Dorfbewohnerinnen im mittelfränkischen Sammenheim verpacken gezuckerte Walnüsse aus dem Ort für den großen Nussmarkt.
Bildrechte: BR/Ulrike Lefherz

Dorfbewohnerinnen im mittelfränkischen Sammenheim verpacken gezuckerte Walnüsse aus dem Ort für den großen Nussmarkt.

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Superfood in Tüten: Wie ein Dorf mit Walnüssen groß rauskommt

Lange sind überschüssige Walnüsse im mittelfränkischen Sammenheim einfach vergammelt. Seit zehn Jahren macht eine Genossenschaft im Dorf die Nüsse zu Geld. Das heimische Superfood wird zu Öl und Likör verarbeitet oder als gezuckerter Snack verkauft.

Über dieses Thema berichtet: Frankenschau aktuell am .

Große Walnussbäume prägen die Ortschaft Sammenheim am Fuß des mittelfränkischen Hahnenkamm-Höhenzugs. Fast 300 Walnussbäume kommen hier auf rund 300 Einwohner. Was nach dem Krieg ein wichtiger Ernährungsbaustein war, verlor an Bedeutung. Das Ernten ist aufwändig und in den Supermärkten sind Walnüsse aus Kanada, den USA und China zu kaufen. Und dennoch: Vor zehn Jahren begannen die Dorfbewohner, die Nüsse im Dorf zu Geld zu machen. Elf Tonnen haben sie im vergangenen Jahr durch die eigens angeschaffte Walnuss-Knackmaschine geschickt. Und am Wochenende erwartet die Dorfgemeinschaft Sammenheim Tausende Besucher zum Nussmarkt.

Sammenheim macht Walnüsse zu Geld

Die Anspannung ist in Sammenheim deutlich zu spüren. Aber auch die Freude, als Dorfgemeinschaft nach einigen Jahren Pause wieder etwas Großes auf die Beine zu stellen. Die Besucher kommen am Wochenende natürlich alle wegen der Nuss. Die Frauen aus dem Dorf haben den Markt monatelang vorbereitet. Sie haben Nuss-Likör hergestellt, unreife Nüsse in Zuckersud mit Gewürzen eingekocht, Aufstriche mit Walnüssen produziert.

"Man kommt immer wieder auf neue Ideen", sagt Ruth Ellinger, die den Nussmarkt zusammen mit anderen auf die Beine stellt. "Ich bin überrascht, was den Leuten immer wieder einfällt."

Viele neue Produkt- und Vertriebsideen

Viele Jahre war die Walnuss wenig beachtet. Man hat Nüsse mit viel Aufwand getrocknet und nach dem Winter in den Wald gekippt, sagt Ernst Beisser. Er ist Vorstand der Manufaktur "Gelbe Bürg", einer Genossenschaft, die heute die Walnuss-Produkte verkauft. Beisser erzählt: So viele Nüsse, wie es in Sammenheim gibt, konnten die Dorfbewohner niemals essen - auch dann nicht, wenn sie die Walnüsse großzügig an Verwandte und Bekannte verschenkten. "Mittlerweile haben wir in der Region ein Händlernetzwerk aufgebaut." Ganze Walnüsse gehen an Unverpackt-Läden, hochwertige kalt gepresste Öle und Brotaufstriche sind im Angebot.

Walnüsse aus der Umgebung werden angekauft

Vor zwei Jahren haben die Sammenheimer den alten, dorfeigenen Bullenstall zum Nusshaus umgewidmet und ausgebaut. Hier steht Bayerns erste Walnuss-Knackmaschine. Ende November können Bürgerinnen und Bürger aus der Umgebung ihre Nüsse bringen, für zwei Euro pro Kilo werden sie hier abgekauft. "Besser, als wenn sie wertlos vergammeln", meint Beisser. Für die Arbeit an der Annahme, der Nussknackmaschine und der Ölpresse zahlt die Genossenschaft Mindestlöhne, ansonsten wird viel ehrenamtliche Arbeit geleistet.

Die Ernte ist schwankend

Das Geschäft geht damit auf, aber: "Zum Öl-Multi werden wir nicht." Dafür sei das Geschäft mit den Nüssen zu schwankend, wetterbedingt. "Gibt's Frost im Frühjahr, gibt's keine Nüsse. Wenn es keinen Frost gibt, ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass wir viele kriegen."

Im vergangenen Jahr habe man die Menge kaum bewältigen können: elf Tonnen. Dabei habe er viele Anfragen abgelehnt, sagt Beisser. "Wir nehmen nur Nüsse von hier und den angrenzenden Landkreisen." Das überregionale Interesse sei groß. "Bei Google findet man uns ganz oben", sagt er lächelnd und ein bisschen stolz. Denn tatsächlich würden Walnüsse aus Deutschland nicht vermarktet.

Gesundes Superfood

Die Frauen vom Gartenbauverein und von der Arbeitsgemeinschaft Nuss in Sammenheim schwärmen vom gesunden Nahrungsmittel. "Die Walnuss ist die gesündeste Nuss von allen", sagt Ruth Ellinger. "Gesund für Haut, Gehirn, Blut, Cholesterin." Und Karin Beisser ergänzt, die Nuss enthalte die gesunden Omega-3-Fettsäuren, die nur mit der Nahrung aufgenommen werden können. Omega-3-Fettsäuren sorgen für Elastizität der Blutgefäße.

Schade also, sollte das Superfood aus der Region nicht genutzt werden - darin sind sich alle einig. In Sammenheim wirkt die Walnuss inzwischen identitätsstiftend. Und sie wird langfristig für Einkünfte sorgen: Im letzten Herbst pflanzten die Sammenheimer sogar eine neue Walnuss-Allee hoch zum gelben Berg, der der Manufaktur "Gelbe Bürg" ihren Namen gab. Damit dürfte die Anzahl der Walnussbäume in Sammenheim auf rund 300 gestiegen sein, meint Ernst Beisser.

Beim Nussmarkt: Färben mit Walnussschalen

Zum Nussmarkt am kommenden Sonntag sind in der Ortschaft mehr als 90 Stände aufgebaut. Regionale Produkte aus der heimischen Walnuss stehen zum Verkauf. Das Angebot reicht von handgemachten Nussecken bis Bürsten aus Nussholz. Unter großen Walnussbäumen wird Kaffee und Kuchen serviert. Und unter anderem wird vorgeführt, wie man mit grünen Walnussschalen Stoffe färben kann.

Nach einem Festgottesdienst beginnt der Markt um 11 Uhr, ab 17 Uhr wird wieder abgebaut.

Dieser Artikel ist erstmals am 1. September 2023 auf BR24 erschienen. Das Thema ist weiterhin aktuell. Daher haben wir diesen Artikel erneut publiziert.

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