Drei internationale Studierende formen Semmelknödel, die Söhne der Familie Eberseder schauen währenddessen auf den Globus.
Bildrechte: BR/Katrin Nöbauer

Familie Ebertseder und "ihre" drei internationalen Studierenden aus dem Host Family Programme bereiten gemeinsam das Mittagsessen vor.

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Von der Metropole in die Pampa: Internationales Studium am Land

Bayerns internationalster Campus liegt mitten auf dem Land: im niederbayerischen Pfarrkirchen im Kreis Rottal-Inn. 90 Prozent der Studierenden kommen aus dem Ausland. Damit sie Kontakt zu Einheimischen knüpfen können, gibt es verschiedene Programme.

Über dieses Thema berichtet: Bayern 2 am Samstagvormittag am .

Zum Studieren in ein fremdes Land gehen – neue Kulturen und Sprachen kennenlernen: Das wollen auch die internationalen Studierenden in Bayern. Bekannt sind bei ihnen vermutlich eher Großstädte wie München oder Bamberg. Der internationalste Campus Bayerns ist aber sehr ländlich gelegen: im niederbayerischen Pfarrkirchen im Landkreis Rottal-Inn.

90 Prozent der Studierenden kommen aus dem Ausland

Seit 2015 gibt es dort den European Campus Rottal-Inn (ECRI), einen Außenstandort der Technischen Hochschule Deggendorf. Das Kursangebot richtet sich an "Studierende mit globalen Ambitionen", wie es auf der Website steht. Alle neun Studiengänge werden nur auf Englisch angeboten. Rund 1.300 Studierende aus 80 Nationen sind dieses Wintersemester eingeschrieben: 90 Prozent von ihnen kommen aus dem Ausland.

Kulturschock: Umzug von der Metropole in Kleinstadt

Flacita Kameli und Peris Pendo Kahindi aus Kenia sowie Gustavo Zumelzu aus Honduras sind seit Ende September in Pfarrkirchen. Für Flacita, die aus der kenianischen Hauptstadt Nairobi mit über vier Millionen Einwohnern kommt, war der Umzug in die Kleinstadt ein Kulturschock: Die ersten paar Tage habe sie deshalb nur im Haus verbracht, mit der Zeit habe sie Pfarrkirchen aber lieben gelernt, weil es so ruhig und geordnet sei, meint Flacita.

Deutsche Sprache als größte Hürde

Auch Gustavo aus Honduras gefällt es in Pfarrkirchen sehr gut, er bevorzuge kleinere Städte. Für ein Studium am ECRI habe er sich wegen des Studienangebots entschieden – das auch noch komplett auf Englisch ist. Die größte Hürde ist für die drei internationalen Studierenden die Sprache, erzählen sie – vor allem am Anfang, und gerade die deutsche Bürokratie betreffend. Keiner von ihnen hat Vorkenntnisse im Deutschen. Seit Semesterbeginn im Oktober haben sie zweimal die Woche Deutschunterricht.

So funktioniert das "Host Family Programme"

Um mit Einheimischen in Kontakt zu kommen, haben sich Peris, Flacita und Gustavo beim "Host Family Programm" beworben, übersetzt: Gastfamilienprogramm. Andrea Ebertseder arbeitet am ECRI und ist für dieses Programm zuständig: Sie bringt immer zwei bis drei internationale Studierende mit einer Familie oder Einzelpersonen aus der Region zusammen – je nach Interessen und Bedürfnissen. Die Gruppen können sich dann beliebig oft treffen und unternehmen, worauf sie Lust haben. "Alles basiert auf Freiwilligkeit", erklärt Andrea Ebertseder.

Den Kindern "neue Horizonte" eröffnen

Mit ihrer eigenen Familie nimmt Andrea Ebertseder auch am Programm teil, "weil es für uns alle eine Bereicherung ist – für unsere Familie wie auch für die Studenten." Den Kindern wolle sie näher bringen, dass es auch andere Teile der Erde und der Kultur gebe.

"Tatsächlich ist es so, dass diese Studenten in Pfarrkirchen eine größere Vielfalt bringen, und das empfinde ich als sehr angenehm." Friedrich Ebertseder

Der Austausch mit den internationalen Gästen ist für Andreas, Matthias und Rosi aber gar nicht so leicht, denn die sprechen nur Englisch. Rosi ist in der siebten Klasse und Englisch ist ihr Lieblingsfach, aber: "Die reden ein bisschen schnell Englisch, und das verstehe ich dann nicht so gut."

Zum ersten Mal Schweinebraten mit Semmelknödel

Bei ihrem ersten Treffen verbringen die Ebertseders und die drei Internationals gleich den ganzen Tag zusammen: vom Schweinsbraten zu Mittag, über Musizieren und die Gegend Erkunden bis hin zum Plätzchenbacken. Kenianerin Peris fühlt sich von der Familie herzlich aufgenommen, als würde sie richtig dazugehören. Andrea Ebertseder weiß, dass die Studierenden sich untereinander über das Programm austauschen und von deren Seite deshalb immer mehr Interesse kommt. 20 Internationals hatte sie dieses Semester in der dritten Auflage des "Host Family Programmes" am ECRI vermittelt.

Gesucht: Mehr Einheimische für Gastfamilien-Programm

Deshalb bräuchten sie aber auch noch mehr Unterstützung aus der Bevölkerung, erzählt Andrea Ebertseder – das Programm könnte von Seiten der Einheimischen noch besser angenommen werden.

In den Jahren seit der Eröffnung des ECRI 2015 sind der Campus und die Region nach ihrem Gefühl stärker zusammengewachsen. Berührungspunkte gibt es - neben dem "Host Family Programme" - beispielsweise durch Kooperationen mit Pfarrkirchner Schulen, Ausstellungen oder Veranstaltungen wie dem internationalen Buffet "Taste the World" oder dem jährlichen Sommerfest.

Fünf Personen schauen gemeinsam auf einen Globus - darunter Schüler Matthias, seine Mutter Andrea und die beiden Kenianerinnen Flacita und Peris.
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Gustavo Zumelzu aus Honduras zeigt auf dem Globus, woher er stammt.

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