Bundesweite Kontrolle bei Amazon-Paketzustellern - wie hier in Oerlenbach bei Bad Kissingen.
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Bundesweite Kontrolle bei Amazon-Paketzustellern - wie hier in Oerlenbach bei Bad Kissingen.

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Bundesweite Kontrollen bei Amazon-Paketzustellern

Seit den frühen Morgenstunden kontrolliert der Zoll die Arbeitsbedingungen von Paketzustellern. Im Fokus steht der Onlinehändler Amazon, der Pakete über Subunternehmer ausliefern lässt. Alle sieben bayerischen Zollämter sind an der Aktion beteiligt.

Mehrere tausend Beamtinnen und Beamte der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" (FKS) des Zolls kontrollieren deutschlandweit seit Freitagmorgen die Arbeitsbedingungen bei Paketzustellern. Nach BR-Informationen treffen die Kontrollen ausschließlich den Branchenriesen Amazon und die für Amazon tätigen Subunternehmen. Bei vergangenen Schwerpunktprüfungen waren im Schnitt 2.000 Beamtinnen und Beamte im Einsatz. An der heutigen Kontrolle beteiligen sich alle 41 Hauptzollämter in ganz Deutschland.

In Bayern betrifft das alle sieben Hauptzollämter in München, Nürnberg, Augsburg, Schweinfurt, Regensburg, Landshut und Rosenheim. Amazon betreibt ein großes Logistikzentrum in Graben bei Augsburg. Verteilzentren befinden sich unter anderem in Moosburg, Olching bei München und Oerlenbach bei Bad Kissingen.

Probleme: Mindestlohn und Scheinselbstständigkeit

"Die Paketbranche arbeitet häufig mit Nachunternehmern. Hier konnte die FKS vermehrt Verstöße gegen die Pflicht zur Zahlung des Mindestlohns feststellen", erklärte eine Sprecherin der Generalzolldirektion gegenüber dem Bayerischen Rundfunk. Seit dem 1. Juli 2021 beträgt der Mindestlohn 9,60 Euro pro Stunde. Ein Schwerpunkt der heutigen Kontrolle liegt auf der Einhaltung des aktuellen Mindestlohns. Außerdem werden Verstöße gegen sozialversicherungsrechtliche Pflichten überprüft. "Im Speziellen die Pflicht zur korrekten Zahlung von Sozialversicherungsbeiträgen durch Nachunternehmer“, so die Sprecherin der Generalzolldirektion.

Auch sei "Scheinselbständigkeit" in der Branche verbreitet. Das habe zur Folge, dass Sozialversicherungsbeiträge nicht entrichtet werden müssten und der Mindestlohn umgangen werden könnte, so die Sprecherin.

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Verdi: Fahrer überschreiten teilweise Höchstarbeitszeit

Gewerkschaften kritisieren seit Langem die Arbeitsbedingungen der Paketzusteller. Besonders Subunternehmer Amazons fielen dabei auf, so David Merck, Fachbereichsleiter Logistik der Gewerkschaft Verdi in Bayern. Problematisch, so Merck, sei nicht der Monatslohn, den Fahrer verdienten. "Das Problem ist die Arbeitszeit. Die Fahrer arbeiten nicht selten bis zur gesetzlichen Höchstarbeitszeit von 60 Stunden pro Woche - und mehr", sagt David Merck.

Amazon: Unternehmen verpflichten sich Gesetze einzuhalten

Wie viele Personen in Deutschland für Amazon Pakete ausliefern, ist unklar. Amazon äußerte sich hierzu nicht. Ein Sprecher betont jedoch:

"Wir arbeiten mit einer Vielzahl an Lieferpartner:innen zusammen um Pakete zu den Kund:innen zu bringen. Diese Unternehmen sind verpflichtet, sich an die geltenden Gesetze und den Verhaltenskodex für Amazon Lieferpartner:innen zu halten, der Schwerpunkt auf faire Löhne, Sozialleistungen, angemessene Arbeitszeiten und Vergütung legt."

Verdi fordert Ende von Werkverträgen

Die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi fordert von Amazon, auf Subunternehmer zu verzichten und die Fahrer direkt anzustellen. "Wir fordern ein Ende der Werkverträge in der Logistikbranche, parallel zur Gesetzgebung in der Fleischindustrie, die Subunternehmertum verbietet", sagt David Merck von Verdi Bayern.

Die heutige Schwerpunktkontrolle der "Finanzkontrolle Schwarzarbeit" folgt auf ähnliche bundesweite Prüfungen, die in den vergangenen Monaten in der Bauindustrie und bei Gebäudereinigern stattfanden.

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