Überall in der Waldnaabaue bei Tirschenreuth zwitschert und brummt es. Der Westen und Süden des Gebietes besteht aus aufgegebenen Teichen voller Schilf und Rohrkolben, teilweise ragen auch noch gebrochene Reststämme von Birken oder Erlen aus den sumpfigen Bereichen.
Im Norden und Osten liegt die so genannte Tirschenreuther Teichpfanne – das große Mosaik aus Karpfenteichen, für das die Region bekannt ist. Seit rund 1000 Jahren werden hier Fischteiche bewirtschaftet, weil Ackerbau und Viehzucht in dem Feuchtgebietskomplex nie wirklich möglich waren. Das macht die Waldnaabaue zu einer der ältesten Kulturlandschaften in ganz Europa.
Renaturierung hat zu großem Artenreichtum geführt
Die Waldnaabaue ist seit jeher ein Feuchtgebiet, weil hier eine wasserundurchlässige Kaolin-Tonschicht im Boden verhindert, dass das Wasser nach unten versickern kann. Angefangen vor fast 25 Jahren sind hier im Zuge eines Bundesnaturschutzprojekts mit Millionenaufwand ehemalige Teiche wieder vernässt worden. Mit verschiedenen Maßnahmen wurde dort also dafür gesorgt, dass das Wasser nicht mehr ungehindert in die Tirschenreuther Waldnaab abfließt.
Für den Artenschutz hatte das Erfolg: In der Waldnaabaue leben nun wieder eine ganze Reihe seltener, teils sogar vom Aussterben bedrohter Libellenarten. Außerdem brüten dort Fisch- und Seeadler und es gibt bedeutende Vorkommen vieler weiterer selten gewordener Arten wie Moorfrosch oder Kreuzotter.
Zunehmende Trockenheit verkleinert potenziellen Moorbereich
Thomas Kurzeck ist Landschaftsarchitekt. Er betreut das FFH- und Vogelschutzgebiet Waldnaabaue für das Landratsamt Tirschenreuth. "Wo der Wasserzulauf nicht gesichert ist, trocknen manche Bereiche im Sommer aus. Das führt dann natürlich dazu, dass diese Bereiche wieder verwalden, die Gehölze dort also wieder Fuß fassen", sagt Kurzeck. Echte Moore werden an diesen Stellen dementsprechend sehr wahrscheinlich nicht mehr entstehen.
Der entscheidende Faktor: Rückhaltung des Wassers in der Fläche
In den letzten Jahren ist in der Waldnaabaue fast ein Drittel weniger Regen gefallen als der langjährige Mittelwert - rund 350 Liter pro Quadratmeter im Jahr statt wie früher rund 450. Vor allem die Sommer werden zunehmend trocken.
Der Schlüssel ist also, das Wasser aus den niederschlagsreicheren Zeiten im Herbst und Winter nicht abfließen zu lassen, sondern in der Fläche zurückzuhalten. Je nachdem, wohin sie abgelassen werden und wohin das Wasser dann abfließt, erfüllen diese Funktion durchaus auch die bewirtschafteten Fischteiche. In den weitgehend sich selbst überlassenen Bereichen hilft dagegen der Biber bei dieser Aufgabe tatkräftig mit: Seine Dämme und Spuren sind in der Waldnaabaue leicht zu finden.
Gut für den Artenschutz, schlecht für die Teichwirtschaft
Ein Stück weiter östlich, nahe dem Aussichtspunkt "Himmelsleiter", verdreht Teichwirt Karl Mehler beim Stichwort Biber die Augen. Zu viel Schaden hätten die Nager schon an seinen hier liegenden Fischteichen angerichtet. Obwohl Mehler etwa 100 Hektar Teiche besitzt, kann er die von seiner Familie über Generationen betriebene Teichwirtschaft nur noch nebenberuflich ausüben. Die Probleme mit Fischotter, Kormoran und Biber machen es inzwischen nahezu unmöglich, in frei zugänglichen Teichen in der Natur hauptberuflich Fischzucht zu betreiben, sagt er.
Trockenheit für Teichwirtschaft relativ unproblematisch
Die zunehmende Trockenheit dagegen ist aus Karl Mehlers Sicht zwar durchaus ein Problem für die Teichwirtschaft, aber eines, mit dem sich umgehen ließe. "Man muss sich eben nur drauf einstellen. Es geht nicht mehr, dass man alle Teiche auf einmal ablässt und hofft, dass dann alle gleichzeitig wieder volllaufen.
Aber dann muss man eben aufteilen und auf einen Zwei- oder Dreijahresrhythmus umstellen", so der Teichwirt. Die steigende Wassertemperatur sieht er zumindest in der Tirschenreuther Teichpfanne nicht als Problem: Zum einen sind die Teiche hier recht tief und erwärmen sich dadurch langsamer, zum anderen werden hauptsächlich Karpfen gezüchtet, und die mögen es grundsätzlich eher warm.
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Trotz Klimawandel: Waldnaabaue wird Feuchtgebiet bleiben
Insgesamt sind die Verantwortlichen überzeugt, dass die Waldnaabaue durch die Wasserrückhaltung in der Fläche – egal, ob durch Biberdamm oder Fischteich – auch im fortschreitenden Klimawandel ein artenreicher Feuchtgebietskomplex bleiben wird, wenn auch mit einem kleineren durchgehend nassen Kerngebiet.
Das Gesicht der Landschaft wird sich aller Voraussicht nach trotzdem deutlich verändern: Die umliegenden Wälder profitieren nur bedingt von der Feuchtigkeit und bestehen hauptsächlich aus dort eigentlich nicht heimischen Fichten. Die werden hier, wie an sehr vielen Orten in Bayern, in der zunehmenden Trockenheit kaum bestehen können.
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