Der Nationalpark Berchtesgaden ist der einzige Alpennationalpark Deutschlands und erstreckt sich in der Vertikalen vom Königssee auf rund 600 Metern bis zur Spitze des Watzmanns auf 2.713 Metern. Bislang war klar: Verendete Tiere im Nationalpark Berchtesgaden werden vom Jäger entfernt. Totholz hingegen bleibt liegen. Jetzt sollen auch bestimmte Tierkadaver nicht mehr weggeräumt, sondern an bestimmten Stellen ausgelegt werden.
Kadaver abseits von Besucherwegen
Vorsorglich werde man sie aber abseits der angestammten Besucherwege platzieren, um niemanden zu verschrecken, sagt der Kadaver-Ökologe Christian von Hörmann vom Nationalpark Bayerischer Wald, der das auf fünf Jahre angelegte Projekt begleitet. Die Leitung hat Matthias Loretto von der TU München, der seit Längerem im Nationalpark Berchtesgaden forscht.
Nach dem Sterben geht das Leben erst richtig los
Kadaver seien guter Dünger für den Boden, sagt von Hörmann. Und: "Das Sterben im Wald ist das Ende für ein Tier, aber das Leben geht erst danach so richtig los." Tatsächlich tummeln sich an Kadavern nicht nur Fliegen, Käfer, Pilze und Bakterien. Sondern auch Luchs, Eichhörnchen und Wildschwein bedienen sich am toten Tier. Auch die Bartgeier Wally und Bavaria, die im vergangenen Sommer ausgewildert wurden und die bald Verstärkung bekommen, leben von toten Tieren. Erwachsene Bartgeier fressen vor allem Knochen.
Erkenntnisse durch Foto- und Videofallen
Christian von Hörmann hat mit Foto- und Videofallen den Besuch von Tieren an Kadavern dokumentiert. Auch im Nationalpark Berchtesgaden sollen solche Hilfsmittel die Forschung unterstützen. Interessant seien vor allem die Zersetzungsprozesse des Kadavers in unterschiedlichen Höhen- und Temperaturbereichen, sagt der Biologe.
Sogar Kadaver-Exkursionen sollen angeboten werden
Die Öffentlichkeit soll an die ungewöhnliche Forschung Schritt für Schritt herangeführt werden. Christian von Hörmann plant geführte Kadaver-Exkursionen. Erste Probe-Ausflüge zu verwesenden Körpern seien auf gute Resonanz gestoßen, vor allem bei Kindern sei das Interesse groß.
Auch andere Nationalparks wollen mitmachen
Auch in weiteren Nationalparks will von Hörmann tote Tiere untersuchen. So könnte etwa im Nationalpark Wattenmeer ein für die Region typischer Schweinswal, der auf natürlichem Weg verendet ist, ausgelegt werden. Mehrere Nationalparkleiter hätten bereits ihre Absicht erklärt, an dem Projekt mitwirken zu wollen.
Unter Verwendung von dpa-Material
"Hier ist Bayern": Der BR24 Newsletter informiert Sie immer montags bis freitags zum Feierabend über das Wichtigste vom Tag auf einen Blick – kompakt und direkt in Ihrem privaten Postfach. Hier geht’s zur Anmeldung!