art und Weise, wie Israel dies tue, zähle aber, ergänzte der US-Außenminister. "Es muss es auf eine Weise tun, die gemeinsame Werte bejaht, die wir mit Blick auf menschliches Leben und menschliche Würde haben; und es müssen alle möglichen Vorkehrungen getroffen werden, um die Schädigung von Zivilisten zu vermeiden."
Im Video: Humanitäre Lage im Gazastreifen spitzt sich zu
Mit Informationen von dpa und AP
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