Archiv: Eine Hand zeigt den "Wolfsgruß" der Grauen Wölfe während einer Pro-Türkischen Demonstration in München (2016)
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Archiv: Eine Hand zeigt den "Wolfsgruß" der Grauen Wölfe während einer Pro-Türkischen Demonstration in München (2016)

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Wolfsgruß auf Erdoğan-Feier: Türkische Rechtsextreme in Bayern

Zahllose Menschen haben am Sonntag den Wahlsieg des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan gefeiert. In München soll auch der Handgruß der "Grauen Wölfe" gezeigt worden sein. Welche Rolle spielen türkische Rechtsextremisten in Bayern?

Über dieses Thema berichtet: Regionalnachrichten aus Oberbayern am .

In ganz Bayern haben am Sonntagabend Anhänger des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan dessen Wahlsieg in der Türkei gefeiert. Allein in Nürnberg kamen bis zu 1.000 Menschen zusammen, wie die Polizei mitteilte. In München feierten rund 400 Menschen rund um das Siegestor. Mehrere Personen wurden laut Polizei angezeigt: sechs wegen illegaler Pyrotechnik, zwei wegen Beleidigung und zwei wegen Diebstahls einer Fahne. Der Staatsschutz ermittelt gegen eine Person, die eine verbotene türkische Militäruniform getragen haben soll.

In sozialen Medien wie Twitter und TikTok kursieren zudem Fotos und Videos, die den "Wolfsgruß" zeigen - das Erkennungszeichen der rechtsextremistischen "Grauen Wölfe". Der Staatsschutz hat hierzu Ermittlungen aufgenommen und prüft, ob die Aufnahmen von diesem Abend stammen.

Größte rechtsextremistische Bewegung in Deutschland

Sie gelten als größte rechtsextremistische Bewegung in Deutschland: Die "Grauen Wölfe" (türkisch "Bozkurtlar") hetzen gegen politische Gegner und Minderheiten wie Kurden oder Aleviten und träumen von einem großtürkischen Reich, das sich vom Balkan bis nach Zentralasien erstrecken soll, also weit über die aktuellen Grenzen der Türkei hinaus. Das Erkennungszeichen der türkischen Rechtsextremen ist der mit fünf Fingern stilisierte "Wolfsgruß". Sich selbst nennen die Grauen Wölfe "Ülkücü"-Anhänger. "Ülkücü" bedeutet übersetzt "Idealismus".

Auch in Bayern präsent

Mit Vereinen und Dachverbänden ist die ultranationalistische, antisemitische und rassistische Bewegung auch in Bayern präsent. Wie das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz auf seiner Seite schreibt, gehören der Szene in Bayern rund 1.300 Anhänger an. Deutschlandweit geht das Bundesamt für Verfassungsschutz von rund 11.000 Anhängern aus. Azad Yusuf Bingöl hält von diesen Zahlen nicht viel. Er ist Kurde und im Migrationsbeirat der Landeshauptstadt München. Die Dunkelziffer sei weitaus höher, ist er überzeugt.

Das Problem liege nicht nur in den organisierten Strukturen, sagt Bingöl im Gespräch mit dem BR. Die Grauen Wölfe seien keine isolierte Gruppierung. Die politischen Ideen und Ziele der Rechtsextremisten stoßen seiner Meinung nach in der deutsch-türkischen Community auf breite Akzeptanz. Auf Twitter postete Bingöl den Screenshot eines Videos, das er auf TikTok entdeckt habe. Das Bild zeigt den Wolfsgruß in unmittelbarer Nähe einer Polizeiuniform . "Hier wird das Handzeichen der faschistischen Grauen Wölfe mit einem Polizisten [...] ganz stolz veröffentlicht [...]", twittert Bingöl.

"Graue Wölfe" werben auf Veranstaltungen um neue Mitglieder

Die "Grauen Wölfe" sind in Bayern streng hierarchisch organisiert und gliedern sich in zwei Strukturen auf: Ein Bezirksverein sitzt in Nürnberg, der andere in München. Die verschiedenen Vereine bieten religiöse, traditionelle und sportliche Feste, Gruppenausflüge und Basare. Allein in München betreiben die "Grauen Wölfe" drei Räumlichkeiten, sagt Azad Yusuf Bingöl. Auf den Veranstaltungen werben sie wohl um neue Mitglieder, so das Bundesamt für Verfassungsschutz. Aber auch der Zusammenhalt der Gemeinschaft werde zelebriert, erklärt Bingöl.

Seit November 2020: Verbot der "Grauen Wölfe" wird geprüft

Von den "Grauen Wölfen" gehe eine große Gefahr aus, sagt Azad Yusuf Bingöl. Gewalt gegen politische Gegner, Juden, Kurden, Aleviten oder "Nicht-Gläubige" seien keine Seltenheit. Bingöl spricht von regelrechten "Hetzjagden". Auch er selbst sei bereits angegriffen worden. Der Kurde sieht vor allem die Politik in der Pflicht. Es brauche eine konsequente Haltung. Die "Grauen Wölfe" als Randphänomen abzutun, entspreche in keiner Weise der Realität.

Im November 2020 hat der Bundestag einen gemeinsamen Prüf-Antrag von Union, SPD, FDP und den Grünen gebilligt, der die alte Bundesregierung unter Angela Merkel (CDU) aufforderte, ein Verbot der "Grauen Wölfe" zu prüfen. Eine Entscheidung steht noch immer aus.

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