Bäckermeister Reiner Dietl mit Pflegekind Ruslan (l.), Adoptivsohn Sasan (r.) und seinem leiblichen Sohn Felix (2.v.r.).
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Bäckermeister Reiner Dietl mit Pflegekind Ruslan (l.), Adoptivsohn Sasan (r.) und seinem leiblichen Sohn Felix (2.v.r.).

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Bäcker mit Herz: Afghanen adoptiert, Ukrainer als Pflegekind

Ein niederbayerischer Bäcker beweist Menschlichkeit und gelebte Integration: Er adoptiert einen afghanischen Flüchtling und nimmt einen ukrainischen Jungen als Pflegekind in seiner Familie auf. Die drei Kulturen eint eine Leidenschaft: das Backen.

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Niederbayern und Oberpfalz am .

Feierabend bei der Bäcker-Familie Dietl in Elisabethszell im Landkreis Straubing-Bogen: Es duftet nach Nussecken und Marzipanhörnchen – alles natürlich selbstgemacht. Die Familie, das sind Papa Reiner, Mama Geraldine, die Söhne Marco und Felix und dazu Sasan und Ruslan. Ruslan stammt aus der Ukraine, Sasan aus Afghanistan. Die beiden sind jetzt auch Dietls - nämlich Pflege- und Adoptivsohn: "Ich bin jeden Tag dankbar", sagt Sasan.

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Bäckermeister baut Pension zu Asylunterkunft um

Sasan flieht 2015 aus Afghanistan nach Deutschland. Der damals 17-Jährige kommt in der Pension von Reiner Dietl unter – die hat der Bäckermeister nämlich zu einer Asylunterkunft umfunktioniert. Sasan erzählt, dass er sich an einer Schule anmelden wollte, aber: "Keine Chance." Es sei keine leichte Zeit gewesen, erinnert sich auch Dietl. "Sasan musste das ganze ABC lernen."

Afghanischer Flüchtling ist Schulbester

Deswegen beschließt Bäcker Dietl, Sasan noch mehr zu unterstützen. Im Büro schauen sie Bilderbücher an, lernen gemeinsam Deutsch, leben zusammen. Sasan wird zum Familienmitglied und Reiner Dietl zum Vorbild für den jungen Afghanen. Sasan beschließt, eine Bäcker-Lehre zu beginnen, ist am Ende sogar Schulbester: "Ein sehr schönes Gefühl. Da habe ich mir gedacht: Ich habe so viel gelernt, jetzt habe ich meine Belohnung."

Patchwork-Familie mit Herz

2019 schließlich entscheiden sich Sasan und die Familie Dietl zu einer Adoption: Seit Sasans Ankunft pflegen die beiden Männer ein enges Verhältnis, das sich von Freundschaft zu einer Vater-Sohn-Beziehung entwickelt. "Er ist wie unser eigener Sohn", sagt Reiner Dietl. "Wenn er nicht da gewesen wäre, wäre ich depressiv geworden. Er hat mir den richtigen Weg gezeigt", so Sasan heute.

Reiner Dietl kann und kennt es auch nicht anders – Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit fließen durch seine Adern: Seine Mutter musste als Sudetendeutsche selbst fliehen, seine Großmutter hat im Zweiten Weltkrieg Flüchtlinge in der Bäckerei aufgenommen. Und die Geschichte wiederholt sich: Reiner Dietl fährt im Juni Hilfsgüter in die Ukraine – und kommt mit einem 17-Jährigen auf dem Beifahrersitz zurück: Ruslan, jetzt sein Pflegekind: "Du spürst, dass du der Papa bist – das tut gut, das ist schön." Ruslan wirkt anfangs schüchtern, doch er taut auf: "Jetzt sitzen wir hier: Ukrainer, Deutscher, Afghane – wir sind eine Familie, wir halten zusammen." Deswegen unterstützen jetzt alle Ruslan bei seinem Führerschein und seiner Ausbildung zum Bürokaufmann.

Drei Kulturen, eine Leidenschaft: das Bäckerhandwerk

Und was sagt Reiner Dietls leibliches Kind, der 16-jährige Felix? "Ganz normal, ist halt Familie!" Dann lacht er und schwärmt vom Urlaub mit seinen Brüdern, vom Schwimmen im Meer, von der gemeinsamen Zeit.

Die Dietls: international und bunt. Eine Konstellation, die das Fortbestehen der Bäcker-Familie zu garantieren scheint: Sasan ist mittlerweile sogar Teilhaber der Bäckerei und für Ruslan und Felix ist klar: Auch sie werden in den Familien-Betrieb einsteigen.

Bäcker und Space-Eye: Weihnachtstruck in die Ukraine

Und für Reiner Dietl ist klar: Seine Hilfsbereitschaft geht weiter. Der Niederbayer startet gemeinsam mit der Regensburger Hilfsorganisation Space-Eye am 16. Dezember einen Weihnachtstruck: Nudeln, Kekse und Kosmetik-Artikel sollen in Paketen zu den Menschen in die Ukraine gebracht werden. Die Pakete nimmt Dietl in seiner Bäckerei in Elisabethszell an – und fährt sie selbst in die Ukraine.

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