Juni 1945. Deutschland liegt in Trümmern. Millionen Menschen sind tot. Nach zwölf Jahren Naziherrschaft lautet die Frage, mit welchen Werten soll man dieses physisch wie psychisch zerstörte Land wieder aufbauen?
Heiße Liebe und ein christliches Grundverständnis
Für Konrad Adenauer ist völlig klar, es muss eine neue Partei sein, geleitet vom christlichen Menschenbild. Und der Gründungsaufruf zur Christlich Demokratischen Union Deutschlands ermutigt das Volk, "eine neue Heimat mit heißer Liebe" aufzubauen.
Konrad Adenauer und Ludwig Erhard bauen das Land auf, die Wirtschaftswunderjahre spiegeln sich in Wahlergebnissen wider. Mehr als 50 Prozent schafft danach keiner mehr, wobei Helmut Kohl nahe ran kommt.
Der Mauerfall bringt neuen Schwung für Kohl
Die Ära Kohl bringt die CDU inhaltlich voran. Tatsächlich verabschiedet die Partei erst 1978 ihr erstes Grundsatzprogramm. Liberal, Christlich-sozial und konservativ - das soll die Union sein.
Helmut Kohl führt die Partei streng, alles basiert auf Vertrauen. Einen lange vorbereiteten Putsch im Sommer 1989 wittert er - danach gehen Kohl und Generalsekretär Heiner Geißler getrennte Wege. Kohls Macht in der CDU ist ramponiert, doch wenige Wochen später fällt die Mauer - alles vergessen. Kohl wird der Kanzler der Einheit.
"Er hatte eine unglaubliche Begabung, Vertrauen für die Redlichkeit und Kompetenz des eigenen Handelns und über die eigene Person hinaus Vertrauen in dieses neue Deutschland bei unseren europäischen Nachbarn zu stiften und zu pflegen." Norbert Lammert, CDU, ehemaliger Präsident des Deutschen Bundestages
Verlorene Wahl, verlorener Ehrenvorsitz
Acht Jahre später verkündet Helmut Kohl fast wie nebenbei in einem Fernsehinterview, er wolle nochmal antreten. Dabei hält sich Wolfgang Schäuble längst bereit. Aber ein offener Putsch ist in der CDU nicht vorgesehen. Die Wahl 1998 geht krachend verloren, und ein Jahr später fällt auch das Denkmal Helmut Kohl: In der Affäre um Parteispenden räumt er zwar ein, Anfang der 1990er-Jahre etwa zwei Millionen D-Mark erhalten zu haben. Von wem, will er aber nicht sagen.
CDU-Parteichef Wolfgang Schäuble nimmt Kohl auf offener Bühne den Ehrenvorsitz weg. Generalsekretärin Angela Merkel schreibt in der FAZ, die Partei müsse "laufen lernen".
Die erste Frau an der Spitze
Vier Monate später, im April 2000 wird Angela Merkel neue CDU-Parteivorsitzende. Und 2005 dann zur ersten Kanzlerin der Bundesrepublik Deutschland.
Die Männer scheitern dabei reihenweise an Merkel: Günther Oettinger, Roland Koch und Friedrich Merz verschwinden von der Bühne. Derweil regiert die CDU-Chefin mit der SPD und verrückt die CDU nach links. Sie regiert mit der FDP und lässt die Liberalen schrumpfen.
Merkel ließ ihr persönliches C entscheiden
Zuwanderung und Migration entscheiden am Ende über Angela Merkels politisches Schicksal. Die CDU hat zwar die Macht zu regieren, aber sie streitet sich über den Inhalt. Als die Flüchtlinge 2015 aus Ungarn ins Land gelassen werden, folgt Merkel ihrem persönlichen C - im Namen der Partei: christlich.
Schon rein theoretisch finden das nicht alle in der Partei richtig - und ganz praktisch bescheren die vielen Flüchtlinge der AfD einen Wahlerfolg nach dem anderen. Und immer lauten melden sich auch parteiinterne Merkel-Kritiker zu Wort. Merkel zieht die Reißleine: "Ich wurde nicht als Kanzlerin geboren und auch nicht als Parteivorsitzende", sagt sie, als sie ihren Rückzug von der Parteispitze ankündigt.
Kämpfe um den Parteivorsitz - und die Ausrichtung der CDU
Denkbar knapp gewinnt Annegret Kramp-Karrenbauer im Dezember 2018 die Wahl zur neuen Vorsitzenden. Ihre Rede kommt bei den Delegierten deutlich besser an als die von ihrem Konkurrenten Friedrich Merz. Der Unterlegene scheint die Niederlage anzuerkennen - aber nicht lange. Schon kurze Zeit später machen er, die Junge Union und die Konservativen unverhohlen Stimmung. Mutig sei sie immer gewesen, sagt Kramp-Karrenbauer von sich selbst. Trotzdem hört sie auf.
Ohne die Corona-Pandemie gäbe es jetzt schon einen neuen Vorsitzenden. Drei haben sich in Stellung gebracht: Armin Laschet, Friedrich Merz und Norbert Röttgen. Sie könnten sich den Gründungsaufruf von 1945 noch mal durchlesen. Eine "heiße Liebe zum deutschen Volk" haben sich die Gründungsväter und Mütter gewünscht. Und: "Wir rufen euch auf, alles Trennende zurückzulassen!"
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