Zwei Jahre hatten CDU und CSU über die Flüchtlingspolitik gestritten - mal ganz offen, mal eher zurückhaltend, im Angesicht der Bundestagswahl. Jetzt haben sie einen Kompromiss ausgehandelt. Der zentrale Satz des Papiers lautet:
"Wir wollen erreichen, dass die Gesamtzahl der Aufnahmen aus humanitären Gründen (…) die Zahl von 200.000 Menschen im Jahr nicht übersteigt." Aus dem 'Regelwerk zur Migration'
Damit sind also nicht nur Flüchtlinge gemeint, sondern auch Asylbewerber, subsidiär Geschützte und der Familiennachzug.
Grenzkontrollen sollen vorerst bleiben
Erreicht werden soll die Beschränkung laut dem Papier durch eine Reihe von Maßnahmen, von denen einige bereits in Arbeit sind - etwa die Bekämpfung der Fluchtursachen, der Schutz der EU-Außengrenzen und EU-weite Asylverfahren. Bis der Schutz der EU-Außengrenzen gesichert ist, sollen die nationalen Grenzkontrollen weiterlaufen. Von einer "Obergrenze" ist in dem Papier nicht die Rede - entgegen den Ankündigungen von CSU-Chef Horst Seehofer. Dafür ist die von ihm genannte Zahl 200.000 nun gemeinsame Position der Unionsparteien. Allerdings ist sie nicht in Stein gemeißelt: Sollte die Zahl "durch internationale oder nationale Entwicklungen nicht eingehalten werden, werden die Bundesregierung und der Bundestag geeignete Anpassungen des Ziels nach unten oder oben beschließen".
Einführung von Aufnahmezentren
Neu ist der Beschluss, dass künftig alle Asylbeweber in Aufnahmezentren warten müssen, bis ihr Verfahren abgeschlossen ist. Vorbild sind Manching, Bamberg und Heidelberg. Von dort sollen die Flüchtlinge dann gegebenenfalls direkt wieder abgeschoben werden. Die beiden Schwesterparteien bekennen sich in ihrem Papier zum Grundrecht auf Asyl und zur Bearbeitung jedes Asylantrags.
Stundenlange Verhandlungen
Dem Kompromiss waren stundenlange Verhandlungen vorausgegangen. Sie sollen "konstruktiv und engagiert" gewesen sein, was bedeutet, dass es mitunter hart zur Sache gegangen sein muss. Nach dem Durchbruch zeigten sich CSU-Politiker erleichtert: "Sie sehen mich sehr zufrieden", sagte Landesgruppenchef Alexander Dobrindt beim Verlassen des Konrad-Adenauer-Hauses. Generalsekretär Andreas Scheuer sprach von einem "guten Tag für die Union und für Deutschland". Als sie in ihre Autos stiegen, klatschten sich die beiden Politiker gegenseitig ab und beglückwünschten sich.
Teilnehmer waren ursprünglich je fünf Spitzenpolitiker jeder Unionspartei, nämlich für die CSU Horst Seehofer, Andreas Scheuer, Alexander Dobrindt, Joachim Herrmann und Thomas Kreutzer. Die CDU war vertreten durch Kanzlerin Angela Merkel, Peter Tauber, Peter Altmaier, Volker Kauder und Wolfgang Schäuble. Als es um die Details des Flüchtlingskompromisses ging, kam zusätzlich Bundesinnenminister Thomas de Maiziere in die CDU-Zentrale.
Weitere Erläuterungen auf Pk am Montag
Den Kompromiss wollen die Parteivorsitzenden Merkel und Seehofer am Montag bei einer Pressekonferenz gemeinsam erläutern. Damit haben die Unionsparteien nun den größten Knackpunkt für ihre "Jamaika"-Gespräche mit Grünen und FDP ausgeräumt. Ihre weiteren Streitpunkte wie etwa die Mütterrente wollen CDU und CSU demnächst besprechen.