Mitglieder der Bürgerinitiative am geplanten Standort des Krematoriums
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Tierkrematorium Lauingen - Pietätlos oder Chance für die Stadt?

Tierkrematorium Lauingen - Pietätlos oder Chance für die Stadt?

Haustiere sind für ihre Besitzer oft wie Familienmitglieder – auch im Tod. Immer mehr entscheiden sich dann für eine Verbrennung. Doch wo Tierkrematorien geplant werden, gibt es oft große Vorbehalte, etwa in Lauingen. Doch sind die Ängste berechtigt?

Über dieses Thema berichtet: Mittags in Schwaben am .

Gegen ein Tierkrematorium an sich seien sie nicht, aber gegen eine "großindustrielle Tierverbrennungsanlage", besonders an einem solchen Standort. Die Mitglieder der Lauinger Bürgerinitiative "Pro Wohlfühlstadt – Gegen eine Tierverbrennungsanlage in Lauingen" sind überzeugt, dass die aktuellen Pläne der Stadt nur Nachteile bringen: Lärm, Gestank, mehr Verkehr und gefährliche Emissionen.

Tierkrematorium direkt neben Friedhof "pietätlos"

Die Anlage direkt neben dem Friedhof am Herrgottsruhweg zu bauen, sei außerdem "pietätlos". "Da sollen dann die Angehörigen von den Verstorbenen Abschied nehmen und das direkt neben so einer Tierverbrennungsanlage", sagt die Lauingerin Claudia Metzger und schüttelt den Kopf. Robert Specker wohnt nur 250 Meter entfernt. Er geht davon aus, dass der Gestank bei Nebel nicht abziehen kann – und Nebel gebe es in Lauingen viel. Mathias Kronmüller befürchtet gefährliche Partikel in der Luft, auch wenn die Grenzwerte eingehalten würden. Seinen Berechnungen zufolge sollen in der geplanten Anlage bis zu 37 Tonnen Tiere pro Woche verbrannt werden.

Unternehmer bezeichnet Berechnungen als realitätsfern

Realitätsfern nennt Arndt Nietfeld diese Berechnungen. Er kommt aus Badbergen in Niedersachsen und will die geplante Anlage in Lauingen betreiben. Vor 20 Jahren haben seine Eltern ihr erstes Tierkrematorium eingerichtet, zunächst nur für Kleintiere. Inzwischen betreibt seine Familie sieben Tierkrematorien. Doch selbst wenn er alle seine Anlagen zusammennehme, komme er nicht auf 37 Tonnen wöchentlich, so Nietfeld. Von der maximalen Leistung der Öfen auf die Auslastung zu schließen, sei unrealistisch und widerspreche dem Grundgedanken seines Unternehmens.

Bisher kein Interesse an Besuch in Tierkrematorium

Die meisten seiner Kunden wünschten, dass ihr Tier einzeln kremiert wird, so Nietfeld. Denn sie wollen die Asche ihres Tieres in einer Urne mit nach Hause nehmen. Bei einem Hund dauert eine solche Kremierung bis zu zwei Stunden, bei einem Pferd etwa vier. Pro Tag würden im Kleintierkrematorium in Badbergen 25-30 Tiere einzeln kremiert - das entspreche einer Menge von etwa 450 kg täglich. Den Mitgliedern der Bürgerinitiative würde er das gerne vor Ort zeigen. Auf sein Angebot, das Tierkrematorium in Badbergen zu besuchen, habe sich bisher aber niemand gemeldet, so Nietfeld.

Bislang kein Tierkrematorium in Süddeutschland

Seinen zukünftigen Kunden will Nietfeld die Möglichkeit geben, sich gebührend von ihrem Tier zu verabschieden. Bisher müssen sie dafür weite Wege auf sich nehmen, denn in Süddeutschland betreibt sein Unternehmen noch kein Krematorium. Allerdings gibt es vier Filialen, in denen verstorbene Tiere angenommen werden. Diese müssen dann Hunderte Kilometer weit in eines der Krematorien gefahren werden. Nietfeld geht davon aus, dass in Lauingen täglich etwa zwei Sprinter zur Anlieferung mit Kleintieren zu erwarten sind, außerdem bis zu sechs Gespanne mit Pferden pro Woche. Dazu kämen die Fahrzeuge der Haustierbesitzer, die persönlich dabei sein wollen, wenn ihr Tier verbrannt wird.

Tourismus und Arbeitsplätze für Lauingen

Der Stadt Lauingen soll das Krematorium Einnahmen und Arbeitsplätze bringen. In Badbergen mache er die Erfahrung, dass Kunden, die von weiter her seien, oft schon am Tag vor der Kremierung anreisten und dann im Hotel übernachteten, um sich in Ruhe von ihrem Tier verabschieden zu können. In vielen Fällen kämen sie auch später noch einmal wieder, um ihrem Tier zu gedenken. Deshalb ist auch in Lauingen ein ansprechendes Gebäude mit einer Gartenanlage geplant. 12 bis 15 krisensichere Arbeitsplätze will Nietfeld in seinem Krematorium außerdem schaffen. Und die Stadt könne von der Gewerbesteuer profitieren. Der Großteil gehe zwar nach Badbergen, da dort der Unternehmenssitz sei. Nietfeld geht aber trotzdem davon aus, dass die Stadt Lauingen etwa 10.000 Euro pro Jahr an Gewerbesteuer erhalten werde. BR-Recherchen zufolge ist das mehr, als so manch mittelständisches Unternehmen in der Region zahlt.

Verbote und Auflagen vielen Lauingern nicht bekannt

Was die Emissionen betrifft, gebe es strenge Grenzwerte. Sie würden in allen seinen selbst errichteten Anlagen eingehalten, meist sogar unterschritten. Kein Ofen, keine Heizung sei komplett frei von Emissionen, so Nietfeld, die in Deutschland geltenden Auflagen seien aber sehr streng. Eine Umfrage in der Stadt zeigt aber: Viele Lauinger haben große Bedenken. Einige gehen davon aus, dass ein Krematorium einer Tierkörperbeseitigungsanlage ähnelt. Sie fürchten furchtbaren Gestank und dass dort Tierabfälle verbrannt würden. Die Verbote und Auflagen sind vielen nicht bekannt, der Aufklärungsbedarf ist groß.

Lauinger Bürgermeisterin ist für Bau der Anlage

Lauingens Bürgermeisterin Katja Müller kann die Kritik an den Plänen nicht nachvollziehen. Sie freue sich über jedes Unternehmen, dass sich in Lauingen ansiedle. Bisher gebe es keinen anderen Interessenten für das Grundstück, das die Stadt dem Unternehmer angeboten hatte. Müller wehrt sich außerdem gegen den Vorwurf, die Stadt habe ihre Entscheidung vorschnell getroffen: Jeder habe die Möglichkeit gehabt, sich im Vorfeld zu informieren. Der Stadtrat habe sich dann mehrheitlich dafür entschieden, den Weg für das Vorhaben zu ebnen. Ob es letztendlich ein Tierkrematorium in Lauingen geben wird, liegt jetzt allerdings in der Hand der Bürger: Am 15. Mai soll es einen Bürgerentscheid dazu geben.

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