Ein Elektroauto wird auf einem Parkplatz geladen.
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Trotz Vorbehalten: Elektroautos lohnen sich auf dem Land

Auch wenn 2021 enorm viele E-Autos neu zugelassen wurden, sind viele Autofahrer bei Stromern skeptisch. Vor allem auf dem Land. Zu wenig Reichweite. Zu teuer. Doch zahlreiche Vorbehalte sind mittlerweile überholt.

Die E-Mobilität gilt als wichtiger Faktor einer nachhaltigen Verkehrswende in Deutschland. Um die gesteckten Klimaziele auch nur annähernd zu erreichen, sollen bis 2030 mehr als 14 Millionen E-Autos auf den deutschen Straßen fahren.

In Bayern weniger als 100.000 Elektroautos

Derzeit sind deutschlandweit gerade mal etwas mehr als eine Million der Pkw elektrisch – und da sind so genannte Plug-in-Hybride, also Verbrenner mit zugeschaltbarem E-Antrieb, bereits mitgerechnet. Subventionen und Vergünstigungen haben den Absatz der rein elektrischen Pkw zwar 2021 spürbar angekurbelt, aber in Bayern fahren derzeit nicht mal 100.000 Stromer. Das entspricht nur etwa einem Prozent aller zugelassenen Autos im Freistaat.

Viele Autofahrer sind skeptisch. Vor allem auf dem Land. Immer wieder wird gerade die angeblich mangelnde Reichweite, der Preis und auch die Verfügbarkeit von öffentlichen Ladesäulen in Zweifel gezogen. Dabei sind viele dieser und anderer Vorbehalte mittlerweile technisch überholt.

Ist eine übergroße Reichweite überhaupt wichtig?

Bevor man überhaupt den Kauf eines Elektroautos in Erwägung zieht, sollte man sich ehrlich überlegen: Wie nutze ich mein Auto eigentlich? Nicht jeder ist Vertreter oder Langstrecken-Pendler. Laut einer Mobilitätsstudie des Bundesverkehrsministeriums (2019) legen Menschen in den Metropolregionen mit dem Auto täglich etwa 22 Kilometer mit dem Auto zurück. Auf dem Land fährt der durchschnittliche Autofahrer mit 37 Kilometern insgesamt etwas mehr. Es sind im Alltag eher kurze Strecken, die mit dem Auto zurückgelegt werden.

Selbst moderne, rein elektrische Klein- und Mittelklassewagen schaffen derzeit locker zwischen 300 und sogar knapp 500 Kilometer. Wenn es kalt ist, auf der Autobahn oder wenn die Heizung an ist, steigt der Stromverbrauch natürlich schneller. Aber viele dürften überrascht sein, wie lange ein vollständig geladenes E-Auto durchhält. Etwa zwei Wochen schaffen viele E-Auto-Fahrer im Alltag.

Superreichweiten von weit über 600 oder sogar 700 Kilometern der Premiummodelle klingen zwar verlockend, haben aber auch ihren Preis. Je leistungsfähiger die Batterie, desto teurer ist eben dann das Auto. Und sonderlich nachhaltig, sagt Christoph Neef, Batterieexperte am Fraunhofer-Institut für System- und Innovationsforschung ISI in Karlsruhe, sind solche Batterien auch nicht: "Je größer sie die Batterie machen, also je länger die Reichweite wird, desto höher ist eben auch der ökologische Fußabdruck. Das Optimum wäre eine Batterie, die eben den typischen Fahrzyklus hier in Europa abbildet." Die meisten Fahrten seien eher Kurzstrecke. Wichtig ist also nicht die maximale Reichweite, sondern wie viele Ladestationen es an der Strecke gibt.

Ladeinfrastruktur: Bayern ist Spitzenreiter

Tatsächlich wurde ein vorausschauender Ausbau der deutschen Ladeinfrastruktur von der Politik lange verschlafen. Lediglich der US-Hersteller Tesla hat bereits frühzeitig ein intelligentes und flächendeckendes Netzwerk aufgezogen. Zuletzt ist jedoch viel Bewegung in die Sache gekommen. Laut Bundesnetzagentur gibt es mittlerweile insgesamt etwa 45.000 öffentliche Ladepunkte in Deutschland. Allerdings sind bislang nur 6.500 Schnellladepunkte darunter.

Hier soll bereits in den nächsten zwei Jahre nachgebessert werden. Entsprechend wurde die Ladesäulenverordnung 2021 überarbeitet: Mit staatlicher Förderung wird es 1.000 zusätzliche Schnellladesäulen entlang der Fernstraßen geben, sowie einheitlichere und transparentere Preise, auch ohne Ladekarten und Apps. Das ist auch zwingend notwendig, wenn künftig noch mehr E-Autos zugelassen und gefahren werden. Prinzipiell kommt man auch jetzt schon locker bis ins südliche Italien. Und in den Norden Europas sowieso, weil die Skandinavier wie auch die Niederländer in dieser Hinsicht bereits viel besser aufgestellt sind.

Im bundesdeutschen Vergleich ist vor allem in Bayern, auch auf dem Land, das Ladenetz für Elektrofahrzeuge besonders dicht. Statistisch gibt es im Freistaat etwa alle zehn Kilometer eine E-Ladesäule. Alle 20 Kilometer sogar eine Schnellladestation, sagt Amelie Thürmer, Fachgebietsleiterin für Ladeinfrastruktur beim Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft (BDEW). "Bei den Landkreisen und Kommunen wurde in Regensburg, in Schweinfurt und auch in Ingolstadt ziemlich viel aufgebaut. Da liegen wir zwischen 120 und 190 Ladepunkten pro 100.000 Einwohner", so Thürmer. Das liege deutlich über dem bundesdeutschen Durchschnitt von circa 50 Ladepunkten pro 100.000 Einwohner.

E-Autos werden günstiger

Auch wenn gerade deutsche Hersteller vor allem ihre Premium-Modelle bewerben, sollte man sich nicht täuschen lassen. Reine Elektroautos werden immer günstiger. Natürlich kostet der neue BMW iX oder auch ein Mercedes EQS schnell mal über 100.000 Euro, aber – sagt Monika Dernai, Leiterin Urbane Mobilität bei BMW in München – die Premiummodelle sind auch ein technisches Spielfeld: "Es ist normalerweise so, dass wir neue Technologien häufig erst in die großen Fahrzeuge einbauen und das dann nach unten diffundiert, in die kleineren Fahrzeuge."

Im Klein- und Mittelklassebereich der PKW hat sich das Blatt bei den Neuwagen preislich doch schon deutlich gewandelt. Nehmen wir einen klassischen VW-Golf als Verbrenner und die entsprechende Elektrovariante ID3. Mit der BAFA-Umweltprämie, die es derzeit beim Kauf eines E-Autos gibt, fährt man hier elektrisch sogar fast etwas günstiger. Denn hier greifen auch noch die staatlichen und Hersteller-Subventionen von insgesamt 9.000 Euro beim Kauf eines Neuwagens. Ab einem Neupreis von 40.000 Euro sinkt diese Prämie. Die Wartezeiten sind bei Neubestellungen und individuell konfigurierten PKW allerdings lange. Neun Monate und mehr sind keine Seltenheit.

Nach der Zulassung sparen E-Autofahrer viel Geld

Etwa 80 Prozent aller E-Auto-Besitzer laden sowieso zuhause, über Nacht mit der heimischen Ladestation, sagt Alexander Bloch, Chefreporter von "Auto Motor und Sport" und passionierter E-Auto-Testfahrer: "Das ist ein ganz, ganz wichtiger Punkt. Wenn ich auf dem platten Land bin und habe mein Häuschen da stehen, dann kann ich mir wunderbar eine Wallbox vor die Tür zimmern. Das sieht in einer Mietwohnung in der Stadt komplett anders aus." Einziges Problem derzeit: Die pauschale Förderung der so genannten Wallboxen für die Garage, in Höhe von 900 Euro, ist seit Ende Oktober ausgesetzt. Weil die Mittel bereits ausgeschöpft sind, werden neue Anträge seither nicht bearbeitet. Die neue Bundesregierung dürfte das Förderprogramm aber demnächst neu auflegen.

Wer kostengünstig zu Hause laden kann, spart mit dem Elektroauto – angesichts der Spritpreise an der Tankstelle – sowieso jeden Kilometer bares Geld, sagt Matthias Vogt, E-Mobilitätsexperte des ADAC: "Wenn man wirklich sauberen Sonnenstrom an der heimischen Photovoltaikanlage nutzen kann, kosten 100 Kilometer etwa nur zwei Euro. Bei Bezug von Netzstrom kostet das dann ungefähr sechs Euro. Das ist allerdings immer noch ein ganzes Stück günstiger als zu tanken."

Außerdem ist ein E-Auto derzeit zehn Jahre von der Kfz-Steuer befreit, die üblichen Wartungskosten sind wesentlich geringer als beim Verbrenner und viele Versicherungen gewähren meist CO2-Rabatte bis zu 30 Prozent.

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